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19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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meine Absichten ausgeführt worden wären. Aber ich schwöre zu Allah und dem Propheten, daß ich ganz gewiß alles nachholen werde, was versäumt worden ist!“
    Diese seine Drohung war nicht nur unschädlich für uns, sondern ein abermaliger Fehler, den er beging, denn wenn wir nicht schon entschlossen gewesen wären, uns möglichst sicherzustellen, so hätte nun sie uns zur Vorsicht mahnen müssen. Viel mehr als sie beschäftigte mich die Bemerkung, daß es El Ghani gelungen war, den Blinden von seiner Unschuld und infolgedessen von unserer Bosheit, von unsern schlechten Absichten zu überzeugen. Der Münedschi befand sich schon nach so kurzer Zeit wieder ganz unter dem Einfluß dieses Schurken, den er nicht nur für seinen Wohltäter, sondern überhaupt für den besten Menschen hielt.
    Halef hatte der letzten Ausführung des Scheiks mit wohlgefälligem Lächeln zugehört. Jetzt ergriff er das Wort und sagte zu ihm:
    „Es freut mich, daß du zur Einsicht gekommen bist und so aufrichtig deine Ohnmacht eingestehst. Wir könnten sie in einer Weise ausnützen, welche dich für alle Zeit an uns denken lassen würde; aber in unserer weithin bekannten und berühmten Güte haben wir den Beschluß gefaßt, mit euch so glimpflich zu verfahren, wie uns die Liebe gebietet, die wir zu allen Menschen und sogar zu unsern Feinden haben.“
    „Ich mag eure Liebe nicht!“ brauste Tawil Ben Schahid auf.
    „Du wirst sie nehmen müssen und ihr nicht widerstehen können, ganz gleichgültig, ob du willst oder nicht!“
    „Und daß ich meine Ohnmacht eingestanden habe, davon weiß ich nichts. Noch habe ich meine Krieger, die euch vielfach überlegen sind!“
    „Die fürchten wir nicht! Zunächst sind wir in der Überlegenheit und werden dafür sorgen, daß wir sie auch behalten.“
    „Ich verlange, augenblicklich freigelassen zu werden. Wenn ihr euch weigert, dies zu tun, so schicke ich diesen meinen Ben Khalid, den sie jetzt zu mir gesandt haben, mit dem Befehl zu ihnen zurück, sofort gegen euch zu den Waffen zu greifen!“
    „Versuche es doch, ihn fortzuschicken! Wenn er es wagen wollte, diesen Platz ohne unsere Erlaubnis zu verlassen, würden wir ihn durch eine Kugel für immer hier festhalten!“
    „Allah zerschmettere dich!“ zischte der Scheik, der ja doch wußte, wie recht der kleine Hadschi hatte.
    Dieser nahm keine Notiz von dieser Verwünschung und fuhr fort:
    „Ich werde dir jetzt sagen, was unsere Nachsicht und Milde über euch beschlossen hat. Khutab Agha, unser Freund, hat die Einbrecher in den Kanz el A'da von Meschhed Ali verfolgt, um sie zu ergreifen und nach der heiligen Stadt der Schiiten zu bringen, wo sie keine andere Strafe als nur diejenige des Todes erwarten würde. Nun aber hat er sich entschlossen, davon abzusehen. Er wird sie also nicht mitnehmen, sondern laufen lassen, wie man häßliches Gewürm laufen läßt, mit dem man sich nicht besudeln mag. Wir hatten über sie die Bastonade beschlossen, sehen aber auch hiervon ab, eben weil wir gar nicht weiter mit dem Schmutz, in welchem sie starren, in Berührung kommen wollen. Hast du alles gehört, was ich jetzt sagte?“
    „Sprich nur immer weiter!“ forderte ihn der Scheik auf. „Ich werde dir dann, wenn du fertig bist, sagen, was ich dir zu sagen habe.“
    „Schön! Ich gehorche dir, du mächtiger Gebieter dieses Lagers! Die Diebe sind also abgetan für uns; nun kommt die Reihe an dich. Auch dich werden wir freilassen. Bist du damit einverstanden?“
    „Weiter!“
    „Ist dir das noch nicht genug?“
    „Es ist nicht nur genug, sondern mehr als genug, nämlich der Arglist und Verschlagenheit, die euch ja schon von Anbeginn dieser ganzen Angelegenheit gekennzeichnet hat! Wie schön und wie ergreifend du von eurer Güte und eurer Milde doch zu sprechen weißt! Aber ich kenne den Abgrund der Verworfenheit, welcher hinter dieser angeblichen Nachsicht gähnt! Ihr seht von der Bestrafung der Diebe ab, weil ihr nur zu gut wißt, daß sie nicht gestohlen haben, sondern vollständig unschuldig sind. Erst wurde ihnen das Verzeichnis entwendet, und nun es euch gelungen ist, auch die Gegenstände selbst an euch zu raffen, wollt ihr mit ihnen verschwinden und euch mit der vorgegebenen Milde den Rückzug decken. So ist's, ihr Schurken; anders nicht!“
    Ein höhnisches Lachen folgte diesen Worten, die so viel Unverschämtheiten enthielten, daß Halef rasch zu mir sich wendete und mit zornblitzenden Augen fragte:
    „Sihdi, jetzt kann es doch keine Sünde

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