Tina und Tini 09 - Geisterstimmen im Park
Siegfried macht schlapp
„Spinnst du!“
„Tobbi — bist du wahnsinnig! Hör sofort auf damit!“
„Ich denke ja gar nicht daran — ist doch prima, so eine kleine Schaukelfahrt! Und he, und hopp, ahoiiiii ...“
„Nicht, Tobbi, bitte — meine Haare! Ich habe sie grade frisch gewaschen!“
„Nun hör sich das einer an! Die kleinen Mädchen haben Angst vorm Wasser! Und besonders unsere große Kapitänstochter! Sie fürchtet sich vorm Kentern!“
„Na warte, jetzt kommt die Rache! Dir werde ich’s zeigen! Meine beste Freundin zu beleidigen!“
Ehe Tobbi es sich versah, erhob sich seine Schwester Tina, so gut es in dem schwankenden Gummiboot möglich war, und stürzte sich auf ihren grinsenden Bruder. Der verlor das Gleichgewicht und plumpste wie ein Sandsack über Bord, so daß das Wasser hoch aufspritzte. Tini hatte alle Mühe, das kleine Boot vor dem Kentern zu bewahren, indem sie ihr Gewicht schnell auf die andere Seite verlagerte.
„Wo ist das Paddel? Los, schnell weg hier, ehe er wieder angreift!“ kommandierte Tina. „Zur Insel rüber!“
„Zur Insel rüber!“ äffte Tobbi sie nach, der triefend aus der Tiefe auftauchte und sich schüttelte, daß ein Tropfenregen auf die Mädchen niederging. „Ich will aber nicht zur Insel rüber! Ich will ans Ufer, ich habe Hunger! Na los, zieht mich! Mal sehen, was ihr könnt!“
Tobbi klammerte sich an den Rand des roten Gummibootes und zog mit aller Kraft in die andere Richtung.
„Fängt der schon wieder an! Tobbi“, flehte Tini, „nun hör schon auf! Ich habe keine Bademütze auf und meine Haare...“
„…sollen nicht wieder schmutzig werden von dem schönen sauberen Flußwasser, ich weiß“, neckte Tobbi sie. „Also seid schön brav und zieht mich ans Ufer.“
„Das ist Erpressung!“ murrte Tina. „Du kannst genausogut schwimmen!“
Sie zwinkerte Tini zu, gleichzeitig griffen die beiden Mädchen nach den Paddeln und schossen davon. Tobbi, der einen Augenblick den Rand des Bootes losgelassen hatte, um sich die nassen Haare aus den Augen zu streichen, schaute mit dummem Gesicht hinter den lachenden Mädchen her.
„Das werdet ihr bereuen!“ brüllte er drohend. „Wartet nur — gleich werdet ihr um Gnade wimmern!“
„Erst mußt du uns mal kriegen!“
„Ihr werdet schon sehen.“
Wie ein geölter Blitz kraulte Tobbi hinter dem feuerroten Boot her. Als er es fast erreicht hatte, tauchte er plötzlich und war verschwunden.
„Nanu? War da nicht eben was?“ meinte Tina kopfschüttelnd. „Ich dachte, ich hätte den weißen Hai gesehen!“
„Irrtum. Das war nur ein Walroß, das sich zur Ruhe begeben hat.“ Tini folgte Tobbi, der etwas abseits vom Boot wieder aufgetaucht war und nun in gleichmäßigen Zügen dem Ufer zuschwamm, spöttisch mit den Augen.
„He! Schon müde? Hast du aufgegeben?“ rief Tina zu ihrem Bruder hinüber.
Tobbi legte sich auf den Rücken und ließ sich von den leichten Wellen tragen. In der Hand hielt er einen kleinen Gegenstand, den er liebevoll betrachtete.
„Was hast du da?“
„Das werdet ihr gleich fühlen.“
„Wieso fühlen?“
Tini sah sich beunruhigt um.
„Sag mal, merkst du nichts? Das Boot benimmt sich so komisch! Wir sitzen immer tiefer — und die Seitenwülste werden immer kleiner. Ob wir irgendwo ein Leck haben?“
„Klar! Wir verlieren Luft! Du lieber Himmel — das hat man nun davon, wenn man ein Boot zweiter Wahl bekommt. Sicher ist die Klebestelle wieder aufgegangen! Hoffentlich kommen wir noch bis ans Ufer!“
„Sieht nicht so aus.“
„Hahaha“, kicherte Tobbi, der die beiden Mädchen umrundete wie ein hungriger Seehund. „Was kommt denn da für eine ulkige Badewanne?“
Das Gummiboot umhüllte die Mädchen bald nur noch wie eine Decke. Da half nur noch eins...
„Alle Mann über Bord!“ kommandierte Tini.
Platschend ließen sich die Mädchen ins Wasser rollen. Tina griff nach ihrem kostbaren Besitz, der bejammernswert verschrumpelt und klein auf den Wellen schaukelte und eher an einen abgeschossenen Luftballon erinnerte als an ein stolzes Schiff, und zog die Reste hinter sich her.
Schweigend schwammen alle drei zum Ufer zurück.
„Das war ein kurzes Vergnügen. Wer weiß, ob sich der Schaden noch einmal reparieren läßt“, seufzte Tina und ließ sich in den Sand fallen. Sie war dem Weinen nahe.
Tobbi sah das todunglückliche Gesicht seiner jüngeren Schwester und bekam Mitleid.
„Na komm, ich bringe dir dein gutes Stück wieder in Ordnung“, sagte er
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