1900 - Thoregon
zuständigen Technikern schuf sie eine Möglichkeit, wie sie mit einer einzigen Schaltung die Quelle leeren konnte.
Reihradd schickte die Techniker fort. Dann kehrte sie in die Zentrale zurück. Sie und Hromoren waren nun die letzten an Bord.
Er stellte keine Fragen, er argumentierte nicht, sondern er verließ das Kollagen ebenso wie alle anderen.
Was zu tun war, mußte Reihradd tun; sie hatte ohnehin das Ende ihres Lebens erreicht.
Zwischendurch verhandelte sie mit Cairol: „... sind wir selbstverständlich bereit, uns den Forderungen der Ritter der Tiefe zu unterwerfen ..."
Es war nur dummes Gerede, denn es kam nicht darauf an, was sie sagte. Ihre Worte würden keinen Bestand mehr haben.
Reihradd betätigte die Schaltung. Die Quelle der Kraft begann, sich zu entleeren.
Wenn alles funktionierte wie errechnet, sollte der Prozeß in zwei Minuten seinen Höhepunkt erreicht haben. Exakt in dem Augenblick mußte sie dafür sorgen, daß der Abfluß etwas länger geöffnet blieb als normal. Zwei bis drei Sekunden sollten reichen.
Bis dahin ...
Da fiel ihr ein, daß sie etwas Wichtiges vergessen hatte. Temperou! Sie hatte nicht daran gedacht, das Gewissen zu evakuieren. „... wäre es durchaus denkbar, eine völlig neue Generation von Vernichtungswaffen für die Ritter der Tiefe zu konstruieren ..." Reihradd plapperte vor sich hin. Dazu mußte sie nicht überlegen, sie machte einfach leere Versprechungen.
Sämtliche Meßinstrumente im Kollagen zeigten kritische Werte. Das Transmittersystem war zu diesem Zeitpunkt bereits unbrauchbar. Mit anderen Worten, sie konnte Temperou nicht mehr in Sicherheit bringen, jedenfalls nicht auf dem üblichen Weg.
Es gäbe da noch einen Weg, raunte Temperou in ihrem Kopf. Der Fiktivtransmitter könnte funktionieren.
Reihradd fuhr herum. Zum ersten Mal war sie froh, daß ihre Seele in einem Makrokörper steckte. Der Fiktivtransmitter lagerte in einem gesicherten Hangar, nicht sehr weit von der Zentrale entfernt. Sie ließ den Makrokörper mit der höchsten möglichen Kraftentfaltung rennen, mit einem Tempo von annähernd zweihundert Kilometern pro Stunde.
Die ganze Zeit verhandelte sie mit Cairol.
Der Fiktivtransmitter stand in einem Regal, verpackt in eine metallene Kiste. Reihradd riß die Kiste auf. Das Gerät war ein High-Tech-Transmitter, mit dem man Lasten oder Körper durch den Hyperraum schicken konnte, allerdings ohne einen Empfänger zu benötigen. Es war dasselbe, was ein Teleporter-Mutant vollbrachte, nur auf technischem Weg. Sie hatten den Fiktivtransmitter vor langer Zeit an eine unbekannte Superintelligenz geliefert, und sie hatten nur dieses eine Exemplar zurückbehalten.
Reihradd programmierte das Gerät.
Dann öffnete sie ihren Makrokörper am Hals. Sie nahm die Lade heraus, die das Gewissen enthielt, und legte eine kurz gehaltene Botschaft dazu: Sobald man die Lade gefunden hatte, war sie an ihren designierten Nachfolger Hromoren zu übergeben.
Zwei Minuten. Ende.
Reihradd schickte die Lade und die Botschaft mit dem Fiktivtransmitter fort. Ob sie das Zielkollagen erreichten, konnte sie nicht sagen.
Im selben Moment hörte sie zu reden auf. Die Quelle der Kraft entleerte sich mit einem einzigen, vernichtenden Schlag. Die Energie floß in ein Kontinuum ab, von dem die Hochtechnikerin keine präzise Vorstellung hatte. Ein ungeheurer Sog entstand. Und dann, als nichts mehr übrig war, blieb die Lücke wie errechnet offen. Dies war der entscheidende Augenblick.
Für einen Zeitraum von drei Sekunden verwandelte sich das Raumschiff in ein supermassives Black Hole. Alles, was sich in weitem Umkreis befand, wurde durch das Loch gesogen.
Cairol und seine Flotte konnten nichts mehr unternehmen. Die blaue Walze und die Schlachtschiffe hörten im selben Augenblick zu existieren auf.
Nur die Kollagene der Baolin-Nda befanden sich in ausreichender Entfernung. Deshalb entgingen sie der Vernichtung.
Die Hochtechnikerin fand sich in einem allgegenwärtigen, mahlenden Strom wieder. Sie begriff, daß sie tot war. Nur ihre mentalen Fesselkräfte hielten das Bewußtsein zusammen.
Sie bedauerte noch, daß sie Shaogen nun nicht mehr sehen würde, dann riß eine Woge ihren Geist auseinander und verstreute sie über das Universum.
9.
Terraner (5)
„Wie lautet dein Name?" fragte die Stimme. „Mein Name ist Prowl Eden. Ich bin eine Kindererzieherin. Ich arbeitete in einem Kindergarten in Terrania."
„Bist du glücklich, Prowl?"
„Wie könnte ich das? Sieh
Weitere Kostenlose Bücher