Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1981 - Richard

1981 - Richard

Titel: 1981 - Richard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Zeram
Vom Netzwerk:
Expertise wird immer auch eine Recherche vorgenommen. Zum Beispiel gehört es zum Steckbrief der Mona Lisa, wann es im Schloss Amboise, in Fontainebleau, in Versailles und schließlich im Louvre zusehen war und wie es im Laufe der Zeit an diese Orte gekommen ist. Sie verstehen, was ich meine, hat Professor Lehner auch einen Herkunftsnachweis erstellt oder vorgelegt?«
    »Einen Herkunftsnachweis?«, wiederholte Edmund Linz. »Professor Lehner hat in seinem Gutachten über die Ausführung des Bildes geschrieben. Er hat Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen mit anderen Werken des Künstlers festgestellt. Ich habe ihn später einmal getroffen und mit ihm das Gutachten durchgesprochen aber wir haben nicht darüber geredet, ob das Gemälde jemals irgendwo ausgestellt war. Damals konnte ich ihm übrigens auch den Laborbericht zeigen und er war zufrieden.« Edmund Linz stutzte. Dann besann er sich wieder und fuhr fort. »Die Mona Lisa ist fast vierhundert Jahre alt, da kommt einiges an Historie zusammen.« Er zeigte auf die Signatur des Gemäldes im Holzkoffer. »Wer weiß denn heute noch, an wen er alles seine Bilder verschenkt hat. Professor Lehner und ich haben zwar darüber gesprochen, woher das Bild stammen könnte, aber ich glaube wir waren uns einig, dass es schon immer in Privatbesitz war und daher nicht zu den ganz berühmten Werken zählt, die jeder gleich erkennt. Professor Lehner hatte zumindest keine Probleme damit.«
    »Es war van Gogh", sagte Simon.
    »Bitte?« Edmund Linz hatte nicht verstanden.
    »Van Gogh hat seine Bilder verschenkt«, erklärte Simon. »Van Gogh hat in seinem Leben, wenn überhaupt, höchsten zwei oder drei Bilder verkaufen können.«
    Edmund Linz nickte zustimmend. »Wie ich Ihnen gesagt habe, das Gemälde hier stammt aus Privatbesitz. Ich war selbst Sammler. Ein Sammler zeigt zwar gerne seine Schätze, manchmal will er sie aber auch ganz für sich selbst haben und scheut die Öffentlichkeit.«
    Simon stand auf, um die Jalousie wieder zu öffnen und die Deckenstrahler auszuschalten. Es wurde bereits recht warm am Besprechungstisch, eine Wärme, die auch für das Ölgemälde nicht gut sein konnte. Als er sich wieder gesetzt hatte, faltete er die Hände und stützte sein Kinn ab. Er sah seinen Gast einige Sekunden lang schweigend an.
    »Gut«, sagte er schließlich und atmete dabei bedächtig aus. »Professor Lehner hat wahrscheinlich angenommen, dass die Recherche nach einem Herkunftsnachweis für sie nicht relevant ist. Sie sagten ja selbst, dass sie Sammler sind.«
    Edmund Linz schüttelte mit dem Kopf. »Natürlich hat mich die Herkunft des Gemäldes in gewisser Weise interessiert. Ich habe selbst nach dem Bild gesucht, nicht professionell. Ich habe vor allem in Kunstbüchern und Zeitschriften nachgesehen, aber nichts gefunden, was ja nichts heißen muss. Mir ist das Ölgemälde aus Privatbesitz angeboten worden, darum denke ich, dass es wohl niemals in einer Ausstellung oder Galerie zu sehen war.«
    »Schade, wirklich schade«, bedauerte Simon. »Ich hoffe nicht, dass sie Recht haben. Ein Herkunftsnachweis findet sich leider zumeist in Ausstellungs- und Galeriekatalogen. Sicherlich ist das keine grundsätzliche Bedingung, um die Herkunft zu beweisen. Es gibt natürlich auch andere Quellen, zum Beispiel in Aufzeichnungen, die der Künstler selbst hinterlassen hat oder in Briefen, in denen die Vorbesitzer über ihre Sammlungen schreiben und das Bild erwähnen und es Zeugen gibt. Hier finden sich dann Hinweise, die zu weiteren Indizien für die Herkunft führen. Zeitzeugen sind da natürlich der beste Beweis, sofern sie noch leben.« Simon überlegte kurz. »Von wem haben sie das Gemälde denn erworben, vielleicht kenne ich den Sammler, vielleicht besitzt er noch Unterlagen, von denen sie nichts wissen?«
    »Ich kenne weder den Vorbesitzer noch den Verkäufer. Es klingt vielleicht etwas ungewöhnlich, aber ich habe das Bild anonym erworben. Alle Beteiligten, einschließlich mir, hatten damals kein Interesse daran, dass der Kauf öffentlich wird, sie verstehen.«
    Simon sah Edmund Linz jetzt eindringlich an. »Das ist gefährlich«, sagte er schließlich. »Das Bild kann ja auch aus einem Diebstahl stammen, haben sie das wenigstens überprüft?«
    Edmund Linz lachte auf. »Natürlich habe ich mich umgehört, bevor ich gekauft habe«, erklärte er. »Damals konnte ich aber keinen Hinweis finden, dass dieses Bild irgendwo gestohlen wurde. Wenn es die Mona Lisa wäre, hätte ich es nicht

Weitere Kostenlose Bücher