1835 - Die Nacht der Killer-Sekte
das Schlimme sehen.«
Kowalski konnte sich vorstellen, wie es im Innern des Vaters ausgesehen hatte. Für ihn musste eine Welt zusammengebrochen sein. Das eigene Kind als Vampirin zu erleben, musste grauenhaft gewesen sein. Was tat man dagegen?
Stephan wollte es wissen und stellte deshalb die entsprechende Frage. »Was hast du getan? Es gab doch nur eine Chance, denke ich.«
Joseph starrte sein Gegenüber an. »Ich habe es versucht, das kannst du mir glauben. Aber sie war zu sehr in den anderen Kreis integriert. Es war mir nicht mehr möglich, und sie hat mir bewiesen, was ein Blutrausch bedeutet.«
»Ja? Was denn?«
»Man schlug mich nieder. Eiskalt. Ich konnte mich nicht wehren, und dann lag ich am Boden.«
Plötzlich wurde es dem Mönch heiß. Das Gespräch lief in eine bestimmte Richtung, die er als schlimm empfand. Noch hatte er keinen Beweis, aber er würde ihn bekommen, und stellte die Frage, die ihm auf dem Herzen lag.
»Was ist mit dir geschehen?«
Joseph zuckte mit den Schultern. Dann sagte er mit leicht knurrender Stimme: »Ich weiß nicht genau, ob es meine Tochter gewesen ist, aber ich bin nicht anders als sie.« Plötzlich fing er an zu lachen. Dann riss er seinen Mund auf und präsentierte zwei längliche und auch leicht gekrümmte Blutzähne.
Stephan konnte sie nicht übersehen. Er wusste jetzt Bescheid. Er musste was unternehmen.
Dazu kam er nicht mehr, denn Joseph griff an!
***
Stephan Kowalski war kein schwacher Mensch. Er gehörte zu denen, die sich wehren konnten. In diesem Fall aber dauerte seine Schrecksekunde ein wenig zu lange, denn er kam nicht mehr weg, weil der veränderte Mann vor ihm schneller war.
Joseph stieß gegen ihn. Den Aufprall konnte der Mönch nicht mehr ausgleichen. Er ging zu Boden und hatte das Gefühl, im Zeitlupentempo rückwärts zu fallen. Er schlug auf, seine Augen hielt er weit geöffnet. Deshalb sah er auch, was geschah.
Es war schlimm. Joseph warf sich auf ihn. Er schrie dabei. Er steckte voller Wut, aber auch voller Gier. Er brauchte das Blut, er war hungrig, er wollte seine Zähne in den Hals des Mannes schlagen. Das musste Stephan verhindern. Er bewegte seinen Kopf hektisch von einer Seite zur anderen, er wollte dem Vampir keinen Platz für einen Angriff bieten.
Das merkte auch Joseph. Er wurde noch wütender und schlug zu.
Die Faust traf den Hals des Liegenden. Plötzlich bekam Stephan keine Luft mehr. Er sah auch nichts. Zwischen sich und dem Vampir hatte sich so etwas wie eine Wand geschoben.
Stephan wollte hoch kommen. Es ging nicht. Seine Kräfte waren zu schwach.
Und dann spürte er die Knie des Vampirs in seinem Unterleib. Joseph hatte sich sein Opfer zurechtgelegt, und zwei, drei Sekunden später spürte Stephan die spitzen Zähne an seinem Hals und wusste, dass der Blutsauger alle Chancen hatte, ihn leer zu trinken …
***
Zuerst wollten Suko und ich es nicht glauben, was da passierte. Aber das war kein Spiel. Die beiden Männer verstanden sich nicht mehr. Dabei hatten wir von Stephan etwas ganz anderes gehört. Er und Joseph waren keine Feinde.
Doch jetzt?
Sie redeten miteinander, und wir hörten nicht, was da gesprochen wurde, denn die Sprache verstanden wir beide nicht. Aber wir hörten, dass es rund ging zwischen den beiden.
»Das ist nicht normal, John.«
»Da gebe ich dir recht.«
»Es kann sein, dass sich Stephan geirrt hat. Dass er auf das falsche Pferd setzte. Oder?«
»Ja, wir sollten …«
Was wir sollten, sprach ich nicht mehr aus, denn die Situation eskalierte. Stephan hatte mit dem plötzlichen Angriff wohl nicht gerechnet, sonst hätte er ihn abblocken können, denn ich wusste, wie stark dieser Mann war.
So aber wurde er überrascht und zu Boden gestoßen. Das hatte Joseph gewollt. Und er war auch sofort über unserem Freund. Dabei nahm er eine Position ein, die wir kannten, und das sogar verdammt gut. Wenn ein Vampir zubiss, dann musste sein Opfer eine bestimmte Lage haben. Und das war hier der Fall.
»Joseph ist kein normaler Mensch mehr!«, flüsterte Suko. Er hatte den Satz kaum ausgesprochen, da waren wir bereits unterwegs. Wir wussten, wie schnell ein Vampir oft reagierte, denn die Sucht nach dem Blut war einfach nicht zu stoppen.
Ich war etwas früher gestartet als Suko und deshalb auch schneller. So sah ich, dass der Mönch in einer Position auf dem Boden lag, aus der er sich nur schlecht wieder befreien konnte. Aus eigener Kraft bestimmt nicht mehr.
Ich war bald in seiner Nähe, stieß mich ab und
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