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1958 - Der Oxtorner und sein Okrill

Titel: 1958 - Der Oxtorner und sein Okrill Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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„Das ist unmöglich. Du musst dich täuschen."Tarlan wiederholte den Laut und gab ihm unmissverständlich zu verstehen, dass sich im Wald von Neykoppen ein anderer Okrill aufhielt. Der Oxtorner überlegte eine Weile. Als sich das Verhalten des Tieres nicht änderte, wandte er sich zum Gehen. „Komm!" sagte er. „Wir haben hier nichts verloren." Tarlan fuhr zu ihm herum und schrie an ihm vorbei in den Wald. Es klang wie das Kreischen einer Säge auf Metall. Der Okrill drehte sich im Kreis und zeigte seinem Schützling, dass eine Rückkehr nicht mehr möglich war.
    Verwirrt spähte Denor in das Dickicht hinein. Er brauchte eine Weile, bis er das Tier zwischen den dichten Blätterranken entdeckte. Es verharrte reglos auf der Stelle. „Komm!" wiederholte Denor. „Wir nehmen einen anderen Weg." Offenbar sprachen alle Verhaltensmuster von Okrills in einer solchen Situation gegen ihn. Tarlan rührte sich nicht vom Fleck, und als Denor sich betont deutlich in Bewegung setzte, schnappte sein Okrill nach ihm und hielt ihn am Hosenbein fest. Der andere Okrill verließ seine Deckung und betrat den Weg. Es war ein mächtiges Tier, gut zehn Zentimeter größer als Tarlan und auch länger. Die Augen funkelten in hellem Blau, ein Zeichen höchster Erregung. Der fremde Okrill schrie ebenfalls, und Tarlan antwortete in heftigem Diskant. Über eine Stunde dauerte das gegenseitige Anschreien. Denor ertrug es mit Fassung. Nach wenigen Minuten bereits streikten seine Gehörnerven. Er empfand die teilweise Taubheit als Erlösung. Und er hütete sich, seinen derzeitigen Standort zu verlassen oder mit einem Finger zu zucken. Selbst die kleinste Regung konnte seinem Beschützer einen Nachteil verschaffen oder den fremden Okrill zum Angriff verleiten.
    Endlich brach das Geschrei ab. Tarlan richtete sich auf sein hinteres Beinpaar auf und stand plötzlich aufrecht wie ein Mensch da. Denor fielen fast die Augen aus dem Kopf. Der andere Okrill setzte sich nach rückwärts in Bewegung und schlug den Weg zum Waldrand ein, wo der Gleiter stand. „Du hast ihm bewiesen, dass du der rechtmäßige Eigentümer dieses Waldes bist, ja?" fragte Denor Massall leise. „Und jetzt geht er. Wo soll er hin?"
    Seine bisher wirren Empfindungen klärten sich langsam. „Brauchst du den Wald, falls du mich eines Tages verlassen willst?" Tarlan, sein vielfacher Lebensretter, schien den Sinn seiner Regungen zu verstehen. Er sank auf alle acht Beine zurück und stieß ein heiseres Bellen aus. Der fremde Okrill blieb stehen und verharrte abwartend.
    Seite an Seite mit Denor trabte Tarlan dem Tier entgegen und rieb die Nüstern an denen des anderen. Der fremde Okrill maunzte leise und gab den Weg frei. Es hörte sich an wie eine Mischung aus Jubelruf und Klagelied. Zumindest empfand Denor es so. Die Melodie verfolgte sie, bis sie den Gleiter erreichten. Denor lobte Tarlan und streichelte ihn. Ob das Tier seiner Haltung zustimmte, vermochte er nicht zu ergründen. Aber er wusste, dass Tarlan exakt seinen Rat befolgt und dem fremden Okrill sein Revier überlassen hatte.
    Ab sofort würden Besuche im Wald von Neykoppen vermutlich länger dauern als nur ein paar Stunden. Und .wenn die beiden Okrills unterschiedlichen Geschlechts waren und eines Tages beschlossen, Nachwuchs in die Welt zu setzen... Denor machte sich darüber lieber keine Gedanken. Vom Gleiter aus setzte er sich mit der Verwaltung Neykoppens in Verbindung und erkundigte sich nach dem Tier. „Das ist der Okrill von Torlan Tuffek", erhielt er zur Auskunft. „Er brachte ihn hierher, weil er ihn nicht auf Dauer zu seinen Einsätzen beim Terranischen Liga-Dienst mitnehmen konnte.
    Später besuchte er ihn ein einziges Mal, aber da hat der Okrill ihn nicht mehr akzeptiert."
    „Torlan Tuffek! Wie geht es ihm?"
    „Wir wissen es nicht. Wir haben seither nie mehr etwas von ihm gehört." Denor nutzte die Wochen auf Oxtorne, um mehr über seinen Freund in Erfahrung zu bringen. Aber die Familie schien vom Erdboden verschluckt. Nachforschungen ergaben, dass sie im Prinzip nie existiert hatte. Und als Denor sich erneut an die Behörden Neykoppens wandte, behaupteten sie steif und fest, dass ihm niemand diese Auskunft über den Okrill gegeben haben konnte.
    Massall erinnerte sich erneut daran, dass Tuffek damals zum TLD gegangen war, zum Terranischen LigaDienst. Wo Geheimdienste ihre Hand im Spiel hatten, bohrte man am besten nicht weiter nach. Als der Oxtorner am Ende des Urlaubs auf Umwegen nach Camelot

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