1807 - Die Haut des Bösen
Stationen und Kliniken hatte sie gefunden, um im Rahmen ihrer beruflichen Interessen recherchieren zu können, während sie zugleich etwas für ihre Genesung tat.
Den Ärzten gegenüber hatte sie gesagt, beides ließe sich wundervoll miteinander kombinieren, und offenbar war sie damit glaubhaft genug.
Doch der Lösung ihres Problems war sie keinen einzigen Schritt näher gekommen.
Kampfroboter riegelten die Kummerog-Station hermetisch ab, so daß es noch nicht einmal einem siganesischen Winzling gelingen konnte, dort einzudringen.
Wie sollte sie es schaffen, an Kummerog heranzukommen? Es, ging nur über Myles Kantor. Eine andere Lösung war nicht denkbar.
Und nur ein einziger Weg führte zu ihm: der Weg über die im Wach-Koma liegende Kallia Nedrun. Sie befand sich außerhalb des Roboter-Riegels und wurde nicht ständig bewacht. Offenbar glaubte niemand, daß sie gefährdet war.
Während Anne Borkan munter weiterschwatzte, machte Katie Joanne eine Entdeckung, die ihren Blutdruck augenblicklich in die Höhe trieb.
Myles Kantor hielt sich in der Cafeteria auf!
Es war also wahr, was Anne Borkan ihr vor einigen Tagen gesagt hatte. Der Wissenschaftler erschien häufig am Morgen in der Cafeteria, um sich etwas Kaffee oder auch mal ein Stück Kuchen zu holen.
Katie Joanne war fasziniert von dem mittelgroßen Mann mit dem bleichen, knochigen Gesicht, den großen Augen und den dichten Brauen. Myles Kantor trug sein Haar so, wie sie es von holografischen Aufnahmen kannte, glatt und gescheitelt, und eine Strähne hing ihm über die Stirn, nicht jedoch über die Augen herab. Die Handgelenke der dünnen und zu kurz geratenen Arme waren auffallend dünn und sahen sehr schwach aus.
Während Anne Borkan ununterbrochen schwatzte, ließ Katie Joanne den Wissenschaftler nicht aus den Augen. Als er an den Getränkeautomaten trat, fiel ihr etwas an seinem Verhalten auf: Er wählte Gebäckbecher für seinen Kaffee, hauchdünne Schälchen aus einem organischen Stoff, der das Aroma des Getränks ungemein verbesserte, zugleich etwas Milch und Zucker absonderte und gegessen werden konnte, sobald man den Kaffee ausgetrunken hatte. Myles Kantor nahm jedoch nicht nur ein Schälchen, so, wie es fast alle taten, sondern zwei, die aufeinandersteckten, und er verzehrte am Ende nur das untere, das mit dem Kaffee nicht in Berührung gekommen war.
Sie amüsierte sich über diese Angewohnheit, die ihr einiges über den Wissenschaftler verriet. Sie selbst liebte diese Schälchen ebenfalls, und sie knabberte gern daran, vorausgesetzt, sie waren noch nicht mit Kaffee gefüllt worden. Sosehr der Kaffee durch sie gewann, sosehr verloren nach ihrem Geschmacksempfinden die Schälchen, wenn sie das Aroma des Kaffees stimuliert hatten.
Als Myles Kantor die Cafeteria verließ, folgte sie ihm, ohne sich von ihrer Begleiterin zu verabschieden.
Anne Borkan, die ihr gerade den Rücken zuwandte, um sich Kuchen zu nehmen, redete pausenlos und ohne Atem zu holen weiter. Als sie endlich merkte, daß die Journalistin nicht mehr da war, hatte Katie Joanne den Raum bereits verlassen.
Sie ging kaum zwei Schritte hinter dem Wissenschaftler über einen kurzen Gang auf die Kette der Kampfroboter zu. Myles Kantor bemerkte es nicht. Er war offenbar tief in Gedanken versunken.
Während sie ihn beobachtete, überschlugen sich ihre Gedanken. Innerhalb von Sekunden faßte sie mehrere Pläne, um sie sogleich wieder zu verwerfen. Sie war fest entschlossen, ihren Auftrag zu erfüllen und Myles Kantor die Informationen zu entlocken, die sie beschaffen sollte. Er sollte ihr verraten, wo sich die Unsterblichen verbargen, und was das Projekt Camelot beinhaltete.
Um dieses Wissen zu erlangen, war sie bereit, auch Psychopharmaka einzusetzen, die Myles dauerhaft schädigen konnten.
So faszinierend sie diesen Mann fand, sowenig war sie bereit, auf seine Gesundheit Rücksicht zu nehmen, wenn diese ihr bei der Informationsbeschaffung im Wege stand!
Die Roboter traten zur Seite, um ihm Platz zu machen, versperrten ihr jedoch den Weg. Katie Joanne versuchte gar nicht erst, an ihnen vorbeizukommen.
„Ich bin Journalistin", sagte sie und zeigte den Robotern ihren Presseausweis.
Es war ein Dokument, das von den höchsten Sicherheitsorganen der Erde abgezeichnet worden war, und das somit eine besondere Auszeichnung darstellte. Da der Träger eines solchen Ausweises an jede Person des öffentlichen Lebens herankam, auch wenn sie durch Extremisten in höchstem Maße gefährdet war,
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