191 - Das Duell
einen unterirdischen Weg von dieser Höhlenstadt zum Uluru?«, fragte Rulfan. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Menschen zwölf Jahre nach dem Kometeneinschlag freiwillig auf der Erdoberfläche durch Finsternis und Eis gewandert waren.
Die drei Greise antworteten nicht. Rulfan war das Antwort genug: es gab den Weg also. Und wahrscheinlich hatte man ihn auf diesem Weg hierher verschleppt. Und Matt? Was hatten sie mit ihm angestellt?
Eine Zeitlang redeten sie kein Wort. Rulfan blickte in die Flammen und dachte nach. Die drei Greise beobachteten ihn. »Habt ihr Maddrax gesehen?«, brach Rulfan schließlich das Schweigen.
»Maddrax?« Der Anangu auf der anderen Seite des Feuers zog die weißen Brauen hoch.
»Ja, Matthew Drax. Ein blonder Mann, ziemlich groß. Er trägt so einen eigenartigen Anzug, grün und rot. Habt ihr ihn gesehen?«
»Nein«, antwortete der Anangu links von Rulfan. »Wir haben ihn nicht gesehen.«
»Doch der Ahne sieht ihn, der HERR«, sagte der Anangu zu Rulfans Rechten.
»Was soll das heißen?«
»Ganz einfach: Er sieht ihn.«
»Jetzt, in diesem Augenblick?«
»Der HERR sieht Maddrax, und der HERR sieht Rulfan Reesa aus Salisbury«, sagte der Greis auf der anderen Seite der Flammen. »Ganz einfach.«
»Der Ahne beobachtet uns?«
»So ist es«, sagte der links von ihm. »Der HERR sieht euch, der HERR prüft euch, der HERR wiegt euch, der HERR spricht das Urteil über euch.«
Rulfan musterte die Greise aus schmalen Augen, einen nach dem anderen. Er wollte aufbegehren, wollte laut werden, doch er zügelte sich. Ein kühler Verstand war jetzt angesagt, und kluges diplomatisches Verhalten.
Anders würde er niemals einen Ausweg aus diesem Labyrinth finden.
Er wog die Worte der Greise sorgfältig ab. War das, was er hier erlebte, was die seligen Telepathen am Uluru
»Vereinigung« genannt hatten? Wohl kaum. Drax und er verfügten schließlich nicht über paramentale Begabungen, und nach allem, was er wusste, »vereinigte« der Finder sich nur mit Telepathen. Eher schien es in seinem und Maddrax’ Fall um eine Art Test zu gehen.
Die Überlegung beruhigte Rulfan ein wenig, denn die so genannte
»Vereinigung« schien auf einen Willensverlust und eine vollkommene Konditionierung hinauszulaufen. Und dagegen hätte Rulfan sich bis zum letzten Atemzug gewehrt.
»Und wie lautet das Urteil des Ahnen?«, fragte er.
»ER hat es noch nicht gefällt«, sagte der Anangu auf der anderen Seite des Feuers. »Eine Prüfung musst du noch bestehen.«
Rulfan stöhnte innerlich auf. Bei Wudan – noch mehr von dieser Horrorpsychoschau?! »Was für eine Prüfung?«
»Wir wissen es nicht«, sagte der Anangu links von Rulfan. Alle drei Männer wandten die Blicke von ihm ab und schwiegen.
Rulfan erinnerte sich, was die Männer auf seine erste Frage geantwortet hatten. Sie würden warten, hatten sie gesagt. »Auf wen wartet ihr eigentlich?«
»Auf dich«, sagte der rechts von ihm. »Um deine Fragen zu beantworten.«
»Ha!«, rief Rulfan aus. »Dann macht ihr euren Job schlecht! Ich habe euch nach Maddrax gefragt, und ihr habt nicht geantwortet! Ich habe euch nach der letzten Prüfung gefragt, und ihr habt nicht geantwortet!«
»Wir beantworten nur Fragen, die wir beantworten wollen«, sagte der Anangu zu seiner Linken. »Finde sie heraus.«
»Was du nicht sagst!« Rulfan sprach mit gepresster Stimme, aber er beherrschte sich. In Gedanken ordnete er seine offenen Fragen nach einer Hierarchie der Dringlichkeit. »Auf welchem Weg komme ich zum Ausgang aus diesem Labyrinth?«
»Es gibt nur einen Weg hinaus«, antwortete der Greis links von ihm gleichmütig. »Du musst den Herrscher des Labyrinths töten.«
»Und wo finde ich diesen Kerl?«
»Du wirst ihn finden, wenn du ihn suchst«, sagte der Greis zu seiner Rechten.
»Und woran erkenne ich ihn?«
»Wir wissen es nicht«, tönte es links von ihm. »Doch sobald du ihm gegenüberstehst, wirst du wissen, dass du ihn gefunden hast.«
»Ja.« Der Anangu auf der anderen Seite des Feuers nickte. »Du wirst ihn augenblicklich erkennen, Mann aus Salisbury.«
»Großartig; das hilft mir weiter«, zischte Rulfan sarkastisch. Er fand sich damit ab, dass er den Weg aus Red Toad auf eigene Faust suchen musste. »Dann beantwortet mir noch eine Frage«, sagte er. »Ich suche eine Frau. Als ich sie das letzte Mal traf, war sie auf dem Weg zum Uluru. Sie muss irgendwo hier in der Nähe sein. Ihr Name ist Aruula. Wo finde ich sie?«
Alle drei schüttelten den Kopf.
Weitere Kostenlose Bücher