1900 - Thoregon
der Baolin-Techniker tauchte ein fremdes Schiff auf, das erste seit einer sehr langen Zeit. Es war nicht die blaue Walze des Roboters Cairol, auch nicht ein anderer Helfer des Ritterordens. Statt dessen hatten sie ein Schiff in der Ortung, dessen Umrisse und Form sich nicht eindeutig bestimmen ließen.
Temperou erklärte Reihradd, daß er ein solches Objekt schon einmal gesehen hatte.
*
Eine strahlende silberne Kugel drang durch die Wandung ins Freie, so als könne Materie ihren Weg nicht behindern.
Reihradd fielen die alten Berichte ein. Sie war sicher, daß es sich um einen Helioten handelte, so wie von Autrach damals beschrieben. Temperou bestätigte die Vermutung.
Kam der Heliote von damals nun zurück, um einen Preis zu fordern? Wenn es so war, mußten die Helioten ein unsterbliches oder extrem langlebiges Volk sein.
„Ich bin die Hochtechnikerin der Baolin-Nda", stellte sie sich vor. „Ich begrüße dich in meiner Heimat. Aus welchem Grund bist du gekommen?"
Sie sprach nicht ohne Argwohn, und sie nahm sich vor, dem fremdartigen Wesen mit Zurückhaltung zu begegnen.
In ihrem Kopf antwortete eine Stimme: „Ich komme im Auftrag des Rates von Thoregon."
Der Heliote verfügte über telepathische Fähigkeiten. Jedenfalls besaß das fremde Wesen Zugang zu ihren Gedanken. Sie spürte, daß sie es mit einem makellosen Charakter zu tun hatte, aber sie wußte nicht, ob dieser Gedanke ihr aufgezwungen wurde oder ob es ihr eigener war. „Vor langer Zeit war ich schon einmal hier", fuhr die silberne Kugel fort. „Ich habe euch etwas geschenkt. Heute komme ich, um danach zu fragen. Wurden meine Informationen an die Baolin-Nda weitergegeben?"
„Das wurden sie", hörte Reihradd sich antworten. Sie besaß keinen eigenen Willen mehr.
Ihr Mißtrauen konnte sie nicht mehr aufrechterhalten. Eine innere Stimme sagte Reihradd, daß sie nicht offen reden durfte, doch sie hörte nicht darauf. „Wir haben uns entsprechend verändert. Zu den Kosmokraten besitzen wir keinen Kontakt mehr. Die Baolin-Nda produzieren keine Technik mehr für sie."
„Ja... Wir wußten das natürlich, aber wir wußten nicht sicher über eure Motive Bescheid.
Ich freue mich, das von dir zu hören. - Und wir Helioten wissen noch mehr. Wir verfügen über die Information, daß die Baolin-Nda ihre Heimat verlassen wollen."
„Das ist richtig."
„Wohin werdet ihr euch wenden?"
„Wir wissen es noch nicht. Die Frage des Standortes ist ungelöst."
Der Heliote schwieg eine Weile. Reihradd sah ebenfalls keinen Grund, sich zu äußern. Sie begann die Nähe des fremden Wesens zu genießen. Ein solches Gefühl von Wärme, von makelloser Gutartigkeit hatte sie niemals vorher verspürt.
Dann fuhr der Heliote fort: „Ich muß leider sagen, daß wir mit eurem Verhalten sehr unzufrieden sind."
Seine Worte ließen das Wohlgefühl platzen wie eine Seifenblase. Reihradd erlebte sie wie einen heftigen Schlag. „Ihr Baolin-Nda habt euch viele Jahrzehntausende von den Kosmokraten mißbrauchen lassen. Ihr habt Technik geschaffen, die zur Massenvernichtung gebraucht wurde. Ihr habt Geräte gebaut, mit denen das Gleichgewicht der Kräfte im Kosmos verschoben werden sollte. Ihr tragt Verantwortung."
Reihradd wollte etwas erwidern. Aber sie konnte sich nicht wehren. Der Heliote hatte ja recht. „Diese Schuld müßt ihr abtragen. Das kann nicht geschehen, indem ihr vor den Realitäten flieht."
„Ach ja?" brach es aus ihr hervor. „Welche Vorstellung haben denn die Helioten?"
Das silberne Wesen antwortete: „Wir wollen, daß ihr weiterhin technische Kunstwerke erschafft. Diesmal soll von den Baolin-Technikern jedoch keine Vernichtung und kein Unrecht ausgehen. Diesmal sollen eure Produkte dem Frieden dienen."
„Dem Frieden..."
'Reihradd ließ die letzten Sätze des Helioten in sich verhallen. „Die Baolin-Nda sind keine Politiker", erklärte sie dann. „Wir können nicht kontrollieren, was mit unseren Geräten geschieht. So, wie es heute ist, ist es besser. Wir nützen nicht, aber wir richten auch keinen Schaden an. Wem sollten wir denn vertrauen? Kannst du es mir sagen?"
Der Heliote überflutete sie mit einem Gefühl, das so einnehmend und so positiv war, daß sie vor Glück beinahe das Bewußtsein verloren hätte. „Vertraut Thoregon", vernahm sie die Stimme. „Die besten Techniker in diesem Teil des Universums müssen endlich ihren Beitrag für Frieden und Verständigung leisten."
„Sag mir, wie!"
„Der Rat von Thoregon schickt
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