200 - Die Hölle stirbt!
und ihm sein Leben läßt, macht sich zu seinem Komplizen, macht sich mitschuldig an all den Greueltaten, die das blutrünstige Monster in der Nacht begeht.
Der Unbekannte hatte eine gute Tat getan. Steve Cobb würde nie mehr Männer und Frauen auf einsamen Plätzen, in finsteren Parks oder dunklen Straßen anfallen und zerreißen.
Was ich dem geheimnisvollen Jäger vorzuwerfen hatte, war nur, daß er uns die Möglichkeit genommen hatte, von Cobb die Namen seiner Wolfsbrüder zu erfahren.
Der Silberpfeil war zu früh abgeschossen worden. Nun konnte uns Cobb nichts mehr verraten.
Ich lief den Dachrand entlang und entdeckte eine weitere Eisenleiter, die in einen finsteren Hinterhof hinabführte. Diesen Weg mußte der Mann mit der Armbrust eingeschlagen haben, während ich ihn hinter den Schornsteinen suchte und damit wertvolle Zeit verlor.
Er mußte bereits einen Vorsprung haben, den ich nicht mehr wettmachen konnte. Dennoch turnte ich die Leiter hinunter.
Dreck, zerfetzte Zeitungen, Abfälle. Ein verwahrloster Hinterhof. Übler Gestank beleidigte meine Nase. Es roch nach faulem Obst und verdorbenem Fleisch.
Der Verwesungsgeruch einer toten Katze, gegen die ich mit den Schuhspitzen stieß, setzte dem Ganzen die Krone auf. Ich erreichte ein halb offenstehendes Tor und hatte Augenblicke später eine ausgestorbene Straße vor mir. Keine Spur von dem Unbekannten.
Er beschäftigte mich sehr. Handelte es sich um einen Dämonenjäger? Waren wir gewissermaßen Kollegen? Welchen Grund hatte er gehabt, blitzschnell zuzuschlagen und zu verschwinden? Hatte er befürchtet, wir könnten ihm Schwierigkeiten machen?
Ich kehrte zu Anthony Ballard zurück und wollte mich mit meinem Begleiter in der Atelierwohnung umsehen aber diese Absicht vereitelte die Polizei, die jemand alarmiert haben mußte.
Bestimmt anonym.
Wir konnten uns denken, wer die Gesetzeshüter angerufen hatte: unser mysteriöser Freund!
Ich hatte keine Lust, den Polizisten Rede und Antwort zu stehen. Sie hätten mir ja doch kein Wort geglaubt, und das wiederum hätte erforderlich gemacht, daß ich mich mit Tucker Peckinpah in Verbindung setzte, damit er an den richtigen Schnüren für uns zog. All das ließ sich vermeiden, wenn wir uns dünnmachten.
»Komm!« sagte ich deshalb zu Anthony Ballard. »Wir verschwinden durch das Fenster!«
Als die Polizisten das Haus betraten, waren wir bereits auf dem Dach, und als sie Steve Cobb entdeckten, festgenagelt an diesen Holzpfeiler, liefen der Hexenhenker und ich bereits durch den stinkenden Hinterhof.
***
Metal, Cardia und Sammeh befanden sich auf Haspiran, einem der Hölle vorgelagerten Inselkontinent. Hier lebten vor allem jene, die in der Hölle aus verschiedensten Gründen nicht erwünscht waren.
Verbannte, die das Glück gehabt hatten, bei ihren Gegnern nicht zu sehr in Ungnade zu fallen, um getötet zu werden.
Auf Haspiran hatte es einst den Brunnen der Umkehr gegeben. Wer von seinem Wasser trank, der konnte gewisse Dinge zurückdrehen, Ereignisse ungeschehen machen, den ursprünglichen Zustand wiederherstellen.
Der Brunnen war inzwischen versiegt und nützte keinem mehr. Jene, die das nicht wußten, begaben sich immer noch dorthin, um dann enttäuscht die Heimkehr anzutreten. Auf Haspiran hoffte Metal eine Seele für Cardia zu finden.
Es herrschte eine spürbare Aufbruchstimmung auf dem Inselkontinent, denn viele der hier Lebenden waren von Asmodis verbannt worden, und der war ja – so hörte man allseits – im Begriff, zu sterben. Sobald der Höllenfürst tot war, gab es für die von ihm Verbannten keinen Grund mehr, ihrer Heimat, der Hölle, noch länger fernzubleiben. Sie würden massenweise zurückkehren.
Metal hatte hinter einem breiten, tosenden Wasserfall eine Höhle entdeckt. Hier wollte Cardia verweilen und ausruhen.
Aber ihr Wandertrieb würde schon bald wieder erwachen, und wenn bis dahin nichts Entscheidendes geschehen war, würde Metal der Reisenden in eine andere Welt folgen müssen, obwohl er vom Umherziehen eigentlich schon genug hatte. Ein Ende war diesem unerquicklichen Zigeunerleben jedoch nur dann zu setzen, wenn es Metal gelang, in Cardia den Wunsch einzupflanzen, seßhaft zu werden.
Er brauchte eine Seele – eine seßhafte Seele. Im nahen Umkreis bot sich nichts Geeignetes an, deshalb beschloß der Silberdämon, seine Suche auszudehnen.
Er sorgte für reichlich Nahrung und verabschiedete sich dann von Cardia und Sammeh.
»Wie lange wirst du weg sein?« wollte Cardia
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