1807 - Die Haut des Bösen
wurde er erst nach einer strengen Sicherheitsprüfung erteilt und setzte den allerbesten Leumund voraus. Er war der Grund dafür, daß sie sich relativ frei auf Mimas bewegen konnte, was anderen Patienten nicht möglich war.
„Ich möchte mit Myles Kantor sprechen", fügte Katie hinzu.
„Ausgeschlossen", lehnte einer der Roboter ab. „In der augenblicklichen Situation steht er nicht zur Verfügung."
Sie ließ sich auf keine Diskussion ein, weil sie wußte, daß sie fruchtlos gewesen wäre, sondern wandte sich nach rechts und betrat den kleinen, hellen Raum, in dem Kallia Nedrun im Wach-Koma lag.
Sie hatte schon Bilder von ihr gesehen, war ihr jedoch noch nie persönlich begegnet.
Nun war sie beeindruckt.
Obwohl Kallia Nedrun keine Schönheit war, mußte man sie als recht hübsch bezeichnen. Sie war nur etwa 1,68 Meter groß und wohlgepolstert. Ihr dichtes, langes schwarzes Haar umrahmte ihr Gesicht in zahlreichen Locken.
Kallia Nedrun war nach dem Zwischenfall mit dem Spindelwesen entstellt gewesen, nun aber war sie vollkommen wiederhergestellt. Nur fehlte noch, daß sie aus dem Wach-Koma erwachte. Leider wußten die Ärzte nicht, wie sie es bewerkstelligen sollten, diesen Zustand zu beenden.
„Warum wachst du nicht auf, Kallia?" fragte sie leise. „Es ist doch alles vorbei. Von nun an könnte alles nur noch schön sein."
Zuckten die geschlossenen Lider der Ohnmächtigen? Katie Joanne beugte sich vor, um besser sehen zu können.
„Wer bist du?" fragte plötzlich eine männliche Stimme hinter ihr.
Erschrocken fuhr sie herum. Sie hatte niemanden kommen hören.
Sie erkannte den Mann sofort, der vor ihr stand, und seine Anwesenheit verschlug ihr den Atem. Sie hatte nicht damit gerechnet, ihm hier auf Mimas zu begegnen.
Es war einer der mächtigsten Männer der LFT Er war kleiner als sie, 39 Jahre alt, schmächtig, hatte ein rundes Gesicht und einen schwarzen Haarkranz. Seine schwarzen Augen lagen tief in den Höhlen. Er trug ein frackartiges Kleidungsstück mit einer Reihe von Taschen rings um die Hüften.
„Bruno Drenderbaum!" rief sie.
*
„Da war eine Journalistin bei Kallia", berichtete Bruno Drenderbaum. „Ichhabe sie weggeschickt."
Myles Kantor blickte ihn erschrocken an.
„Wie ist das möglich?" fragte er. „Kallia wird bewacht. Wie ist sie an der Wache vorbeigekommen?"
Die beiden Männer standen an Kummerogs Lager, das von einem Medosyn überwacht wurde. Nach einer kurzen Phase des Erwachens war Kummerog wieder in ein tiefes Koma gefallen.
Schläuche führten in seinen Mund und versorgten ihn mit Nahrung. Analysen seines Metabolismus hatten eindeutige Hinweise darauf gegeben, welche Art von Nahrung er benötigte und welche sein Verdauungssystem verarbeiten konnte.
Zu Anfang hatte Kummerog so gut wie nichts aufgenommen. Mittlerweile benötigte er Unmengen von Nahrungsmitteln, von denen er allerdings das meiste unverarbeitet wieder ausschied. Myles Kantor hatte die Vermutung geäußert, daß die Nahrung wichtig war, damit er die faltige Haut ausbilden konnte.
„Ich weiß nicht", sagte Drenderbaum. „Als Journalistin scheint sie ein besonderes Talent zu haben, zu den Zielen vorzudringen, die sie interessieren."
„Du scheinst dem nicht viel Gewicht beizulegen."
„Nein. Ich sehe keine Gefahr. Die Frau ist eingehend überprüft worden. Nichts weist darauf hin, daß sie gefährlich werden könnte."
Die blasige, durchsichtige Haut, die den Körper von Kummerog überdeckte, war weiter geworden und hatte weitere Falten geworfen. Unter ihr war zu beobachten, wie die abgetrennte Hand nachwuchs. Der Armstummel war länger geworden, und die Gliedmaßen zeichneten sich bereits ab. Eine Hand Kummerogs war etwa anderthalbmal so groß wie die Hand eines Menschen, und sie hatte zwei Daumen und zwei Finger.
Bruno Drenderbaum griff plötzlich nach dem Arm von Myles Kantor.
„Aufpassen!" flüsterte er. „Ich glaube, es tut sich etwas."
Sie traten näher an Kummerog heran. Dann machte der Assistent des LFT-Kommissars den Wissenschaftler darauf aufmerksam, daß sich die Lider des Fremden bewegten.
„Er wacht auf", sagte Kantor leise.
Es war, als ob Kummerog diese Worte gehört und verstanden hätte. Sein Brustkorb dehnte sich mit einem Mal weit aus, er holte tief Luft, und dann griff er nach den Schläuchen, um sie sich aus dem Mund zu ziehen. Sein Gesicht verzog sich zu einer Grimasse des Abscheus.
„Hallo!" sagte Drenderbaum.
Kummerog wandte ihm das Gesicht zu, doch war nicht
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