1819 - Der vergessene Templer
frischer Luft erreichte.
Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf.
Er war wieder da!
Er trug sogar noch die Rüstung und den Helm mit dem Federbusch. Die lange Zeit schien ihm nichts ausgemacht zu haben, denn jetzt würde er anfangen, seine Zeichen zu setzen.
Und ein Name hatte sich in sein Gedächtnis eingebrannt.
Sinclair!
Mochte die Welt den Templer vergessen haben, er hatte die Welt nicht vergessen, und das sollte sie bald zu spüren bekommen …
***
Ian Sinclair liebte die Natur und hielt sich deshalb gern draußen auf. Da war ihm auch das Wetter egal. Es gab kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung.
Und so war er auch an diesem Tag unterwegs. Das heißt, er hatte sich nicht allzu weit von seinem Haus entfernt und war im Garten geblieben, um dort die ersten Arbeiten durchzuführen. Er wollte die Spuren des Winters löschen, obwohl dieser noch nicht vorbei war. Immer wieder kehrte er zurück, manchmal sogar mit Schnee.
Sinclair war trotzdem in den Garten gegangen. Ab und zu blickte er zwischendurch besorgt zum Himmel, wo sich bereits dunkelgraue Wolken zusammenzogen, die aber noch nicht abschneiten und abregneten. Es blieb alles im Bereich der Normalität. Nur der Wind war zu steif und passte nicht dazu.
Die Sinclairs wohnten am Rande einer kleinen Stadt nahe Glasgow. Sie hatten ihr Leben lang hart gearbeitet und erlebten nun den wohlverdienten Ruhestand.
Oder Unruhestand, denn Ian Sinclair war kein Mensch, der sich auf die faule Haut legte und einfach nur in den Tag hinein lebte. Er musste was zu tun haben, und das beschränkte sich nicht nur auf den kleinen Garten, er war auch ein Eisenbahn-Fan. Er liebte die Loks, die er alle kannte, und er war oft damit beschäftigt, alte Lokomotiven zu überholen und wieder fahrtüchtig zu machen.
Das würde am nächsten Wochenende der Fall sein. Zuvor aber wollte er im Garten etwas tun. Nichts pflanzen, aber etwas aufräumen, was der Winter hinterlassen hatte.
Ein paar Äste und Zweige waren auf das Grundstück geschleudert worden. Alte Blätter lagen dort auch noch, und die wollte Ian Sinclair ebenfalls wegschaffen.
Er hatte eine Harke mitgenommen, auch eine Forke, und säuberte den Boden. Wer hier wohnte, der hatte auch Platz genug, und so stand das nächste Haus etwas weiter entfernt.
Es hätte ein Tag wie jeder andere werden sollen, aber das war nicht der Fall. Das spürte auch Ian Sinclair. Er war am Morgen in den Garten gegangen, und schon jetzt verspürte er das eigenartige Kribbeln.
Es gab keinen Grund dafür. Das Kribbeln war einfach nur da. Das ärgerte Ian. Er wusste, dass es mit seinem inneren Zustand zu tun hatte. Er war nervös. Da spielte ihm das vegetative Nervensystem einen Streich.
Warum?
Er wusste es nicht.
Sinclair kannte sich. Wenn die innere Unruhe weiterhin anhielt, dann würde er den Garten verlassen und ins Haus gehen. Dann hatte er einfach keine Lust mehr.
Die Wolken schoben sich langsam über den Himmel. Manchmal entstanden große Lücken, durch die eine blasse Sonne schien. Der Wind war kalt. Er kam aus den Bergen im Norden und sorgte dafür, dass Sinclair fror.
Er fluchte über das Wetter, das so gar nicht zu dieser Jahreszeit passte. Und trotzdem machte er weiter und schaufelte Zweige, kleine Äste und Blätter in die Karre, die er dann gefüllt zu seinem Komposthaufen schieben würde.
Als er die dritte volle Karre geleert hatte, war er einigermaßen zufrieden. Der gröbste Dreck war weg, um die Kleinigkeiten würde er sich später kümmern.
Es war noch früh am Tag. Zu früh für den Lunch, aber nicht für einen Kaffee, der ihn durchwärmen sollte. Seine Frau Nancy hielt sich im Haus auf, sie würde ihm einen aufbrühen, und dann konnten sie ihn gemeinsam trinken. Anschließend konnte man überlegen, ob sie nicht nach Glasgow fahren sollten, um dort etwas einzukaufen. Einige Dinge brauchten sie.
Sinclair ging auf die Haustür zu. Bevor er sie erreichte, zog er seine Schuhe aus. Nancy hatte es nicht gern, wenn er mit Gartenschuhen das Haus betrat.
Er öffnete die Tür, ging ins Haus und spürte die Wärme, die ihn empfing. Von seiner Frau hörte er nichts. Er roch auch nichts, denn wenn Nancy putzte, dann roch es in der Regel nach Putzmitteln, aber das war hier nicht der Fall.
Er rief den Namen seiner Frau.
Eine Antwort erhielt er nicht, und genau das wunderte Ian Sinclair. Warum sagte sie nichts? Er hatte laut genug gesprochen. Sie hätte ihn auch in der ersten Etage hören müssen.
Vor der Küchentür
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