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184 - Die Herren von Sydney

184 - Die Herren von Sydney

Titel: 184 - Die Herren von Sydney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn und Stephanie Seidel
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solche Tat hatte, so weit Roneys Erinnerungen stimmten, auch dazu geführt, dass er gestern Abend…
    Was hatte er eigentlich genau gesagt?
    Roney schlug die Hacken zusammen und salutierte.
    »Lieutenant Roney. Melde mich wie befohlen zur Stelle, Sir…«
    Dann fiel es ihm ein. Er musste sich zusammenreißen, um nicht vor Schreck auf den Schreibtisch seines Vorgesetzten zu spucken.
    » Sie …« Archer sprang mit einem Fauchen auf. Seine braunen Augen funkelten. Er war so wütend, dass er kurz vor dem Platzen stand. Er sah aus, als wolle er sein Gegenüber erwürgen.
    Es wunderte Roney nicht, dass der Mann hinter seinem Schreibtisch hervor kam, um sich auf ihn zu stürzen, doch er war so verdutzt, dass er im ersten Moment nicht wusste, wie man sich verhielt, wenn ein Vorgesetzter einen angriff. Notwehr war vielleicht angebracht. Doch andererseits hatte er gestern Abend tatsächlich heftig über die Stränge geschlagen…
    Vielleicht war es aber besser, wenn er sich so lange ohrfeigen ließ, bis Archers gerechter Zorn verraucht war, und auf das Recht der Notwehr zu verzichten.
    Der Schwiegervater des Captains gehörte zum Oberkommando und war damit ein Bestandteil des Kreises, der darüber befand, wer vom Militär ernährt wurde und in dieser Festung leben durfte. Niemand legte es darauf an, ins Exil zu gehen und sein Leben in den Straßenschluchten zu fristen, wo die Bösen die Armen und die Stadtsicherheit die Bösen jagte – auch wenn man nicht immer genau wusste, wer nun gerade was war.
    Hätte Captain Archer in seiner Wut die Nerven verloren und Ohrfeigen verteilt: Roney war seiner Zukunft zuliebe fest entschlossen, ihn gewähren zu lassen.
    Doch der Captain verlor die Nerven nicht. Er hob nicht die Hand. Er blieb vor Roney stehen und fauchte:
    »Es war das letzte Mal, das wir uns Ihr Betragen haben bieten lassen, Roney! Wir haben die Augen – weiß Gott – oft genug zugedrückt, aber was Sie sich gestern Abend im Kasino geleistet haben, hat gezeigt, dass es ein Fehler war, jemanden wie Sie zum Offizier zu machen!«
    Roney sah ihm an, dass Archer sich zusammenreißen musste, um ihn nicht anzuspucken. »Sie sind eine Schande für unseren Stand!«
    »Es fing damit an, dass ich Witze riss, die Lieutenant Hamoudi nicht witzig fand, Sir.« Roney schaute Archer mutig in die Augen, obwohl ihm eher danach zumute war, sich auf die Knie zu werfen und ihn um Verzeihung zu flehen.
    »Sie!«, fauchte Archer. »Wagen Sie es bloß nicht, sich auch noch zu verteidigen, Sie mieser Halunke!« Er trat einen Schritt zurück. In seinem Blick lag alle Verachtung der Welt. »Sie waren besoffen wie ein Schwein! Sie haben Lieutenant Hamoudi mit Ihrer Geschmacklosigkeit so zur Weißglut getrieben, dass er handgreiflich geworden ist! Und zwar nicht in einer Barbarenkneipe dort unten, sondern in unserem Kasino!« Er war außer sich. »Und bevor Lieutenant Hamoudi seine gute Kinderstube vergaß, haben Sie mich imitiert und vor den versammelten Herren zum Gespött gemacht!«
    Nun fiel es Roney wie Schuppen von den Augen.
    Himmel, ja! Er hatte auf einem Tisch gestanden. Er hatte in der hochnäsig-nasalen Art des Captains ein paar willkürliche Kollegen verbal zur Schnecke gemacht. Er hatte Archer parodiert, ohne ihn in der Tür stehen zu sehen! Da war Hamoudi auf ihn losgegangen. Andere hatten ihn festhalten wollen. Das Ergebnis: Ein Dutzend Offiziere hatten sich geschlagen wie Zuhälter.
    »Sie sind eine Schande für unseren Stand!«, wiederholte Archer und riss Roney die Schulterklappen ab. »Mit Ihrem Verhalten haben Sie nicht nur sich, sondern das ganze Korps unmöglich gemacht!«
    Roney hatte einen heftigen Rüffel erwartet; Strafdienst oder gar eine Degradierung – aber nicht das.
    »Sie haben die längste Zeit für die Sicherheit gearbeitet!« Archer warf die Schulterklappen zu Boden und trat wie ein wütender kleiner Junge auf ihnen herum. »Seien Sie froh, dass ich Ihnen kein Disziplinarverfahren anhänge!« Er deutete auf die Tür.
    »Raus mit Ihnen! Raus! Raus! RAUS! Gesellen Sie sich dorthin, wo Sie hingehören – zum Pack, zu den Ratzen!«
    Roney wich erschreckt zurück. In seinem Kopf schlugen die Gedanken Purzelbaum.
    Was sollte er tun? Er hatte sein Leben in Dienst der Herren von Sidnee verbracht. Er war in diesem Gebäude zur Welt gekommen. Wenn man ihn seiner Heimat verwies, beraubte man ihn auch seiner Sicherheit! Ein Mann wie er, der für das Hohe Haus gearbeitet hatte, konnte draußen nur sicher sein, wenn niemand

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