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198 - Sohn und Dämon

198 - Sohn und Dämon

Titel: 198 - Sohn und Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Trauer, damals, als ich dich verloren hatte«, sagte sie, während sie die Wunde versorgte. »Ich bin so glücklich, dir jetzt begegnet zu sein, glaubst du mir das?«
    »Ja.« Er lächelte. »Merkst du denn nicht, wie mir das Herz lacht, Mutter?«
    »Doch. Ich glaube, ich war noch nie in meinem Leben so froh.« Sie wusch die Blätter und Kräuter, die sie im Wald auf Daa’tans Geheiß gepflückt hatte. »Der Stich hat die Sehne verletzt«, sagte sie. »Ich werde dir das Knie schienen.« Sie nahm sein Schwert und lief in den Wald, um geeignete Stöcke aus einem Busch zu schlagen.
    Als sie mit fünf leidlich geraden Ästen zurückkehrte, hatte er Blätter und Kräuter zu einem Brei zerkaut. Sie schmierte ihm den Pflanzenbrei auf die Wunde, verband sie mit Stoffstreifen aus seiner Kutte und schiente sie mit den Ästen.
    Die Äste schnürte sie mit dem Seil fest, das Daa’tans Reittier um den Hals getragen hatte. Zufrieden betrachtete sie ihr Werk.
    »Danke, Mutter.« Daa’tan hielt ihre Hand fest. »Doch ich werde den Verband nicht lange tragen müssen«, sagte er.
    »Vielleicht einen Tag. Der Pflanzenbrei wird die Wunde schnell verschließen.«
    Sie nahm sein Gesicht zwischen die Hände und betrachtete ihn zärtlich. Der kleine Junge aus ihrem Traum fiel ihr ein. Sie küsste ihn auf die Augen, auf die Wangen, auf die Stirn. »Dass du so groß bist! Du bist doch nicht einmal fünf Winter alt!«
    Obwohl sie durch ihren Traum vage von seinen Wachstumsschüben wusste, konnte sie es doch nicht fassen.
    »Das liegt an meiner Pflanzennatur«, erklärte Daa’tan. »Ich entwickle mich in Schüben, und dann wachse ich immer gleich für mehrere Jahre auf einmal.«
    Aruula lächelte und antwortete nicht. Innerlich aber erschrak sie. Sie fragte sich unwillkürlich, wie lange es dann dauern würde, bis ihr kleiner Sohn sie altersmäßig eingeholt haben würde? Noch drei Winter? Noch vier?
    Sie hob ihre Linke. »Das habe ich dir zu verdanken, nicht wahr?« Sie spreizte den kleinen Finger ab. Er nickte. Wieder nahm sie ihn in die Arme. »Ich danke dir!« Dass er gleich ihren kleinen körperlichen Mangel geheilt hatte, kaum dass er ihr begegnet war, war doch ein weiterer Beweis seiner Liebe.
    Was der Pflanzengott in seinem Traum behauptet hatte, konnte nicht stimmen. Ihr Sohn war nicht schlecht oder gar böse. Es war viel Gutes in ihm, und es lag nur an ihr, es hervor zu holen.
    Daa’tan hielt seine Mutter in den Armen und streichelte ihren Rücken. Kein Wort verlor er über die Machtinstanz, die er zugleich mit dem nachgewachsenen Fingerglied in ihren Körper gepflanzt hatte. Warum sollte er sie beunruhigen? Es war ja nur zu ihrem Besten geschehen.
    »Wer hat dir den Finger abgeschlagen?«, fragte er stattdessen. »Ich werde diesen Mistkerl suchen und töten!«
    »Er lebt nicht mehr«, lachte Aruula. Sie erzählte ihm die Geschichte. Während sie erzählte, begann es im Dornenwald wieder zu rascheln. Äste brachen und Stimmen wurden laut.
    Aruula unterbrach ihre Schilderung, löste sich aus der Umarmung ihres Sohnes und stand auf. »Hörst du das?« Sie lauschte.
    Daa’tan schloss die Augen. Seiner konzentrierten Miene nach zu schließen, versuchte er mentale Schwingungen aufzuspüren.
    »Anangu«, sagte er. »Sie kommen.« Er packte sein Schwert und zog sich daran hoch. »Diesmal sind es viele, sehr viele…«
    ***
    Aruula kletterte durch den Felskamin hinauf auf das kleine Plateau. Von dort aus spähte sie über den Dornenwald. Im Westen lag noch der Rauch der dort niedergebrannten Bäume und Sträucher über den Wipfeln. Von Nordosten her brachen vier Mammutwarane durch den Wald. Die Dornen konnten ihrer Panzerhaut nichts anhaben.
    Aruula blickte sich um. Von allen Seiten arbeiteten sich Echsen durch das dichte Gestrüpp. Insgesamt zählte sie neunzehn Warane. Wahrscheinlich waren es sogar noch mehr.
    Die meisten konnte sie ohnehin nur daran erkennen, dass der dichte Wald sich vor ihnen teilte, denn die Bäume waren höher als die Echsen.
    Auf jedem Mammutwaran ritten über zwanzig Anangu.
    Vom Rücken der Tiere aus schlugen sie Breschen in den Wald.
    Wie viele schwarze Krieger den Panzerechsen zu Fuß folgten, konnte Aruula nicht erkennen.
    »Es sind Hunderte«, rief Daa’tan unten am Wasserloch. »Ich werde den Wald dazu bringen, sie einzuschließen! Die Dornen sollen sie zerreißen und die Schlingpflanzen sie erwürgen! Wer es dennoch bis zum Felsen schafft, dem werde ich seinen verdammten Schädel spalten!«
    Aruula

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