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19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sondern nach und nach, um so deutlicher, je heller der Morgen wurde. „Das ist Petrus!“ sagte ich mir. Und es war so! Je mehr es tagte, desto bestimmter trat seine Ähnlichkeit mit diesem Jünger, wie er auf dem bekannten Abendmahlbild von Leonardo da Vinci zu sehen ist, hervor. Ich hätte es ihm am liebsten sagen mögen, aber ich durfte dieses Bild ja gar nicht kennen!
    Welch ein anderes, geradezu fürchterliches Gesicht war dagegen jetzt dasjenige des Ghani! Der ‚Liebling des Großscherif‘! Er sah nichts weniger als wie ein Liebling aus. Seine aufgedunsene Physiognomie wirkte mehr als abstoßend; seine Augen waren mit Blut unterlaufen, seine Lippen blau. Er bot einen mehr tierischen als menschlichen Anblick dar. Sein Gewand war mit Blut getränkt. Und die Leiche auf seinem Rücken – es war schrecklich!
    Halef betrachtete ihn auch. Er sah es, und da brach er nach so langem Schweigen brüllend los:
    „Hund, schau nicht her! Euch, euch habe ich dieses Elend zu verdanken, nur euch, euch allein! Ich verfluche euch, verfluche euch beim Himmel und der Hölle! Seid alle, alle verflucht, und – – –“
    Doch still! Denn was nun noch folgte, kann unmöglich wiedergegeben werden. Als Halef annahm, daß er sich ausgetobt hatte, sagte er ihm:
    „Schieb ja die Schuld nicht auf uns; du trägst sie ganz allein, wie du die Leiche deines Sohnes trägst. Der Effendi hat dir vorher gesagt, daß dein Gelächter sehr bald enden und sich in das Gegenteil verkehren wird. Nun ist es so eingetroffen. Die Last, welche auf dir liegt, hast du dir –“
    Weiter konnte er nicht sprechen, denn er wurde von einem neuen Ausbruch des Ghani unterbrochen. Ich bat ihn, doch lieber zu schweigen, und er gab mir recht. Wir ließen diesen Auswurf den Beni Lam über und nahmen uns des Münedschi an, welcher von dem immerwährenden Hin- und Herreiten so geschwächt war, daß er gar nicht mehr recht zu sich kam. Wir richteten ihm den Sitz im Sattel so bequem wie möglich her, banden ihn fest und ließen ihn dann, als wir aufgebrochen waren, zwischen uns reiten.
    Es ging zu der schon öfters erwähnten Enge hinaus und nach der Stelle, wo sich die Kamele der Beni Lam befanden, hierauf setzte sich der Scheik derselben an die Spitze und führte den Zug hinaus auf die offene Sandwüste, wo wir nach der von uns schon zweimal gerittenen Linie einlenkten. Später ging es über den Serir, die Wüste des glatten Steines, bis wir die Wüste der Felseninseln durchritten, in welcher der Bir Hilu lag.
    Noch ehe wir diesen ganz erreicht hatten, trafen wir auf einen ausgestellten Beni-Lam-Posten, welcher seinem Scheik meldete, daß sich nichts Neues ereignet habe und die Grube bereit zur Aufnahme der Leichen sei. Was für eine Grube und was für Leichen gemeint seien, das sahen wir zu unserem Grausen, als wir den Platz erreichten, auf welchem der Zweikampf zwischen uns und den Beni Khalid stattgefunden hatte.
    Dieser Platz war von über dreihundert Beni Lam belebt, von denen, wie wir sahen, eine ziemliche Anzahl verwundet war. Sie empfingen uns still, was wohl eine Folge der Tätigkeit war, welche sie hier zu verrichten gehabt hatten. Nämlich der Felsen, welcher den Platz im Norden begrenzte, derselbe, den wir mit dem Münedschi erstiegen hatten, besaß eine nicht sehr breite, aber tief einschneidende Bucht, welche von dem Wind fast bis oben mit den leichtesten Teilen des Sandes, also mit Flugsand, vollgeweht worden war. Das hatten wir früher wohl gesehen, aber nicht zu beachten gehabt. Dieser Sand nun war herausgeschafft und vor dem Felsen für einstweilen aufgehäuft worden. Man hatte auch noch den Boden möglichst tief ausgeworfen, so daß eine ganz bedeutende Grube entstanden war, welche an drei Seiten von den aufragenden Felswänden eingeschlossen wurde. Vor dieser Spalte, dieser Grube lagen die aus dem ganzen Umkreise, soweit der Kampf gewütet hatte, zusammengetragenen Leichen der Gefallenen. Die erschreckend große Zahl dieser Toten bewies, daß das Wort ‚gewütet‘ keine Übertreibung war. Nun erst erfuhren wir, wie es sich zugetragen hatte.
    Als wir, vom Süden zurückkehrend, um dem Perser nachzureiten und ihn zu retten, am Brunnen vorübergewesen waren, hatten die Beni Lam den Platz besetzt und, hinter den Felsen Stellung nehmend, auf die Beni Khalid gewartet. Diese waren zwar ziemlich vorsichtig herangekommen, weil es doch in der Möglichkeit gelegen hatte, daß wir hiergeblieben waren, doch daß auch andere Feinde, und zwar in solcher

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