1870 - Operation Wunderkerze
Oder haben Cameloter voreinander Geheimnisse?"
So hatte zu Homer G. Adams schon lange kein „Normalsterblicher" mehr gesprochen. Bré war sich ihrer aggressiven Haltung vollauf bewußt. Diese setzte sie gezielt als Stilmittel ein, um die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich zu ziehen. Nachdem sie dies erreicht hatte, änderte sie ihre Haltung.
„Ich möchte mich hier nicht bloß aufspielen", fuhr sie in gemäßigterem Ton fort, „sondern glaube, Erkenntnisse gewonnen zu haben, die helfen könnten, sich der Kleinen Mütter zu entledigen und zwar aller und mit einem Schlag!"
Das saß. Bré merkte, wie sich Atlan mit dem Funkchef Agorar besprach, ließ sich davon aber nicht irritieren. Noch bevor sie fortfahren konnte, bildete sich über einer Konsole das Holorama von Myles Kantor.
Damit schien für Bré klar, was Atlan dem Funker zugeflüstert hatte.
„Ich habe mir meine Erkenntnisse nicht aus den Fingern gesogen", fuhr Bré fort, „sondern habe sie aus dem Gedächtnisprotokoll gewonnen, das Atlan über die Lebensgeschichte der Goedda erstellt hat. Darin finden sich viele wichtige Details, die Aufschluß über das Innenleben der Großen Mutter der Krieger von Suuvar geben. Es mag für viele erstaunlich klingen, daß ein solches Monster, dieser mörderische Gebärorganismus, ein Gefühlsleben gehabt haben soll. Es ist jedoch eine beweisbare Tatsache, daß Goedda Liebe und Zuneigung für ihre Kinder empfunden hat. Ihre besondere Liebe galt dabei den Philosophen, die ihre ureigensten Kinder waren die sie als einzige selbständig aus sich erschaffen hatte. Physander, Chaeroder, Eloundar und die anderen waren dagegen das Ergebnis eines Gen-Programms, nach dem Goedda von ihren Schöpfern geformt worden war. Den Philosophen aber hat Goedda all ihr Wissen und ihre Fähigkeiten in die Wiege gelegt. Sie sind in gewisser Weise Abbilder von ihr. Darum sind sie auch in der Lage, zu Kleinen Müttern vom Schlage der Goedda zu mutieren."
Bré machte eine Pause, um Atem zu holen und sich darüber zu informieren, ob sie ihre Zuhörer langweilte. Aber sie sah nur erwartungsvolle, interessierte Gesichter.
Selbst die Zellaktivatorträger, denen sie bisher nichts Neues gesagt hatte, zeigten sich nicht unbeteiligt.
Und auch .dem nur holografisch anwesenden Myles Kantor war eine gewisse Aufmerksamkeit anzumerken.
Das machte Bré Mut, und sie fuhr fort: „Es ist bekannt, daß Goedda außer. gewöhnliche parapsychische Fähigkeiten besaß. Diese waren ihr jedoch nicht angeboren oder angezüchtet, wie man besser sagen sollte. Goedda entwickelte sie erst allmählich unter dem Einfluß des gigantischen Black Holes Umam-Urra, das die Galaxis Suuvar allmählich verschlingt.
Und ganz besonderen Einfluß auf Goedda hatten die Kaskadierenden Feuer von Umam-Urra. Dabei handelt es sich um ein lichtjahreweit zu erkennendes Phänomen, wie es wohl einmalig im Universum ist. Dieser Funkenregen aus sprühenden, wallenden Farben und ständig wechselnden Formen hat Goedda von Anfang an geprägt. Die Kaskadierenden Feuer haben den größten Eindruck in Goedda hinterlassen. Sie waren für sie das Symbol für ihre Intelligenzwerdung und sie hat die Erinnerung an sie bis zu ihrem Tode behalten. Als Shabazza sie aus ihrem künstlichen Koma weckte, in das die Nonggo sie versetzten, da war ihre erste Erinnerung die an die Kaskadierenden Feuer. Es ist leicht nachzuvollziehen, daß die Ur-Erinnerung an den Funkenregen auch in ihren ureigensten Kindern, den Philosophen, weiterlebt."
Damit hatte Bré die Einleitung hinter sich gebracht und kam zum springenden Punkt. Bis hierher war alles nur die Wiederholung von bekannten Tatsachen gewesen, jetzt konnte sie zu den von ihr erarbeiteten Überlegungen kommen - zu der Idee, wie man sich der Kleinen Mütter elegant entledigen konnte.
„Es klingt alles so einfach und in sich logisch, daß man sich fragen muß, warum noch niemand auf die Idee gekommen ist, diese Ur-Erinnerung an die Kaskadierenden Feuer von Umam-Urra als Waffe gegen die Philosophen, die nunmehr zu Kleinen Mütter gewachsen sind, einzusetzen. Ich hatte die Lösung von Anfang an vor Augen, und doch hat es lange gedauert, bis ich sie greifen konnte. Vielleicht ist eine Art Betriebsblindheit schuld, daß man oft das Einfache übersieht. Oder aber man denkt generell in zu komplizierten Bahnen. Wie auch immer, ich sehe folgende Lösung."
Bré sammelte sich für das Finale. Jetzt kam es darauf an, daß sie ihren Lösungsvorschlag so einfach und
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