1819 - Der vergessene Templer
Bis Schottland hatten die Templer fliehen können. Nicht alle, aber einigen war es schon gelungen, den Häschern der Kirche und der Fürsten zu entgehen. Hier oben im Norden waren sie gut aufgenommen worden. Hier konnte die Furcht von ihnen abfallen. Viele hatten eine neue Heimat gefunden. Aber sie hatten auch schnell herausgefunden, wie arm die Bevölkerung war, und so waren nicht wenige Templer der Ansicht gewesen, dass es besser und sicherer war, wenn sie über das Meer flohen. In Sir Henry Sinclair hatten sie sogar einen Anführer gefunden.
Er hatte bestimmt, wer mitfahren durfte, und dazu gehörte der Mann mit dem Namen Diaz nicht. Dabei hatte er sich in Spanien einen Namen gemacht. Er hatte die Fahne der Templer dort hochgehalten, und seine Kontakte hatten sogar bis Mallorca gereicht. Er sollte im Norden Englands bleiben und die Stellung in diesem kalten Land halten. Genau das ärgerte ihn. Das hasste er. Der Mann fühlte sich abgeschoben. Je mehr Zeit verstrich, umso stärker wurde sein Hass. Das hatte er den entsprechenden Personen auch in die Gesichter geschrien, und in einem Anfall von Wut hatte er zwei von ihnen getötet.
Jetzt jagten sie ihn als Mörder.
Und an der Spitze stand wieder Henry Sinclair, dieser Sir, den er hasste. Der sich zum Anführer der Flüchtlinge gemacht hatte, die er in das Gelobte Land führen wollte.
Diaz hätte auch fliehen können, doch das hatte er nicht gewollt. Er war nicht feige. Er war ein Mann, der bis zum letzten Atemzug kämpfte, und das würde er auch in diesem Fall so halten.
An diesem Tag saß er vor der Hütte und schaute über die Klippen hinweg. Er sah den kleinen Hafen und das Meer dahinter, dessen Wellen helle Schaumkronen zeigten.
Im Hafen lagen die Schiffe am Kai. Die großen Segler, die bald in See stechen würden, auf denen aber kein Platz für Frederic Armando Diaz mehr war.
Sie wollten ihn nicht. Sie hatten genug von ihm. Er hatte sich im Laufe der Zeit zu viele Feinde gemacht, und jetzt würde er die Quittung dafür erhalten.
Flucht? Fliehen, weil er ein Mörder war?
Daran hatte er auch schon gedacht, wusste aber auch, dass es sinnlos war. Wäre er kein Templer gewesen, dann hätten sie ihn wahrscheinlich schon längst umgebracht. Aber er war nun mal einer von ihnen, nur hatte er anders reagiert, als sie es angenommen hatten.
Er sah sie nicht, aber er wusste, dass sie das Haus im Blick hatten, sodass eine heimliche Flucht nicht möglich war.
Er hatte sein Schwert mitgenommen, aber keine Rüstung angelegt. Das war nicht gut. Er machte kehrt und betrat die Hütte. Dort bewahrte er die Rüstung auf. Zumindest seinen Helm und seinen Brustpanzer. Auf den Helm mit dem Federbusch, der so prächtig im Wind wehte, wenn er ritt, war er besonders stolz. Doch das war alles schon Vergangenheit für ihn. Er bereitete sich auf den letzten Kampf vor, und dabei verfluchte er das, an das er bisher in seinem Leben geglaubt hatte.
Was hatte es ihm gebracht?
Nichts, gar nichts. Sie mochten ihn nicht. Sie ließen ihn nicht nur links liegen, sie würden bald kommen, um ihn zu töten.
Es verging schon recht viel Zeit, bis er die Rüstung angelegt hatte. Dann war er kampfbereit. Kämpfen wollte er. Wenn möglich, noch einige seiner Feinde mit ins Jenseits nehmen und dann hier sterben.
Sterben!
Das Wort wollte ihm nicht mehr aus dem Kopf. Was bedeutete das? Es bedeutete, dass sein Leben vorbei war. Und was lag dahinter? Auch das wusste er nicht. Viele glaubten ja an den Himmel, an den ewigen Glanz, aber es gab auch Menschen, die dem nichts abgewinnen konnten und an das Gegenteil glaubten.
An die Hölle. An den Teufel …
Auch davon hatte er gehört. Besonders an einen Templer-Teufel oder Dämon, der auf den Namen Baphomet hörte. Ein hässliches Wesen, das aber von einigen Templern geliebt wurde, die den Weg im Dienst des Herrn verlassen hatten.
Sie waren von der anderen Seite enttäuscht gewesen und hatten in Baphomet einen neuen Herrn gefunden.
Diaz hatte einige von ihnen kennengelernt. Er war erstaunt über deren Glaube und Kraft gewesen. Er hatte sich heimlich davon faszinieren lassen, und je mehr Zeit verstrich, sich immer stärker ihm zugewandt, und in der letzten Zeit war es sogar zu einer heimlichen Anbetung gekommen.
Er hoffte auf ihn.
Er wollte sich von ihm retten lassen. Um danach seine ganze Kraft für ihn einzusetzen. Der Diener des Baphomet zu sein bedeutete für ihn etwas Großes.
Als er seine Rüstung angelegt hatte, ging er zur Tür und trat
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