Frohes Fest!
Ardath Mavhar
Das Weihnachtsmann-Komplott
Eines möchte ich gleich von vornherein klarstellen: ich selbst bin kein Elf. Ich sehe vielleicht wie einer aus, höre mich wie einer an, bin handwerklich genauso geschickt wie einer, aber ich bin auf jeden Fall ein Mensch. Darum sollte ich den Fall auch übernehmen.
Seit einer halben Ewigkeit war es dem Weihnachtsmann in seinen verschiedenen Kostümen gelungen, an Weihnachten die Kinder der ganzen Welt glücklich zu machen. Selbst als die Religion abgewirtschaftet hatte, galt ein Glaubensgrundsatz als unumstößlich, und das war das Vertrauen in den Weihnachtsmann. Selbst der skeptische Amerikaner schien da völlig überzeugt zu sein.
Daher versetzte das Ultimatum, als es bei der UNO eintraf, allen einen solchen Schock.
Mein Boß war Leiter der Abteilung für … – nun, lassen wir das. Es geht einiges hinter den Kulissen der Welt vor, worüber man besser die Klappe hält, und wir mischen dabei kräftig mit. Wie dem auch sei, er rief mich zu sich, sobald ihn der Generalsekretär über die Forderungen der Terroristen unterrichtet hatte, und mir fiel die Sache dann förmlich in den Schoß.
»Lars, die Elfen am Nordpol rücken nichts heraus, bis wir ihnen nicht folgende Zugeständnisse gemacht haben: freien Zugang zu allen Medien, die Exklusiv-Rechte an allen Filmen, die aus der Affäre Nutzen ziehen, außerdem 40 Milliarden Kredits, damit sie einen Film produzieren können, der die Lage schildert, die sie hervorgerufen haben. Das können wir natürlich nicht akzeptieren, aber sämtliche Kinder der zivilisierten Welt – ganz zu schweigen von ihren Eltern – im Nacken sitzen zu haben, könnte weitaus schlimmer sein.«
»Welche Lage haben sie denn hervorgerufen?« fragte ich. Auch wenn sie den alten Graubart tatsächlich hinter Schloß und Riegel hielten, zusammen mit all dem Spielzeug und den Spielen, die sie dieses Jahr schon hergestellt hatten: Wie konnte das eine solch unglaubliche Forderung rechtfertigen? Es wäre ein leichtes, die zivilen Spielzeugfabriken bis an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit zu fahren und damit die Versorgung zu sichern; die Kinder würden den kleinen Schwindel kaum bemerken. Zudem hatten wir erst August.
»Die Sache ist viel schlimmer.« Nadramadias schmales, olivfarbenes Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. »Sie drohen damit, den alten Knaben umzulegen. Die Welt kann den Tod des Weihnachtsmanns nicht hinnehmen, Lars. Das weißt du genauso gut wie ich. Internationale Beziehungen gingen in die Brüche. Der Welthandel ginge den Weg der Saurier. Die Gelder für unsere Jobs wären von heute auf morgen gestrichen, und selbst die UNO würde unter Umständen nicht überleben.«
Darüber dachte ich eine Minute lang nach. Seitdem alle Staaten der Erde das Abkommen unterzeichnet hatten, das der UNO allerhöchste Autorität über nationale Beziehungen und politische Angelegenheiten sicherte, hatten die kleinen örtlichen Regierungen und Armeen kaum noch Einfluß. Wir kümmern uns um die großen Sachen, sie um die kleinen bei sich zu Hause. Ohne uns – der Gedanke ließ mich schaudern. Wie leicht könnten wir in jene lausigen alten Zeiten der nuklearen Auseinandersetzungen und der Mann-Zu-Mann-Kämpfe außerhalb der Morituri-Arenen zurückfallen.
»Der einzige Grund, weshalb es noch keine allgemeine Panik gegeben hat«, fuhr Nadramadia fort, »ist der, daß uns die Elfen einen Ausweg gelassen haben. Sie fordern, daß das Reich des Weihnachtsmanns gründlich unter die Lupe genommen wird. Sie bestehen auf einer geheimen Untersuchung, die einige dunkle und schreckliche Wahrheiten ans Tageslicht bringen soll und die Welt in ihren Grundfesten erschüttern wird.«
Das klang verdächtig nach typischer Elfen-Hysterie, aber ich nickte bloß unverbindlich. Mich schauderte schon jetzt bei dem Gedanken an die reichlich kühlen Örtlichkeiten, denen man mich aussetzen würde, und die nicht gerade zu meinen Lieblingsplätzen zählten.
»Ich und du wissen, daß du mein einzig verfügbarer Agent bist, der diese Elfen unterwandern und eine verdeckte Untersuchung durchführen kann. Wir müssen wissen, was Sache ist, bevor wir uns, so oder so, wegen Unterstützung an die UNO wenden. Die Wahrheit, sofern sie uns nutzt, kommt mit Sicherheit ans Tageslicht. Und wenn nicht, erzähl’ ihnen einen vom Pferd, damit wir aus dem Schneider sind.
Natürlich wirst du mir über Satellit alle 48 Stunden Bericht erstatten. Du brauchst übrigens keinem anderen
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