2 Die Connor Boys: Lieb mich hier und jetzt
erkränze schmückten die Wände, und überall standen Körbe mit duftenden Seifen und Parfüms. Es war einer der winzigen Läden, die Frauen so liebten und in die jeder einigermaßen normal große Mann nur mit Mühe hineinpasste. Und Seth war ein überdurchschnittlich großer Mann.
Er drückte die Ellbogen eng an den Körper, machte sich so klein wie möglich und bahnte sich einen Weg an Körben und Säcken vorbei bis zur Theke. Die Verkäuferin, und wahrscheinlich die Be sitzerin, trug einen langen, weiten Rock, eine weiße Spitzenbluse und Sandalen an den Füßen. Seth räusperte sich diskret. „Ich soll einer Bekannten etwas mitbringen", begann er. „Ginseng-Tee oder so ähnlich."
„O ja, viele Leute glauben, dass es ein wunderbares Anregungs mittel ist", erwiderte sie freundlich.
„Genau. Deshalb trinkt sie ihn auch. Zur Anregung." Und er fügte fest hinzu: „Sonst nicht."
„Wie man's mag", sagte die Frau ruhig, während sie Seth das Teepäckchen überreichte. „Kann ich Ihnen sonst noch irgendwie helfen?"
Eine verdammt gute Frage, dachte Seth und verneinte.
Keiner kann mir helfen, ging es Seth durch den Kopf, während er nach Hause fuhr. Das emotionale Durcheinander in ihm war so unnötig. Aber wie hätte er Samantha auch widerstehen können? Welcher Mann hätte das gekonnt?
Seit jenem Nachmittag im Park war nichts mehr so wie früher. Wenn das Leuchten in Samanthas Augen keine Liebe bedeutete, dann kam es aber nahe daran. Sie schien anzunehmen, dass die Intimitäten von jenem Tag sie einander näher gebracht hatten. Seth wusste inzwischen gena u, was für eine Schwindlerin Samantha war. Sie gehörte vielleicht nicht zu den Frauen, die völlig in ihrer Hausarbeit und Kindererziehung aufgehen würden, aber sie war ganz bestimmt nicht die Feministin, die sie so gern hervorkehrte. Sie hatte einfach nur Angst, an den falschen Mann zu geraten.
Seth wusste genau, warum sie so an ihm hing wie eine Klette. Weil ihm ihre Herkunft und ihr Geld völlig gleichgültig waren. Aber es musste doch Millionen von Männern auf der Welt
geben, die mehr Charakter besaßen als die Mitgiftjäger, die ihr bisher über den Weg gelaufen waren. Und keiner dieser Männer würde sein Problem haben.
In den letzten zwei Nächten war sein Schlaf unruhig gewesen. Beglückende Träume suchten ihn heim, in denen er Samantha verführte und sich von dem zurückhaltenden, nüchternen Mann in den feurigen Liebhaber verwandelte, den sie sich wünschte und den sie brauchte. Und dann wieder wurden diese Träume zu Alp träumen, wenn er im Bett bei Samantha versagte.
Wenige Minuten später, und mit ausnehmend finsterer Miene, fuhr er vor dem Haus vor. Er bremste, nahm den Gang heraus, stellte den Motor ab und blieb einfach sitzen. Miss Samantha Adams, reizend und fürwahr liebenswert, hatte ihn in eine verzwickte Lage gebracht. Sie, die von so vielen Männern enttäuscht worden war, glaubte an ihn vorbehaltlos und ahnte nicht einmal, dass er sie viel mehr enttäuschen konnte als all die anderen vor ihm.
Eine Bewegung ließ ihn aufsehen. Jezebel hatte das Auto entdeckt und kam schwanzwedelnd zu seiner Begrüßung herbeigelaufen. Seth stieg aus und fragte sich, was sein Hund wohl im Maul hielt. Irgendein Stück Stoff. Weiß und mit Spitze besetzt. O nein, einer von Samanthas Slips.
„Verdammt, Jezzie, gib das her. Gib es her, Mädchen, komm schon." Seth sah sich nervös um, aber Samanthas Auto war nicht da. In den letzten Tagen war sie oft unterwegs gewesen, um in der Stadt Informationen über ihren Piratengeist einzuholen. Seth hatte sie dazu ermutigt. Es hatte sich noch immer nicht geklärt, was mit der Wand im blauen Zimmer passiert war - vielleicht war er ja wirklich ein Schlafwandler. Wer weiß? Aber Samantha gab sich mit dieser Erklärung nicht zufrieden, und ihm konnte es nur recht sein. Denn je mehr sie sich damit beschäftigte, Geister zu suchen, desto weniger war er dieser ständigen Versuchung ausgesetzt.
Und gerade in diesem Moment war er sehr froh darüber, dass sie fort zu sein schien.
„Jezebel. Lass es fallen. Du hast dich schon wieder an Samanthas Sachen rangemacht. Was habe ich dir gesagt? Du sollst ihre Sachen in Ruhe lassen." Jezebel ließ den Slip gehorsam fallen und wartete mit unschuldigem Blick, bis Seth dicht genug gekommen war, um sich danach zu bücken. Dann schnappte sie sich das Höschen, lief mit fliegenden Ohren ein paar Meter weiter und blieb wieder stehen. „Das ist kein Spiel, Jezebel. Wenn du
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