Lodernde Begierde
Prolog
E s war einmal vor langer Zeit, an einem herrlichen Frühlingstag in England auf dem Land, da spielten drei kleine Mädchen miteinander. Sie waren Cousinen und spätere Rivalinnen.
Die Älteste, Sophie, hatte sich ungelenk hingehockt, sodass ihr Rocksaum auf dem Boden schleifte, und beobachtete ein Insekt, das über den Weg krabbelte. Die Mittlere, Phoebe, süß und ungehemmt, jagte einem Schmetterling hinterher. Die Jüngste, Deirdre, war schon zu diesem Zeitpunkt bereits unglaublich schön. Sie griff sich Sophies Käfer und aß ihn auf, ohne auf Sophies Protestgeschrei zu achten.
Ihre Mütter – die von Sophie war eine enttäuschte und reizbare Witwe, die von Phoebe eine freundliche, aber überarbeitete Vikargattin und die von Deirdre eine ätherische, kränkliche Schönheit – saßen nach ihrem Picknick im Schatten auf einer Decke und betrachteten die Mädchen.
Sophies Mutter, die eine Cousine der beiden anderen Schwestern war, schlug verärgert nach einem Wesen mit zu vielen Beinen, das auf ihren Röcken herumkrabbelte. »Welch abscheuliche Idee«, murmelte sie. »Ich hasse es, draußen zu essen.«
Phoebes Mutter, die einzige Frau, deren Hände die Spuren echter Arbeit trugen, entfernte behutsam die Anstoß erregende Kreatur und ließ sie im Gras frei. Sie lächelte zufrieden, weil sie ihre Tochter so glücklich spielen sah. »Die Insekten sind mir egal. Ich finde es einfach herrlich, mich überhaupt einmal hinzusetzen.«
Deirdres Mutter fächerte Luft an ihre blassen Wangen und lächelte ebenfalls. »Ich komme zurzeit nicht genügend an die frische Luft. Und es ist doch reizend, die Mädchen miteinander spielen zu sehen.«
Sophies Mutter betrachtete ihre eigene Tochter eine ganze Weile und ließ dann ihren Blick auf den sehr hübschen Töchtern ihrer Cousinen ruhen. Niemand hatte es bisher angesprochen, aber es war offensichtlich, dass Sophie nicht die Schönste von ihnen werden würde.
Noch hatte niemand das Pickering-Vermögen erwähnt. Doch wie könnten sie auch nur einen Augenblick nicht daran denken, dass ihre Töchter eine Chance hatten, es zu ergattern, während sie selbst in dieser Hinsicht so kläglich versagt hatten?
Eine der Schwestern hatte immerhin einen Mann gefunden, der wohlhabend genug war, aber beileibe kein Herzog. Die andere hatte sich mit einem Vikar begnügt! Sie selbst hatte nicht viel mehr erreicht, denn obschon ihr verblichener Ehemann sie einigermaßen gut situiert zurückgelassen hatte, wenn sie ihre Groschen zusammenhielt, so stand sie doch im gesellschaftlichen Ansehen nicht höher als bei ihrer Geburt.
Nun, jetzt lag es an der nächsten Generation. Sophies Mutter runzelte die Stirn, während sie die knubbe-ligen Knie und ungelenken Bewegungen ihrer Tochter betrachtete. Sie hatte sogar die Pickering-Nase geerbt!
Sah so ein Mädchen aus, das ein Herzog allen anderen vorziehen würde?
Im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte, wenn auch körperlich geschwächt, bekunde ich, Sir Hamish Pickering, als meinen letzten Willen und Testament das Folgende:
Ich bin die gesellschaftliche Leiter so weit hinaufgeklettert, wie es möglich ist, dabei verfüge ich über mindestens doppelt so viel Verstand, Weisheit und Seelenstärke wie der faulenzende Adel. Eine Frau hingegen kann so hoch heiraten, wie ihr Aussehen es zulässt, ja, sie kann sogar Herzogin werden, wenn sie es anstrebt.
In dieser Hinsicht haben mich meine eigenen Töchter schmählich enttäuscht. Morag und Finella, ich habe Geld in Euch investiert, damit Ihr über Eurem eigenen Stand heiraten könnt, aber Euch fehlte der Mumm dazu. Ihr habt darauf gewartet, dass Euch die Welt auf einem Silbertablett serviert wurde. Wenn irgendein weibliches Mitglied dieser Familie auch nur einen einzigen Farthing meines Geldes haben will, dann muss sie es sich schon verdienen.
Deshalb erkläre ich, dass mein gesamtes Vermögen meinen nutzlosen Töchtern vorenthalten und für jene Enkelin oder Urenkelin aufbewahrt werde, die einen englischen Herzog heiratet oder einen Mann, der später einen Herzogtitel erbt. Zu diesem Zeitpunkt soll ihr allein das gesamte Vermögen ausbezahlt werden.
Hat sie Schwestern oder Cousinen, die bei diesem Versuch scheitern, so erhalten diese bis an ihr Lebensende eine jährliche Leibrente in Höhe von fünfzehn Pfund. Hat sie Brüder oder Cousins, obschon die Familie unglücklicherweise zu Töchtern tendiert, dann erhält davon ein jeder fünf Pfund, denn mehr hatte ich auch nicht in meinen Taschen,
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