19 - Am Jenseits
mir beliebt?“
„Nein.“
„So widersprichst du doch dir selbst! Du gibst sie in meine Hände und erlaubst mir doch nicht, mit ihnen nach meinem Gefallen zu verfahren.“
„Ich bitte dich, mich richtig zu verstehen! Indem ich, der hier zu bestimmen hat, sie dir übergebe, entscheide ich die Schuldfrage zu deinen Gunsten. Du warst gefangen und bist frei; sie waren frei und sind nun gefangen. Daran würden tausend oder selbst zehntausend Beni Khalid nichts ändern können. Sie sind dir zugesprochen worden; aber über ihre Bestrafung hast nicht du allein, sondern haben auch wir mit zu bestimmen, weil du dich mit ihnen im Bereiche der Haddedihn befindest und weil wir in Beziehung auf sie mit dem Scheik der Beni Khalid Verpflichtungen eingegangen sind, die wir erfüllen müssen, weil man ein einmal gegebenes Wort selbst seinem ärgsten Feind zu halten hat. Du sagtest heut am Tage, daß du die Absicht habest, die Mekkaner, falls du sie ereiltest, nach Meschhed Ali zu schaffen, wo man sie, wie mit Gewißheit vorauszusehen ist, am Leben strafen würde. Wir aber haben mit Tawil Ben Schahid das Übereinkommen getroffen, daß um sie gekämpft werden solle, und dabei versprochen, daß ihnen, falls wir siegen, an Leib und Leben nichts geschehen soll. Um dieses unser Versprechen mit deinen Absichten in Einklang zu bringen, werden wir eine Beratung abhalten, an welcher drei Personen teilzunehmen haben.“
„Wer sind diese drei?“
„Das bin zunächst ich, denn ich habe ja – – –“
„Kutub, kutub!“ fiel ich ihm da in die Rede.
Er mußte sich doch einen Augenblick besinnen, was ich mit diesem Zuruf meinte; dann verbesserte er sich, indem er mir lachend antwortete:
„Verzeih, Sihdi; du hast recht, weil ich wieder mich zuerst genannt habe! Also die drei sind folgende Personen: Zuerst unser Effendi, dem ich durch diese Ernennung zum Schiedsrichter meinen Dank dafür abstatte, daß er meine Herrschaft vorhin anerkannte. Sodann du, o Khutab Agha, als Oberaufseher des Schatzes, welcher bestohlen worden ist. Und zuletzt – hörst du, Sihdi, zuletzt; ich komme zuletzt! – zu allerletzt ich, als Scheik der Haddedihn, in deren Machtbereich ihr alle euch befindet. Also wir drei werden beraten, was geschehen soll, und was wir beschließen, das wird dann ausgeführt; kein Mensch soll uns daran hindern!“
Da widersprach El Ghani zornig:
„Ihr habt nichts, gar nichts zu beraten und zu bestimmen! Die Sachen gehören mir, wie das mir gestohlene Verzeichnis beweist. Bedenkt, welche Macht ich in Mekka besitze, und – – –“
„Sei still!“ unterbrach ihn der Scheik der Beni Khalid. „Wer und was du in Mekka bist, das ist diesen Haddedihn hier doch sehr gleichgültig, und deine Drohungen sind also ganz unnütz. Ich aber kann ganz anders sprechen, weil das, was ich sage, Grund und Nachdruck hat. Ich bin zwar unvorsichtig gewesen, als ich vorhin die zwei Boten fortwies, denn meine Krieger werden nun bis früh warten; dann aber kommen sie gewiß, und dann wird es sich ja zeigen, ob ein Haddedihn es mit zwanzig von ihnen aufnimmt. Außerdem haben wir die Soldaten fest, welche uns als Geiseln dienen. Wird nur einem einzigen von uns ein Haar gekrümmt, so werden sie alle erschossen. Das werden die drei mächtigen und berühmten Männer, welche es wagen wollen, über uns zu Gericht zu sitzen, wohl bedenken müssen. Der Beschluß, den sie treffen werden, kann uns also gar nicht bange machen! Außerdem ist abgemacht worden, daß nicht nur um diese Soldaten, sondern auch um euch gekämpft werden soll. Es kann euch also vor Austrag dieses Zweikampfes nichts geschehen, und da es gar keinem Zweifel unterliegt, daß wir Beni Khalid siegen werden, so ist es für mich schon jetzt gewiß, daß ihr ebenso wie ich dann freigelassen werden müßt!“
Da fiel Halef spöttisch ein:
„Dein Scharfsinn ist unendlich groß. Er reicht von hier bis zum Himmel hinauf; aber weil er seinen Kopf so hoch da oben hat, kann er nicht sehen, daß diese Angelegenheit sich hier unten inzwischen ganz anders gestaltet hat! Zunächst hat kein Mensch gesagt, daß auch um dich gekämpft werden soll; du bleibst also unser Gefangener, wie immer das Ergebnis ausfallen wird. Sodann wurde unsere Vereinbarung getroffen, als die Mekkaner sich noch in deinem Schutz befanden; sie sind jetzt in unserer Gewalt, und so hat also unser Abkommen, soweit es sich auf sie bezieht, keine Geltung mehr. Oder hältst du uns wirklich für so dumm, um den Besitz von
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