Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Titan 10

Titan 10

Titel: Titan 10 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
Vom Netzwerk:
NERVEN
    (NERVES)
     
LESTER DEL REY
     
     
1
     
    Auf den Kieswegen zwischen den weitläufigen und allein nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit errichteten Gebäuden der National Atomic Products drängten sich wie immer um diese Zeit die Menschen, deren Schicht um fünf Uhr endete oder – für die anderen – gerade begann. Die Cafeteria war bis zur Grenze ihrer Aufnahmefähigkeit – und auch noch darüber hinaus – gefüllt. Aber als Doc Ferrel hinausging, machte man ihm bereitwillig Platz und unterbrach auch angeregte Unterhaltungen. Bei keinem anderen der fünfzig leitenden Angestellten der Gesellschaft hätten die Männer sich so freundlich gezeigt, aber schließlich war Ferrel schon zu lange einfach der ›Doc‹ für sie, als daß irgendwelche Förmlichkeiten nötig gewesen wären.
    Er nickte leicht zurück, zwängte sich durch und ging den Fußweg zur Krankenstation entlang. Dabei ließ er sich Zeit; wenn ein Mann gerade fünfzig geworden ist und die grauen Haare und der zunehmende Bauchumfang dies auch deutlich zeigen, beginnt man allmählich Begriffe wie Bequemlichkeit und Entspannung zu schätzen. Außerdem wußte der Doc selbst am besten, daß, hetzte man mit vollem Bauch herum, Verdauungsprobleme nicht ausbleiben konnten. Er nahm den Nebeneingang, zündete sich aus lauter Gewohnheit eine Zigarre an und ging durch die chirurgische Abteilung bis zu einer Tür mit der Aufschrift:
     
    PRIVAT ROGER T. FERREL CHEFARZT
     
    Wie immer hing schwerer, abgestandener Zigarrenrauch in der Luft, und da und dort lagen einzelne Stapel Notizblätter. Sein Assistent war schon wieder zurück und kramte mit der ihm eigenen Unbekümmertheit emsig im Schreibtisch herum. Ferrel ließ ihn jedoch gewähren, denn in jeglicher Notlage konnte er sich auf seine ruhige Hand und sein unerschütterliches Wissen verlassen. Blake schaute auf und grinste zuversichtlich. »Hallo, Doc. Sagen Sie, wo haben Sie eigentlich Ihre Zigaretten versteckt? Ach, schon gut, ich hab’ sie … Na also. Gut, daß es in diesem verdammten Haus wenigstens ein Zimmer gibt, wo man das Täfelchen mit der Aufschrift ›Rauchen verboten‹ nicht beachten muß. Besuchen Sie und Ihre Frau uns heute abend?«
    »Tut mir leid, Blake.« Ferrel sog an seiner Zigarre, nahm in dem alten Ledersessel Platz und schüttelte den Kopf. »Palmer rief vor einer halben Stunde an und bat mich, auch noch die Friedhofsschicht zu übernehmen. Anscheinend hat die Firma kurzfristig einen eiligen Auftrag bekommen, irgendeinen besonderen Staub auszubrüten, der mindestens zwölf Stunden vor sich hinkochen muß. Deshalb werden die Reaktoren Nummer 3 und 4 noch bis Mitternacht oder länger arbeiten müssen.«
    »Hmmm. Da hängen Sie wieder hier fest. Ich begreife nicht, warum überhaupt einer von uns hierbleiben muß. Jetzt geschieht doch sowieso nichts mehr. Wissen Sie, was ich heute gehabt habe? Drei Fälle mit Fußpilz. Wir müssen den Hauswart mal daran erinnern, daß er die Duschen desinfiziert. Dann ein Patient mit Schuppen, vier mit Schnupfen und schließlich noch der Laufbursche mit einem Splitter in der Hand! Die Jungs würden uns sogar ihre Kinder zur Behandlung herbringen, wenn das erlaubt wäre. Da war doch nichts Ernstliches dabei, was nicht eine Woche oder auch einen Monat warten könnte. Anne hat fest mit Ihnen und Ihrer Frau gerechnet, Doc. Sie wird sehr enttäuscht sein, wenn Sie nicht kommen, um den Tag unseres zehnjährigen Zusammenlebens zu feiern. Warum überlassen Sie dem Kleinen nicht die Schicht heute abend?«
    »Ich wollte, ich könnte es, aber das ist nun mal mein Beruf. Außerdem hat Jenkins heute einen neuen Dienstplan aufgestellt und beschlossen, mir Gesellschaft zu leisten.« Ferrels Lächeln erstarrte, als er sich an die Zeit erinnerte, da seine Taille noch schmaler als sein Brustkorb gewesen war und er das gleiche Gefühl gehabt hatte: Gerade ihn hatte das Schicksal ausgewählt, um die Welt zu retten. »Der Junge hatte heute seinen ersten ernsten Fall, und er ist ganz aufgeregt. Er hat den Patienten ganz allein betreut, so daß wir jetzt wohl Dr. Jenkins zu ihm sagen müssen.«
    Blake hatte seine eigenen Erinnerungen. »Ja? Ich frage mich, ob er irgendwann mal einsieht, daß er alles, was er weiß, Ihren Ratschlägen verdankt. Worum ging es denn eigentlich?«
    »Die gleiche alte Geschichte – einfache Strahlungsverbrennungen. Egal, wie oft wir den Neuen erklären, warum sie drei Schutzschichten mit einer Effizienz von je fünfundneunzig Prozent

Weitere Kostenlose Bücher