2 Die Connor Boys: Lieb mich hier und jetzt
Messingbett. Drei Wände waren in einem Blassblau gestrichen und die vierte bestand von oben bis unten aus eingebauten Bücherregalen.
„Tut mir leid. Es gibt leider nur die nackte Matratze. Keins der Schlafzimmer ist richtig hergerichtet..."
„Das macht doch nichts. Ich habe meinen Schlafsack und mein Kissen. Das Zimmer ist hinreißend. Danke."
„Wird Ihnen warm genug sein?"
„Oh, sicher." So, wie er sie ansah, würde sie wahrscheinlich gleich in Flammen aufgehen. Er senkte schnell den Blick, und als er den Schlafsack zum Bett hinübertrug, achtete er darauf, mindestens einen halben Meter Abstand zwischen ihnen beiden zu halten. Sie überlegte, ob er sie vielleicht damit beruhigen wollte, dass sie keine Vergewaltigung oder Schlimmeres von ihm zu befürchten habe, aber tatsächlich war ihr nicht einmal der Gedanke daran gekommen. Sie fühlte, dass sie Seth vertrauen konnte.
Er ging wieder zur Tür und sah sie sich von außen an. „Ich will nur mal nachsehen, ob man sie abschließen kann. Alle anderen Türen haben einen Schlüssel. Ja, er steckt draußen..."
„Seth." Als er sich ihr zuwandte, fuhr sie sanft fort: „Ich mache mir keine Sorgen, möchte also gar nicht abschließen."
Er runzelte die Stirn. „Nein?"
„Nein." Herrje, dachte sie, irgendeine Frau muss ihn ganz schön eingeschüchtert haben. Wenn sich einer von ihnen beiden Gedanken darüber machte, ob die Tür abgeschlossen war, dann war sie es jedenfalls nicht.
Und dann ritt sie der Teufel. Mit drei Schritten war Samantha bei ihm und stellte sich auf die Zehenspitzen. Seth rührte sich nicht, aber als sie ihm die Hände auf die Schultern legte, hielt er die Luft an. Schnell drückte sie ihm einen Kuss auf die Wange und rückte gleich darauf auch wieder von ihm ab. „Wirklich, Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Ich werde schon nicht in Ihr Zimmer kommen und Sie verführen wollen. Nicht, dass der Gedan ke nicht verlockend wäre, denn ich finde Sie unheimlich nett. Bloß bin ich jetzt viel zu müde. Ich danke Ihnen, Seth, und gute Nacht."
Sie tat so, als achtete sie nicht auf sein verblüfftes Gesicht, und machte ihm einfach die Tür vor der Nase zu. Erst als sie mit einem tiefen Seufzer die Luft ausstieß, merkte sie, wie aufgeregt sie gewesen war. Der Kuss war so eine plötzliche Idee von ihr gewesen, und dann hatte sie ihn ja auch nur auf die Wange geküsst, du meine Güte!
Und trotzdem klopfte ihr Herz, als ob sie gerade zehn Runden gelaufen wäre. Erst im
letzten Moment hatte sie bemerkt, dass Seth sich nur eine Jacke über den nackten Oberkörper geworfen hatte. Seine Haut war sonnengebräunt, die Muskeln schimmerten im schwachen Licht, und er hatte nach Regen und Wind und Leder gerochen. Samantha sagte sich, dass diese Kombination und die Umstände ausreichten, um jede Frau unruhig werden zu lassen.
Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar und wunderte sich, warum ihre Finger plötzlich so zittrig waren. Angst kannte sie eigent lich nicht, jedenfalls nicht vor Männern. Jede Frau, die wieder und wieder enttäuscht und ausgenutzt worden war, lernte es mit der Zeit, sich selbst zu schützen. Und Samantha konnte mit jedem Mann fertig werden, zumindest glaubte sie das. Bei Seth jedoch musste sie sich nicht schützen. Er war einfach ein netter Kerl. Er war freundlich zu ihr gewesen - weit über jede Pflicht hinaus -, und sie verdiente es, dafür ausgepeitscht zu werden, dass sie ihn herausfordern wollte.
Ihr ganzes Leben lang hatte Samantha versucht, gegen ihre Spontaneität anzukämpfen, aber immer ohne Erfolg. Morgen, so nahm sie sich vor, werde ich es wiedergutmachen. Sie würde höflich sein und in jeder Hinsicht ein richtiger Engel.
Endlich machte sie das Licht aus und kroch in ihren Schlafsack. Sie schloss die Augen und versuchte, alles aus ihren Gedanken zu verdrängen, was nicht mit Geistern zu tun hatte.
Dabei war sie gerade wegen der Geister hier. Natürlich wollte sie nicht mit einer ganzen Horde in Berührung kommen, einer genügte ihr schon. Nach ihren Recherchen zu urteilen, rankten sich um dieses Haus die meisten Spukgeschichten mit Geisterphänomenen. I ) Eine Stunde ging vorüber, und Samantha war nicht einmal müde. Ihre Phantasie machte Überstunden. Das Gewitter tobte noch initiier. Das alte Haus krachte und knarrte in allen Fugen. Der
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