1835 - Die Nacht der Killer-Sekte
verzichten. Aber er wollte noch damit warten, bis es eingedunkelt war. Und er rechnete auch damit, dass zu dieser Zeit etwas passieren würde und der Bunker nicht mehr leer stand. Es gab Menschen, die sich zu ihm hingezogen fühlten, und es gab auch die blonde Frau, von der Dukla erzählt hatte. Eine Bestie, die aussah wie ein Mensch.
Bisher war von dieser Justine Cavallo nur geredet worden. Stephan aber wollte sie sehen, um sich ein eigenes Bild machen zu können. Danach konnte man weitersehen.
Und das in der Wärme, die im Vergleich zum Mittag zwar etwas abgenommen hatte, aber noch immer vorhanden war. So hatte sich das Innere des Jeeps in einen Backofen verwandelt. Dem wollte Stephan entgehen. Es hatte deshalb die vorderen Seitenfenster geöffnet.
So gestaltete sich das Warten etwas angenehmer. Aber er fragte sich auch, auf was er eigentlich wartete. Er wusste es nicht. Er hätte John Sinclair nur schon gern das eine oder andere Ergebnis präsentiert, und er hoffte, dies möglich machen zu können.
Erst mal warten. Auch beobachten. Zum Beispiel den Himmel. Da würde sich noch etwas tun. Bisher war er nicht eingedunkelt, aber es würde nicht mehr lange dauern, bis die Dämmerung hereinbrach. Und er fragte sich, ob in der Dunkelheit um den Bunker herum ein gewisses Leben erwachen würde.
Es war alles möglich. Er konnte aber auch Pech haben, sodass sich gar nichts veränderte, das wollte er abwarten und dann reagieren.
Er lehnte sich zurück. Einschlafen wollte er nicht, aber er merkte doch, dass die Müdigkeit kam und ihm ab und zu die Augen zufielen. Er schlief sogar ein, und das musste einfach an der Hitze liegen, die sich noch immer nicht verflüchtigt hatte.
Als er wieder mal eingeschlafen und dann schreckhaft aufgewacht war, hatte sich die Umgebung verändert. Sie war dunkler geworden, nicht finster, denn die Nacht lag noch auf der Lauer. Dafür war die Sonne verschwunden, und ein leichter Abendwind fuhr über das Land hinweg.
Stephan atmete tief durch. Er schwor sich, jetzt nicht mehr einzuschlafen. Und diesen Schwur würde er wohl einhalten können, denn er fühlte sich recht frisch.
Und dann sah er etwas.
Er gratulierte sich dafür, genau im richtigen Moment aufgewacht zu sein, denn etwas passierte.
Leider nicht in seiner Nähe, sondern weiter vor ihm und fast auf Höhe des Hauses.
Ich muss hin!, dachte er. Aber wie? Es war kein Problem, den Jeep zu starten und loszufahren, aber das war nicht Sinn der Sache. Er wollte nicht entdeckt werden.
Es gab nur eine Möglichkeit. Er musste es zu Fuß versuchen und sich anschleichen.
Er stieg aus.
Der Wind umfächerte ihn. Er presste ihm den dünnen Mantel gegen den Körper. Staub wirbelte durch die Luft.
Er ging schneller. Vor ihm waren die Bewegungen noch zu sehen. Sogar besser. Er konnte jetzt einzelne Personen unterscheiden und stellte fest, dass sie nur ein Ziel hatten. Es war das Haus. Lange mussten sie nicht mehr gehen, um den Eingang zu erreichen, auf den auch Stephan zuging.
Ob man ihn gesehen hatte, wusste er nicht. Jedenfalls taten die Ankömmlinge nichts, denn der Mönch hatte sich ihnen längst auf Rufweite genähert. Aber da passierte nichts, und so ging Stephan weiter.
Sein Herz schlug schon schneller. Ihm war klar, dass hier etwas passieren würde. Grundlos waren sie nicht gekommen, und es war ihm noch etwas aufgefallen. Die einzelnen Mitglieder der Sekte bewegten sich auf eine ungewöhnliche Art und Weise. Sie gingen so steif, fast wie Roboter. Das konnte nur daran liegen, dass sie etwas eingenommen hatten und möglicherweise unter Drogen standen.
Es gab ein Ziel.
Das war der Eingang des Hauses, denn dort versammelten sich die Männer und Frauen.
Ja, es gab die beiden Geschlechter. Sie hatten das gleiche Ziel, und es gab in ihrem Verhalten kaum Unterschiede. Sie alle wirkten so konzentriert, und sie starrten vor sich hin.
Ihre Kleidung war unterschiedlich. Keiner der Anwesenden sah aus wie in Sack und Asche gehüllt. Sie waren normal und sommerlich angezogen und ließen die Uniformität einer Sekte vergessen.
Der Mönch wartete ebenso ab wie die Frauen und Männer. Er hielt sich im Hintergrund auf. Er war sehr still. Sogar seinen Atem hatte er reduziert.
Stephan wusste nicht, ob man ihn gesehen hatte. Zumindest hatte man keine Notiz von ihm genommen, und das machte ihn mutiger. Er ging noch näher an die Gruppe heran und war nun in der Lage, sich auf ihre Gesichter zu konzentrieren.
Sie waren verschieden. Nicht nur, weil es
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