0274 - Nachts jagen ihn die Rauschgift-Haie
»Ich will ja nicht neugierig sein, G-man, aber ich glaube, hier in meiner Kneipe braut sich was zusammen — oder?«
»Wie kommen Sie darauf?« fragte ich Rub, den Wirt, der mich bei meinem Eintreten erkannt hatte.
»Ich kenne meine Kundschaft. Heute abend sind viele neue Gesichter hier. Das Merkwürdige ist, daß alle neuen Gäste mit dem Rücken an der Wand sitzen. Sie haben sich so im Lokal verteilt, daß jeder Ankömmling von ihnen umzingelt ist.«
Lächelnd sagte ich:
»Sie sind ein guter Beobachter.«
Dann sprachen wir über belanglose Dinge, bis sich die Eingangstür öffnete und eine junge Frau hereinkam. Sie trug einen weiten Rock und eine weiße Bluse. Das blonde Haar war zu einer Pferdeschwanzfrisur zusammengebunden. Rub stutzte, als er die Frau sah.
»Was ist?« fragte ich leise. »Kennen Sie das Girl?«
Der Wirt zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht«, brummte er. »Sie sieht einem Mädchen ziemlich ähnlich, das hier alle acht Tage abends aufkreuzte und sich mit einem Mann traf. Aber ich glaube, sie ist es nicht.«
Rub hatte recht.
Es war eine FBI-Agentin, und wir hatten sie per Flugzeug aus Connecticut geholt. Von hinten hatte sie eine gewisse Ähnlichkeit mit einer verhafteten Mörderin namens Petty Lick, die das City College mit ihren Marihuana-Zigaretten verseucht hatte. Nun saßen hier insgesamt vierzehn G-men, um den Lieferanten des Mädchens festzunehmen.
Die Kollegin ging zu einem Tisch, der in der Mitte des Lokals stand und setzte sich schweigend mit dem Rücken zur Tür.
Rub stand auf.
»Ich muß wieder an meine Arbeit, G-man«, sagte er. »Freue mich, daß Sie mich mal besucht haben.«
Als er hinter die Theke zum Telefon ging, wurde ich aufmerksam. Ich sah, wie er wählte und auf die Meldung des Teilnehmers wartete. Ich spitzte die Ohren.
»Hier ist Rub«. sagte er. »Was ist eigentlich los mit euch? Schlaft ihr nur noch? Wann kriege ich denn nun den Kasten Bier? — Nun macht mich nicht schwach! Ja, ich brauche dringend einen Kasten Bier. Und die Büchsenmilch, die ihr vorhin geschickt habt, ist verdorben. Wenn das mit euch so weitergeht, suche ich mir einen anderen Lieferanten. — Also gut. Ich verlaß mich darauf.«
Er legte den Hörer zurück auf die Gabel und kümmerte sich wieder um die anderen Gäste. Zwei von unseren G-men hatten Kaffee bestellt, und als Rub aus der Küche kam, zog er den Eisschrank auf und holte eine große Büchse Kondensmilch heraus, um das kleine Milchkännchen zu füllen, das zu der Kaffee-Portion gehörte. Aber dann schüttelte er den Kopf und stellte die Dose zurück. Vermutlich war es die mit dem verdorbenen Inhalt. Ärgerlich brachte er eine kleinere Büchse zum Vorschein und schüttelte die letzten Tropfen aus ihr heraus.
In diesem Augenblick ging die Tür auf, und ein etwa dreißigjähriger Mann kam herein. Er blickte sich um, sah die Frau mit der Pferdeschwanzfrisur und marschierte auf sie los. Aus den Augenwinkeln beobachtete ich, wie die Hände der Kollegen zum Rockaüsschnitt fuhren und darin verschwanden. Dann hatte auch ich meine Dienstpistole in der Hand. Ich sprang auf und trat zu dem Tisch, an .dem die Kollegin saß. Im Lokal war es jetzt gespenstisch still.
Der Mann hatte die Kollegin erreicht und wollte sich ihr gegenüber einen Stuhl zurechtrücken. Aber dann erkannte er Seinen Irrtum. Für einen Augenblick stand grenzenlose Verblüffung in seinem Gesicht. Dann streifte sein Blick schnell durch das Lokal. Er sah in die Mündungen von vierzehn Pistolen.
Plötzlich zog der Bursche den Kopf ein und fegte zur Tür. Bevor wir uns versahen, war er draußen.
Ich spurtete ihm nach, aber ich hatte die Tür noch nicht erreicht, als auf der Straße eine Maschinenpistole losratterte. Ein Automotor heulte auf. Ich zog die Tür auf und peilte hinaus.
Der Geflohene lag mit gespreizten Beinen und ausgebreiteten Armen auf dem Gehsteig. Zahllose Kugeln hatten seine Brust zerfetzt.
***
Petty Lick war achtzehn Jahre alt, hübsch, mehr als durchschnittlich intelligent und als einziges Kind sehr verwöhnt. Ihre Eltern hatten ein kleines Geschäft im Norden Manhattans.
Eines Tages fing Petty an, Marihuana zu rauchen. Nach kurzer Zeit konnte sie das Teufelszeug nicht mehr missen, Aber ihr Taschengeld reichte nicht für die tägliche Rauschgiftration. Da wurde ihr der Vorschlag gemacht, weitere Marihuana mit Gewinn im College zu verkaufen.
»Wie kamen Sie auf den Gedanken, dafür gleich eine ganze Bande aufzuziehen?« hatte mein Freund Phil
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