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19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Selbständigkeit. Deiner Stimme nach bist du der Scheik Hadschi Halef?“
    „Ja, der bin ich.“
    „Wo ist der Effendi aus dem Wadi Draha?“
    „Er steht hier neben mir.“
    „So muß ich ihm ein Wort sagen! Effendi, ich weiß, daß ich dich verkannt habe, und bitte dich um Verzeihung. Wirst du sie einem alten, blinden Manne versagen?“
    „Nein. Ich habe dir überhaupt nicht gezürnt“, antwortete ich. „Das kann ich dir durch die Mitteilung beweisen, daß wir uns entschlossen haben, dich mit uns nach Mekka zu nehmen.“
    „Ich danke euch für diese Güte, kann sie aber nicht annehmen.“
    „Warum?“
    „Weil ich bei dem Ghani, meinem Beschützer, bleibe.“
    „Bei diesem – – –“
    „Sag nichts weiter!“ unterbrach er mich. „Wenn du wüßtest, wie wehe du mir damit tust, würdest du ganz gewiß gern schweigen. Mein Herz hängt an ihm. Sei gut mit mir, und dränge nicht in mich, ihn zu verlassen!“
    „Du bist also überzeugt, dich ihm auch ferner anvertrauen zu dürfen?“
    „Vollständig! Wenn ihr mich mit Gewalt von ihm nehmen wolltet, müßte ich mich so nach ihm grämen, daß ich mein Unglück mehr als doppelt fühlen würde!“
    „Wenn du so sprichst, dürfen wir nicht weiter in dich dringen. Wann will er fort?“
    „Wenn die Kamele getrunken haben. Laßt uns nicht hungern; gebt uns Essen mit, und auch Tabak für mich!“
    „Das sollst du haben. Wir reiten hinter euch drein, und ich denke, daß wir uns sehr bald wiedersehen. Wehe dann ihm, wenn wir erfahren, daß er dich leiden läßt!“
    Während dieses Gespräches hatte der Ghani getan, als ob er sich gar nicht um uns bekümmerte. Jetzt drehte er sich nach uns um und rief uns mit einer Stimme, welche vor innerem Ingrimm heiser klang, zu:
    „Ich rufe auch ein Wehe über euch, schon jetzt! Ja, du hast recht; wir sehen uns wieder. Aber dann – – – dann – – – dann – – –“
    Er fletschte die Zähne und schüttelte drohend die Fäuste. Wir erwiderten hierauf nichts und entfernten uns. Er rief uns noch nach:
    „Drei Kamele kann ich bloß mitnehmen. Bezahlt mir die andern drei, ihr Hunde!“
    Abd el Idrak stand in der Nähe. Er hörte das, zuckte die Achsel und meinte:
    „Abu Kurban könnte ihm alle sechs nehmen, als Ersatz für die geraubten, die in El Kasab verkauft worden sind. Hört nicht mehr auf diesen Menschen!“
    Wir befolgten diesen Rat; doch als ich nach einiger Zeit sah, daß der Blinde von seinem ‚Beschützer‘ auf das Kamel gesetzt und dort festgebunden wurde, ging ich doch noch einmal zu ihm, um ihm für voraussichtlich kurze Zeit Lebewohl zu sagen. Tabak und Proviant hatte ich ihm vorher geschickt. Sie ritten miteinander und mit der Leiche auf dem dritten Kamel fort, ohne daß sich jemand um sie kümmerte, ausgenommen Halef, Hanneh, Kara und der Perser. Diese sahen ihnen noch nach, bis sie hinter dem nächsten Felsen verschwunden waren. Im stillen war mir um den Münedschi angst.
    Die Toten wurden in die Grube, und dann, als diese voll war, noch immer weiter übereinander gelegt, bis sie alle waren und sich die Einbuchtung des Felsens von ihnen fast gefüllt hatte. Obenauf kamen die wenigen Gefallenen der Beni Lam zu liegen. Dann wurde der ausgeworfene Sand auf sie geschüttet, bis er eine hinreichende Decke über ihnen und an der offenen Seite herunter bildete. Dadurch wurde der Riß im Gestein so vollständig geschlossen, daß niemand außer dem Eingeweihten wissen konnte, was er enthielt. Der Scheik hatte vorher die Gebete des Todes gesprochen, und jetzt befahl er, daß fünfzig Krieger dreimal schießen sollten, ganz so, wie wir es über das Grab der Soldaten getan hatten. Dieser militärische Brauch hatte ihm imponiert.
    Diese Bestattung hatte längere Zeit in Anspruch genommen, und dann gab es noch soviel zu verrichten, daß die Beni Lam gar nicht daran denken konnten, den Bir Hilu heute schon alle zu verlassen. Die Mehrzahl von ihnen mußte des Wassers wegen allerdings fort. Aus demselben Grund hatten sie den Heimweg in verschiedenen Abteilungen über verschiedene Brunnen zu nehmen, um nicht Mangel leiden zu müssen. Der Scheik blieb bis zuletzt da, und da es bis zu unserm nächsten Ziel, der Aïn Bahrid, eine ganze Tagesreise war und wir, auch schon der Spur des Ghani wegen, nicht des Nachts unterwegs sein wollten, so hatten wir uns entschlossen, diesen Weg erst morgen früh anzutreten.
    Aber es kam anders, als wir uns vorgenommen hatten.
    Da Abd el Idrak die Beschäftigungen seiner

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