2 Die Rinucci Brüder: Mein zärtlicher Verrführer
antwortete er.
„Passen Sie auf.“ Sie ließ das lange Haar, das sie hochgesteckt hatte, lose über die Schultern fallen. Es glänzte wie Seide und umrahmte ihr Gesicht.
Sie wirkte geheimnisvoll, und er fühlte sich wie verzaubert.
„So macht man das“, fuhr sie fort. „Der Filmheld verliert dann den Verstand und kann es kaum fassen, dass sich die Heldin vor seinen Augen in eine solche Schönheit verwandelt. Wenn er dumm genug ist, macht er ihr einen Heiratsantrag.“
Primo musste lachen. „Jetzt verstehe ich, was Sie meinen.“ Als sie das Haar wieder aufstecken wollte, bat er: „Nein, lassen Sie es so. Vielleicht kann ich mich davon inspirieren lassen und Ihnen noch einige nützliche Tipps geben.“
„Gut, das wäre schön.“ Plötzlich fiel ihr etwas ein. „Jack, sind Sie etwa …? Das hätten Sie mir sicher gesagt, oder?“
„Wovon reden Sie?“
„Das wissen Sie genau.“
„Nein.“ Er wollte sie eine Zeit lang zappeln lassen.
„Sind Sie …?“
Er verzog das Gesicht. „Sie möchten wissen, ob ich schwul bin, oder?“
„Ja. Sind Sie es?“
„Schließen Sie das daraus, dass ich nicht versucht bin, mit Ihnen zu schlafen?“
„Nein, es war nur so eine Idee. Wollen Sie mir die Frage nicht beantworten?“
„Ist es wichtig für Sie?“
„Natürlich. Wie könnten Sie mich beraten, wie ich mit einem anderen Mann umgehen soll, wenn Sie sich für Frauen gar nicht interessieren?“
„Vielleicht ist er auch schwul.“
„Ist er das?“
„Keine Ahnung, ich habe es nie ausprobiert.“
Sie blickte ihn durchdringend an. „Habe ich nur meine Zeit verschwendet?“
„Was sagt Ihnen denn Ihre Intuition?“ Die Sache machte ihm immer mehr Spaß. „Interessiere ich mich wirklich nicht für Sie, oder bin ich nur ein perfekter Gentleman? Offenbar fällt es Ihnen schwer, das eine von dem anderen zu unterscheiden.“
„Sie machen sich über mich lustig“, stellte sie gereizt fest.
„Ja. Warum auch nicht? Sie haben mich ja auch die ganze Zeit an der Nase herumgeführt.“ „Wieso das denn?“
Das hätte er nicht sagen dürfen, wie ihm sogleich klar wurde. Sekundenlang hatte er aber vergessen, wie wenig sie über ihn wusste. „Ach, es war nur so eine Bemerkung“, redete er sich heraus. „Nein, es hat bestimmt etwas zu bedeuten.“
„Das herauszufinden überlasse ich Ihrer Fantasie. Wir sollten …“ Er verstummte, denn sie hörte ihm nicht mehr zu. Stattdessen blickte sie wie gebannt auf die Tanzfläche.
„Olympia, was haben Sie?“ Um ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich zu ziehen, nahm er ihre Hand und drückte sie fest.
„Nichts. Wahrscheinlich habe ich es mir nur eingebildet.“
„Sie sind ganz aufgeregt. Wollen Sie mir nicht verraten, was los ist?“
„Ich dachte, ich hätte … einen Bekannten gesehen. Doch in dem gedämpften Licht kann man sich leicht irren.“
Plötzlich drückte sie so fest seine Hand, dass es schmerzte.
„Sie haben sich nicht getäuscht, stimmt’s? Wer ist es?“, fragte Primo.
„Mein Exmann.“
6. KAPITEL
„Beunruhigt Sie das?“, fragte Primo. „Sie lieben ihn ja nicht mehr, oder etwa doch?“
„Natürlich nicht. Aber seit der Scheidung habe ich ihn nicht mehr gesehen“, erwiderte Olympia. „Vielleicht ist er es gar nicht“, fügte sie beinah hoffnungsvoll hinzu.
„Lassen Sie uns tanzen, dann können Sie sich vergewissern.“
„Ich weiß nicht …“
„Olympia, wenn Sie sich keine Gewissheit verschaffen, lässt Ihnen die Sache keine Ruhe.“ „Ich möchte lieber gehen“, erwiderte sie leise. „Man sollte die Vergangenheit vergessen.“ „Das können Sie erst, wenn Sie sich ihr gestellt und damit abgeschlossen haben. Was ist mit der entschlossenen, energischen Frau geschehen, als die ich Sie kennengelernt habe?“
„Die hat sich in ein schwaches Weibchen verwandelt, das sich nichts zutraut“, gab sie leise zu. „Nein, das glaube ich nicht. Das Geschöpf braucht nur einen Freund, der es an die Hand nimmt.“ Ehe sie wusste, wie ihr geschah, stand er auf, zog sie hoch und führte sie auf die Tanzfläche.
Und dann hielt er sie in den Armen. „Wo haben Sie ihn entdeckt?“, fragte er leise, und sie spürte seinen warmen Atem an ihrer Wange.
„Neben der Band.“
Während des Tanzens ließ sie den Blick über die Tische gleiten, bis sie ihren Exmann David gefunden hatte. Wieso habe ich ihn überhaupt wiedererkannt? schoss es ihr durch den Kopf. David war untersetzt, wirkte irgendwie abstoßend und hatte schütteres Haar.
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