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185 - Ein Albtraum erwacht

185 - Ein Albtraum erwacht

Titel: 185 - Ein Albtraum erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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den Frauen, Kindern und Händlern einen halbwegs geregelten Rückzug zum Roodtren zu ermöglichen. Immerhin, dachte Aruula, ist er Manns genug, sich dem Kampf zu stellen…
    Moogan war nirgends zu sehen. Er musste sich in einem der Häuser verkrochen haben. Von dort würde er seine gedanklichen Befehle in aller Ruhe erteilen und sich gleichzeitig an der Schlacht laben.
    Aruula zog einem Halbwüchsigen den Schwertgriff über den Kopf. Er würde morgen mit mächtigem Schädelbrummen erwachen. Einer Frau, die sie mit dem Stiel eines Reisigbesens attackierte, stellte sie ein Bein, nutzte ihren Schwung und ließ sie mit dem Kopf voran in die Suhle irgendeines Haustiers rutschen. Einem Schwerthieb, der gegen ihren ungedeckten Rücken gezielt war, wich sie mit dem Instinkt der erfahrenen Kämpferin aus. Sie duckte sich nach vorne, fing sich am Stützbalken eines primitiven Heuschobers ab und ging augenblicklich zum Gegenangriff über. Hinter einer blechernen Maske starrten sie die Augen eines Torwächters an, mit dem sie sich gestern zwanglos unterhalten hatte. Heute tropfte ihm der Geifer vom Kinn, während er mit einem wilden Schrei zum Angriff überging.
    Er lief in Aruulas geschwungenen Morgenstern, so heftig, dass die fürchterliche Waffe im Fleisch stecken blieb. Der Mann stöhnte, schnappte nach Luft, stolperte zurück und fiel schließlich rücklings zu Boden. Aruula konnte für den Sterbenden nichts mehr tun. Sie bat Wudan um Gnade für den Irregeleiteten und hetzte weiter.
    Wo konnte sich das Haus des Maa’ors befinden? Es musste zentral liegen und ansehnlich wirken, dürfte sich aber nicht in der vordersten Front jener Gebäude befinden, die das erste Ziel möglicher Invasoren waren.
    Aruula sprang auf die hölzerne Umfassung einer Tiertränke und sah sich um. Es gab drei, bestenfalls vier Anwesen, die diesen Kriterien genügten.
    Einen Bauernburschen, der ungestüm auf sie zugesprungen kam, ließ sie im Wasser der Tränke ein Bad nehmen. Drei Kinder, zwischen acht und zwölf Jahre alt, fesselte sie mit jenem Strick, der um den Tränkeimer gebunden war. Zwei ernstzunehmenden Kriegern fügte sie Fleischwunden an Schulter und Oberschenkel zu, um schlussendlich ihre Köpfe gegeneinander krachen zu lassen.
    Dann eilte sie weiter, auf jenes Haus zu, das am ehesten als Sitz des Maa’ors in Frage kam.
    Die Menschen waren vollends von Sinnen. Kein Zuruf brachte sie zur Vernunft, kein noch so heftig geführter Hieb ließ sie die Angriffe abbrechen. Sie schrien und geiferten, tobten und lachten irre, während sie jeden Gegenstand benutzten, der sich als Waffe verwenden ließ.
    Es war ein hartes Stück Arbeit, bis sich Aruula zu dem dreistöckigen Giebelhaus mit der schmucken Fassade durchgeschlagen hatte. Hier ruhten die Kämpfe, als läge rings um das Gebäude ein Bann. Sie spürte, dass sie richtig war, dass Moogan hier auf sie wartete.
    Ein letzter Schwerthieb, gegen das Knie eines Angreifers geführt, und sie hatte den Kreis der Kämpfenden durchbrochen.
    Aruula öffnete das Eingangstor, fühlte plötzlich Unsicherheit und Angst in sich hochsteigen. Nervös betastete sie ihre linke Hand, spürte den gut verheilten Stumpf ihres kleinen Fingers, atmete tief durch und marschierte schließlich weiter in die Dunkelheit.
    Ruhe erfasste sie. Der Lärm des Dorfplatzes hatte keine Bedeutung mehr. Hier drinnen galten andere Gesetze und Gegebenheiten. Sie durfte sich durch nichts beeinflussen lassen, musste lediglich das Ziel im Auge behalten, Moogan auszuschalten.
    Auszuschalten – oder zu töten?
    Wie kam sie überhaupt auf den Gedanken, ihn zu schonen?
    Nahm er bereits Einfluss auf ihren Geist und manipulierte sie?
    Nein! Diesem Ungeheuer in Menschengestalt konnte man nicht einfach Fesseln anlegen und dadurch die Gefahr bannen.
    Es gab nur eine Lösung; eine endgültige.
    Leiser Singsang drang aus dem nächsten Raum. Aruula stieß die knarrende Tür auf, betrachtete die zusammengekauerte Gestalt, die ihr den Rücken zuwandte.
    »Du bist stärker als bei unserer ersten Begegnung«, sagte Moogan, ohne sich umzudrehen. »Dennoch freue ich mich, dich wieder zu sehen. Ich habe, ehrlich gesagt, nicht mit einer Chance gerechnet, mich an dir zu rächen.«
    Rauch schien aus seinem Mund zu dringen; oder war es bloß das Wabern der blaurot brennenden Kaminflammen, das ihn umgab?
    »Ich sah dich tot, auf dem Hügel, umringt von all deinen Sklaven…« Plötzlich versagte Aruulas Stimme. Sie war wieder in der Wüste der Schimären,

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