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185 - Ein Albtraum erwacht

185 - Ein Albtraum erwacht

Titel: 185 - Ein Albtraum erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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Tello.
    »Heute wird der Abschluss der Handelsgeschäfte mit den Toonern gefeiert. Morgen wirst du dein Leben lassen. Bereite dich also auf deine letzte Nacht vor. Wie und wo du sterben sollst, besprechen der Rabbadaag und ich bei einem oder zwei Humpen Biir. Ich würde dir raten, dass du das Gespräch mit deinen Göttern suchst.«
    Tello erhob sich, trat ihr mit einem fröhlichen Pfeifen auf den Lippen in den Bauch und verließ durch ein quietschendes Schiebetor ihr Gefängnis.
    Draußen, so erkannte Aruula durch den Nebel aus Schmerz, standen vier breitschultrige Männer der Wache. Tello nahm sie lautstark ins Gebet und untersagte ihnen sowohl den Genuss von Alk als auch das Gespräch mit Aruula.
    Dann wurde es ruhig. Die Barbarin war allein, und sie fühlte, wie sich allmählich die Fesseln von ihren Handgelenken lösten.
    ***
    Leise schlich sie zur Schiebetür und zog leicht daran. Sie war fest verschlossen, wie erwartet. Aruula konnte die Stimmen der Männer dumpf durch das massive Holz hören. Sie verfluchten ihre Aufgabe, ihren neuen und alten Hauptmann, aber auch die Barbarin.
    Spärliches Mondlicht drang durch einen gegenüberliegenden Spalt ins Innere des Wagens. Aruula tastete sich am Tor entlang zur Breitseite ihres stinkenden Gefängnisses.
    Wie sie vermutet hatte: Sie befand sich in Wagen 43, zwischen dem vierten und fünften Zuggefährt.
    Aruula schloss die Augen und bemühte sich, zu klaren Gedanken zu finden. Wenn doch bloß diese elenden Kopfschmerzen nicht wären…
    Erst gestern hatte sie alle möglichen Gefahrenquellen im Inneren des Roodtrens überprüft. Auch Wagen 43 war in ihrer Liste vertreten gewesen, weil er… weil er…
    Was hatte sie bloß zu beanstanden gehabt?
    Aruula fluchte. Wenn sie dem Schreiben besser mächtig gewesen wäre, hätte sie eine Liste erstellt, aber sie hatte diese endlosen Schreibübungen und Wiederholungen nach einer gewissen Zeit verweigert und Maddrax deutlich zu verstehen gegeben, dass es nun genug sei.
    Sie wollte zornig aufstampfen, als sie daran dachte, dass sie so ihre Wächter unnötig auf die neu gewonnene Bewegungsfreiheit aufmerksam machen würde.
    Und wenn sie die vier Idioten zu sich herein lockte?
    Nein. So dumm sie auch sein mochten – mindestens einer von ihnen würde Tello herbei holen, während die anderen drei mit gezogenen Waffen und Kerzen in der Hand den Wagen betraten. Diesen waghalsigen Plan würde sie nur anwenden, wenn sich keine bessere Möglichkeit bot. Aber noch war es nicht so weit.
    Aufstampfen… der Boden…
    Plötzlich fiel es ihr wieder ein!
    Der Fußboden in einer Ecke des Wagens war Aruula während der Überprüfung morsch erschienen. Der stählerne Träger darunter mochte durchgerostet sein, die Holzverschalung von Käfern, Würmern und Tierharn zerfressen. Wo war das bloß gewesen?
    Aruula kniete sich nieder und klopfte leise mit ihren Knöcheln gegen den verschmutzten Untergrund. Der Klang veränderte sich, je weiter sie sich der linken hinteren Ecke näherte. Ja! Hier war die Stelle!
    Mühsam schob sie die Rechte in den schmalen Spalt zwischen zwei Planken und versuchte die eine hoch zu hebeln.
    Das Holz zerbröselte zwischen ihren Fingern – aber das führte zu nichts. Wenn sie sich hier durcharbeiten wollte, würde sie mehrere Stunden benötigen.
    Gab es hier drinnen irgendetwas, das ihr bei ihrem Vorhaben helfen konnte?
    Der Raum war leer. Streu und Dung bedeckten großteils den Boden. Der große Holzbock in der Mitte des Raumes, an den sich Tello während seines Aufenthalts gelehnt hatte, diente wohl zum Aufspringen der Zuchtbullen. Gab es hier denn sonst nichts? Gar nichts?
    Ihre Fesseln – natürlich!
    Eilig holte Aruula die Bastschnüre aus jener dunklen Ecke, in die sie sie geworfen hatte, und fädelte sie zwischen die beiden Holzplanken. Ein Ruck würde wohl reichen, um das morsche Teil aus seiner genagelten Verankerung zu reißen.
    Aber würde der Spalt breit genug für sie sein? Konnte sie sich hindurchquetschen, bevor die Wachen, durch den Lärm alarmiert, im Wagen nachschauten?
    Sie schätzte Länge und Breite der Planke ab.
    Nein. Ein zwölfjähriges Kind mochte hindurch passen, nicht aber sie mit ihrer ausgeprägt weiblichen Figur.
    Draußen ertönte Lärm. Aruula hielt den Atem an. Dies waren Geräusche, die nichts mit einer friedlichen Feier zu tun hatten. Schreie, schrill und unmenschlich, hallten vom Dorf her zum Zug.
    Aruula eilte zum Schiebetor. Sie hörte, wie sich die Wachen aufgeregt miteinander

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