1973 - MATERIA
sollte: Während ein kleiner Teil von uns weiterhin in Hathorjan tätig blieb und ein anderer Aufträge der Ritter der Tiefe ausführte, ging der Rest daran, mit 35 anderen Völkern, die sich vermehrt als Einheit verstanden, einen Sternenschwarm zu bauen.
Erst sehr viel später erfuhren unsere Vorfahren, dass dieses Projekt, als „Phase Zwei" umschrieben, auf Initiative der Sieben Mächtigen eingeleitet wurde, die zuvor in der „Phase Eins" mit ihren Sporenschiffen On- und Noon-Lebensquanten über das Weltall verstreut hatten. Nachdem der Schwarm auf die Rundreise entlang diesen Ausstreupunkten gegangen war, um intelligenzsteigernd zu wirken, vollzogen die 36 Schwarmerbauervölker, die von sich fortan als Querionen sprachen, gemeinsam die Vergeistigung...
Errantischer Almanach: Die Lange Überlieferung
2.
18. Januar 1291 NGZ; 18:43 Uhr
Der Blick über den spiegelnden, golden glimmenden Plattformrand MATERIAS hinweg überforderte den Verstand, einen Gewöhnungseffekt schien es nicht zu geben: Trotz Totalverdunkelung der Helme und positronischer Aufbereitung entwickelte die Leuchtkraft eine Intensität, die fast schmerzte. Es war und blieb ein unüberschaubarer Ozean der Helligkeit, des grellen Glanzes, des Tobens, fortgesetzten Eruptierens und Detonierens.
Jeder Beobachter war gezwungen, sich einzelne Szenen nacheinander zu betrachten, von Einzelheit zu Einzelheit vorzutasten.
Irgendwo dort, wo es scheinbar eine Art Rand gab, waren wie die Phalanx aufmarschierender Riesen die ultrablauen Giganten riesiger Sterne zu erkennen. Sie standen dicht gedrängt, aufgrund der Perspektive schienen sie einander zu durchdringen; sie überlappten, verschmolzen zu einem undurchdringlich wirkenden, soliden Wall. Die inneren Supergiganten, von denen jeder Dutzende Millionen Kilometer Durchmesser erreichen musste, lösten sich unter dem Sog machtvoll zerrender Gezeitenkräfte auf, waren oval deformiert, wirkten bizarr zusammengestaucht.
Lodernde Plasmaströme schwangen spiralig von den Äquatorzonen nach außen; jeder einzelne Ausläufer oder abgelöste Glutsplitter der brodelnden Gebilde war vielfach größer als der solare Jupiter. Fusionierende Gase, riesige Fackeln aus verschmelzendem Wasserstoff, nur an wenigen Stellen zur Rotglut abdunkelnd, dann sofort wieder aufleuchtend, beschleunigt und herangezerrt von jenem alles verschluckenden Moloch im Zentrum, dessen Finsternis tiefer, umfassender und bedrohlicher war als alles andere, was ein Lebewesen erblicken konnte.
Dichte Nebel und Schlieren quirlten ober- und unterhalb dieses Schlunds, waren von langgestreckten Filamenten durchzogen, einem permanenten Wogen, Verdichten und Wiederauflösen, Strahlen, Blitzen und lautlosen Explodieren. Die heranmarschierenden Giganten wirkten in Schleier gehüllt, hinter denen sie ihre Gesichter verbargen angesichts ihres Sterbens. Mochten sie sich auch noch so sehr gegen den Sog stemmen - ihr Ende war unaufhaltbar. Selbst ihre überdimensionierten Körper widerstanden nicht den Titanenkräften.
In jeder Sekunde verloren sie mehr Masse, als manche Stellarkonstellation offener Sternhaufen beinhaltete, und der unablässige Materiestram wurde verdichtet, mitgerissen, zur gewaltigen Scheibe deformiert, in deren Zentrum dann sogar das Licht erstarb und im Chaos des kaum Begreiflichen endete. Der Außenrand der Akkretionsscheibe bewegte sich mit der Irrsinnsgeschwindigkeit von einem Drittel der Lichtgeschwindigkeit; dennoch benötigte er sechzehn Stunden, um den eigentlichen Abgrund einmal zu umrunden.
Wo die chaotisch wirbelnden Glutmassen der Sterngiganten auf den eigentlichen Scheibenrand trafen türmten sich erschreckend anzuschauende Strukturen empor, wuchsen zu sich permanent umgruppierenden Wolkengebirgen, von düster klaffenden Schluchten, Rissen und Kratern zerfetzt, deren Leuchtkraft in Wirklichkeit der übrigen Umgebung nur wenig nachstand. Groteske Auswüchse und lodernde Eruptionen dehnten sich aus, fielen in sich zusammen, zogen weitschweifige und kaum verblassende Schlieren hinter sich her.
Und dann das Auge im Zentrum! Finsternis vor blendender Helligkeit und absonderlichen Vielfachbildern aufgrund des Gravitationslinseneffekts, so dass die Akkretionsscheibe, die sich zum Rand des Ereignishorizonts hin glättete und zur ultra weiß strahlenden, fast metallisch fest wirkenden Masse verdichtete, den Kontrast eher verstärkte, als dass es eine Abschwächung gegeben hätte. Und das, obwohl das Leuchten am
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