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19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Verzeichnis entwendet, um dadurch in den Besitz der Gegenstände zu kommen. Beide befinden sich hier im Bereich der Haddedihn, welche also über diesen Fall zu entscheiden haben. Hadschi Halef Omar, der Scheik dieses Stammes, hat folglich die Pflicht, auf alles, was sich in dem Teppich befindet, Beschlag zu legen, bis das Urteil gesprochen worden ist. Das ist die richtige Ansicht über diese Angelegenheit, und sie gilt; die deinige aber ist falsch und gilt also nicht.“
    Er hatte wohl einen Widerspruch erwartet, aber einen so klaren und bestimmten nicht. Er mußte sich sagen, daß er gegen diese meine Worte unmöglich etwas Kluges und Überzeugendes vorbringen könne, und darum an die wenigstens jetzt einzige Art und Weise denken, uns das Objekt des Streites zu entziehen. Daß er dies tat, sah ich ihm an: Er warf einen langen, lauernden Blick in mein Gesicht und zog den Fuß zum schnellen Sprunge an den Leib. Zugleich bemerkte ich, daß ich nicht der einzige war, der dies beobachtete. Kara, der Sohn unsers Halef, stand von seinem Platz auf und tat so, als ob er bei einem naheliegenden Kamel etwas zu tun habe. Dabei ging ein bezeichnendes, listiges Lächeln über sein hübsches, jugendliches Gesicht. Grad dieser seiner Jugend wegen wurde er von dem Scheik der Beni Khalid für ungefährlich gehalten. Dieser tat einen raschen Griff nach dem Paket und sprang auf, um fortzueilen und im Dunkel der Nacht zu verschwinden. Da aber holte Kara aus, machte einen weiten Satz durch die Luft und sprang ihn von hinten in der Weise an, daß der Fliehende nach vorn in den Sand stürzte. Er wollte sofort wieder auf, konnte aber nicht, denn Kara lag auf ihm und hielt mit beiden Händen seinen Hals fest umklammert. Ganz selbstverständlich warfen sich nun mehrere Haddedihn auf Tawil und sorgten dafür, daß er an Händen und Füßen so gebunden wurde, daß er sie nicht bewegen konnte.
    Halef war auch aufgesprungen, um den blitzschnellen Vorgang zu beobachten. Sein Gesicht strahlte vor Freude, als er mir nun die Worte zuwarf:
    „Sihdi, hast du es gesehen, alles ganz genau gesehen?“
    „Jawohl“, antwortete ich.
    „Hat er es gut gemacht?“
    „Ausgezeichnet!“
    „Ja, ausgezeichnet! Schade, wirklich jammerschade, daß Hanneh, die vortrefflichste und berühmteste aller Mütter und Frauen, so weit von hier entfernt ist, daß sie es nicht auch sehen konnte! Was soll nun mit diesem Scheik der Beni Khalid werden?“
    „Tue mit ihm, was du willst!“
    „Du übergibst ihn also mir?“
    „Ja.“
    „Gut! Sei überzeugt, daß ich ganz in deinem Sinne handeln werde.“
    „Wenn du das tust, so übergebe ich dir noch mehr.“
    „Was?“
    „Das Paket und hier die Mekkaner dazu.“
    „Wirklich?“
    „Ja.“
    „Ich danke dir! Vor allem danke ich dir dafür, daß du mich dadurch in den Stand setzt, als Scheik der Haddedihn handeln zu können, ohne jemanden um Erlaubnis fragen zu müssen. Du wirst sofort hören, was für weise und praktische Bestimmungen ich treffen werde!“
    Er trat in würdevoller Haltung zu Tawil Ben Schahid hin und sagte:
    „Jetzt haben wir dir bewiesen, wer nun hier zu bestimmen hat, ich oder du, mein Stamm oder der deinige. Ich habe dich schon einmal mit der Peitsche darüber belehrt, daß die Haddedihn vom großen Stamme der Schammar gar wohl wissen, wer sie sind und was sie leisten; du aber hast es dir nicht gemerkt und darum diese Wiederholung meines Unterrichtes erhalten. Wir sind überall, wohin wir kommen, die Gebieter, also auch hier. Wir werden tun, was uns gefällt, selbst wenn du zehntausend oder noch mehr Krieger bei dir hättest. Du hast zwar einen Vertrag mit uns abgeschlossen, den wir bisher gehalten haben und auch ferner halten wollten; aber glaubst du denn, daß ich dir getraut habe? Von dem Augenblick an, da meine Peitsche dich überzeugte, daß Hanneh der huldreichste Inbegriff aller Lieblichkeit, Anmut und irdischen Schönheit ist, mußte in deinem Herzen die Rache gegen uns gären, und wenn du das auch zu verbergen suchtest, so konntest du doch mich nicht täuschen.“
    „Schweig!“ herrschte ihn der Gefangene an. „Ich hätte unsern Vertrag gehalten!“
    „Du hast ihn doch schon dadurch gebrochen, daß du uns um das Paket betrügen wolltest!“
    „Das ist in unserem Übereinkommen nicht mit genannt worden!“
    „Gut, so will ich annehmen, daß du unsere Bedingungen erfüllt hättest! Von dem Moment an aber, an welchem wir uns von euch getrennt hätten, wärst du uns gefolgt, um dich zu

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