1835 - Die Nacht der Killer-Sekte
sich bei den Leuten um Männer und Frauen handelte, aber eines hatten sie gemeinsam, und das fiel dem Beobachter erst jetzt auf.
Es lag an dem Ausdruck in ihren Augen. Der war gleich, und Stephan erkannte, dass die Blicke nicht lebten. Sie waren irgendwie tot oder nach innen gerichtet.
Und dann fiel ihm noch etwas auf.
Es war das Schweigen.
Sie sprachen nicht miteinander. Und trotzdem kommunizierten sie. Das geschah, indem sie sich anschauten, ihre Kommentare in Blicke umwandelten und so miteinander vernetzt waren.
Schon seltsam …
Stephen Kowalski war gespannt, wie es weiterging. Irgendwas musste ja passieren, und das war dann tatsächlich der Fall. Es geschah das, womit der Zuschauer schon längst gerechnet hatte.
Die Versammelten betraten das Haus.
Zwei von ihnen machten den Anfang. Die anderen folgten. Manche mussten sich umdrehen, um in die entsprechende Richtung zu gelangen, und dabei trafen ihre Blicke auch den Mönch.
Nichts passierte.
Es gab keinerlei Veränderung in ihren Augen. Sie blieben in sich selbst gefangen und schienen einem unsichtbaren Rufer zu gehorchen, den nur sie hörten.
Dann war es vorbei. Auch die letzte Person war im Haus verschwunden, und so stand Stephan Kowalski allein vor dem hohen Bunker.
Er wusste nicht, ob er sich das gewünscht hatte, aber es war nun eine Tatsache, und mit der musste er fertig werden. Gab es eine Lösung? Ja, die gab es.
Sie war ganz einfach. Hier hielt ihn nichts mehr. Es war kein Problem, das Haus zu betreten und nachzuschauen, was diese Männer und Frauen vorhatten …
***
Ein wenig seltsam war Stephan schon zumute, als er sich in Bewegung setzte und das Haus betrat. Der letzte Schritt über die Schwelle fiel ihm schon schwer. Er spürte den Druck im Magen und das kalte Gefühl auf dem Rücken. Ein Zeichen dafür, dass er sich alles andere als wohl fühlte. Nein, das hier war nicht seine Welt. Er nahm den Geruch eines Rohbaus wahr, aber auch den der Menschen, denn nicht wenige hatten nach Schweiß gerochen. Aber wo steckten sie? Durch die inzwischen vorhandene Dunkelheit war im Eingangsbereich nicht viel zu sehen, und er musste sich auf sein Gehör verlassen.
Das sagte ihm folgendes: Oben! Ja, sie sind oben. Die sind über die Treppe ohne Geländer nach oben gegangen. Dort warteten sie, und es ist die Frage, auf wen sie warten.
Er hatte keine Ahnung, konnte sich aber etwas vorstellen, denn er dachte daran, was ihm der Vampir Dukla erzählt hatte. Es gab da diese blonde Frau, die alles unter Kontrolle haben wollte.
Nach oben also.
Es gab nur den Weg über die Treppe, und den musste Stephan Kowalski auch gehen. Weit hatte er es nicht. Es lagen schon einige Stufen vor ihm, die er hochgehen musste. Er ging sie vorsichtig an. Niemand sollte ihn hören, und auch von oben hörte er nichts.
Auf halber Strecke blieb er stehen, denn er sah jemanden. Der Mann saß auf einer Stufe, hatte seinen Kopf gesenkt und schaute auf seine Schuhe.
Warum tat er das?
Stephan wusste es nicht. Für ihn war dieser Mann ein Rätsel. Er ging auf ihn zu, blieb dann direkt vor ihm stehen und spürte den Schauer, der über seinen Rücken strich. Er hatte nicht gehört, dass der Mann geatmet hätte. Er saß da ruhig und tat nichts.
Stephan hätte an ihm vorbei gehen können, was er nicht tat. Er wollte etwas herausfinden, und deshalb fasste er sich ein Herz, legte zwei Finger unter das Kinn des Mannes und hob den Kopf an.
Jetzt sah er besser.
Und er sah den gebrochenen Blick, wobei noch ein gewisses Grinsen auf seinen Lippen lag.
Da stimmte was nicht.
Die Finger lagen noch immer unter dem Kinn. So konnte der Kopf noch weiter angehoben werden, was der Mönch auch tat.
Und jetzt sah er besser. Und das trotz der nicht eben guten Lichtverhältnisse.
Es gab die dunklen Stellen an der linken Halsseite des Mannes. Er strich mit zwei Fingern über die Haut hinweg. Er spürte die winzigen Krater an den Fingerspitzen und wusste jetzt Bescheid, was hier passiert war.
Der Mann war gebissen worden, und man hatte ihm das Blut ausgesaugt. Da gab es nur eine Erklärung.
Stephan Kowalski hatte es mit einem Vampir zu tun, der noch nicht aus seiner neuen Existenz erwacht war …
***
Das war es, und es gab einfach keine andere Erklärung. Damit musste er leben und auch damit, dass jemand diesen Mann zu einem Vampir gemacht hatte.
Und zwar in diesem Bunker.
Das war etwas zu viel für den Mönch. Er schüttelte den Kopf, als könnte er das alles nicht fassen.
Seine Gedanken
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