Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Dies wäre nicht nötig, wenn es uns gelänge, sie jetzt während der Nacht den Beni Khalid durch List zu entführen. Bist du nicht auch dieser Meinung?“
    „Ich gebe dir recht. Ja, ich gestehe sogar, daß ich auch schon daran gedacht habe. Es gibt zwar eine sehr leichte Art und Weise, sie loszumachen, nämlich indem wir sie gegen den Häuptling umtauschen, worauf die Beni Khalid ja gezwungen wären, einzugehen; aber da er schon einmal umgetauscht worden ist, so kommt mir diese Manipulation keineswegs sehr geistreich vor, und ich – – –“
    Da fiel er mir rasch in die Rede:
    „Geistreich, geistreich! Ja, das ist das richtige Wort, Sihdi. Wir wollen und wir müssen geistreich sein, und ich sage dir, daß wir es gar nicht zu sein brauchen, weil Hanneh, die pfiffigste aller irdischen Pfiffigkeiten, schon geistreich für uns gewesen ist. Wir haben es gar nicht nötig, unsere hehren Seelenkräfte anzustrengen, weil diese doch immerhin belästigende Arbeit uns von dem herrlichsten Gegenstande meiner Liebe und Verehrung, welcher Hanneh heißt, abgenommen worden ist. Ich ging vorhin zu ihr, um ihr den Bericht zu erstatten, den ich als der Mann ihres Herzens ihr schuldig bin. So erfuhr sie, daß wir die Soldaten noch nicht freigemacht haben und also um sie kämpfen müssen. Sie ist mutig, tapfer, kühn und verwegen, sowohl im Frieden wie auch im Streit; sie weiß, daß wir uns nicht besiegen lassen würden, und hat also nicht eine Spur von Sorge oder gar Angst um uns; aber als kluge Frau ist sie doch der ganz richtigen Ansicht, daß man, wenn man die Wahl besitzt, ganz denselben Erfolg durch List oder durch Gewalt zu erreichen, der List den Vorzug geben soll. Und kaum hatte sie diesen Gedanken ausgesprochen, so war auch schon der Plan zur Ausführung in ihrem lieben Köpfchen fertig. Du wirst staunen, staunen, wenn du ihn erfährst!“
    „Hoffentlich teilst du ihn mir noch im Verlaufe dieses Jahrhunderts mit?“
    „Spotte nicht! Bist du nicht gespannt darauf?“
    „Sehr!“
    „Ich war es auch, außerordentlich sogar! Und ich sage dir: Als sie ihn mir klargelegt hatte, wußte ich, daß ein solcher Entwurf nur aus einem weiblichen Kopf kommen könne, und zwar aus dem weiblichen Kopf meiner Hanneh, deren Scharfsinn über alle andern Scharfsinnigkeiten hoch erhaben ist!“
    „So bitte ich dich, mich an deinem Entzücken doch baldigst teilnehmen zu lassen!“
    „Das sollst du auch, Effendi. Gestatte mir nur erst die Frage: Vor wem sind die Beni Khalid vorhin ausgerissen?“
    „Vor dem Münedschi, weil sie ihn für ein Gespenst hielten.“
    „Wie nun, wenn ihnen dieser Geist jetzt wieder erschiene, ganz plötzlich erschiene?“
    „Hm!“
    „Du Hmst dazu? Ich dachte, du würdest ganz entzückt davon sein!“
    „Ist dies der Gedanke deiner Hanneh?“
    „Ja. Wie findest du ihn?“
    „Hm!“
    „Hmse nicht, sondern sage es offen!“
    „Er ist echt weiblich.“
    „Nicht wahr? Echt weiblich! Großartig ausgedacht und ungemein praktisch. Der Erfolg kann gar nicht ausbleiben; sie reißen alle, alle aus!“
    „Meinst du das wirklich?“
    „Bloß meinen? Ich bin überzeugt, vollständig überzeugt davon. Also du stimmst bei. Es wird gemacht!“
    „Langsam, langsam, lieber Halef! Wer hat gesagt, daß ich beistimme? Ich nicht!“
    „Du hast das Gegenteil nicht getan und also beigestimmt. Wir werden darum den köstlichen Gedanken meiner Hanneh sofort zur Ausführung bringen!“
    Schon hob er den Fuß, um fortzugehen; da hielt ich ihn fest und sagte:
    „Nicht so schnell, Halef! Erlaube, daß ich deine Begeisterung ein wenig abkühle! Wie nun, wenn die Beni Khalid nicht ausreißen?“
    „Sie reißen aus!“ behauptete er. „Hanneh hat es gesagt, und folglich tun sie es! Ich weiß zwar, daß du ein vollständig nüchterner Mensch bist, aber so viel Phantasie besitzest du doch wohl, dir ausmalen zu können, welcher Schreck sie erfaßt, wenn der Geist plötzlich abermals bei ihnen erscheint, und zwar mitten unter ihnen und mit brennenden Fackeln in den Händen!“
    „Mit Fackeln?“
    „Ja, mit Fackeln, aus Lef und Katran (Palmfaser und Teer) gefertigt. Du weißt doch, daß wir welche mitgenommen haben, um unterwegs, wenn es nötig werden sollte, das Lager hell zu erleuchten!“
    „Das weiß ich wohl! Also mit Fackeln soll er erscheinen, und ausreißen werden sie? Wenn sie nun da die Soldaten mitnehmen.“
    „Mitnehmen? Fällt ihnen gar nicht ein! Ihr Schreck wird so groß sein, daß sie augenblicklich fortrennen,

Weitere Kostenlose Bücher