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20.000 Meilen unter den Meeren

20.000 Meilen unter den Meeren

Titel: 20.000 Meilen unter den Meeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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und sahen nicht mehr, was geschah. Dann waren wir durch die Wolke hindurch und entdeckten, dass der Krake mit meinem Landsmann verschwunden war.
    Jetzt fielen wir mit loderndem Zorn und gesteigerten Kräften über die anderen Tiere her und wüteten mit den Äxten in ihrem Fleisch. Zehn oder zwölf Angreifer hatten wir gegen uns, die Plattform war zu schmal für den Kampf, zu glatt von Blut und Tinte und zu voll mit abgetrennten Gliedern. Unter den fast 100 rekelnden und schlagenden Armen wirkte es, als wüchse jedes abgeschlagene Glied wie bei einer Hydra gleich wieder nach. Ned Land traf nur die Augen mit seiner Harpune und bohrte sie aus.
    Da packte mich eisiger Schrecken: Ein Arm streckte meinen Gefährten mit einem Schlag zu Boden, hielt ihn dort fest und schon öffnete sich der grässliche Schnabel über dem Kanadier – da stürzte der Kapitän heran, platzierte seine Axt mit einem gewaltigen Rundschlag zwischen den Kiefern des Kraken, Ned benutzte den Augenblick, um aufzuspringen und aus nächster Nähe dem Tier seine Harpune ins Herz zu jagen.
    »Ich war Ihnen eine Revanche schuldig«, bemerkte der Kapitän.
    Ned Land verbeugte sich kurz, gab aber keine Antwort. Der ganze Kampf hatte 15 Minuten gedauert, dann ergriffen die übrig gebliebenen Tiere die Flucht, verstümmelt, schon zu Tode getroffen, überwältigt. Wir stiegen alle hinunter, und da ich als Letzter ging, sah ich Kapitän Nemo blutbeschmiert und zerrissen, hoch aufgerichtet auf der Plattform stehen und ins Meer starren.

27. Kapitel
    Zehn Tage lang blieb der Kapitän nach diesem 20. April unsichtbar. Man spürte am Kurs der Nautilus , dass ihn der Verlust seines Gefährten getroffen hatte: Unser Fahrzeug segelte ziellos an der Meeresoberfläche, dem Spiel der Wellen wie ein Leichnam überlassen. Dieser Franzose (würde sich das Rätsel seiner Herkunft noch lösen lassen?) erlebte den Korallenfriedhof nicht mehr. Stärker als zuvor quälte mich das Geheimnis der Mannschaft.
    Am 1. Mai kam plötzlich Nordrichtung in den Kurs unseres Fahrzeugs. Wir folgten von den Bahamas aus dem Golfstrom, einem der wichtigsten und merkwürdigsten Ströme in den Weltmeeren. Er tritt als selbstständiger Fluss von durchschnittlich 60 sm Breite aus dem Golf von Mexiko heraus und folgt der Ostküste Nordamerikas, nimmt unter Neufundland Ostrichtung ein, umgeht die kalten Wasser des Grönlandstroms und zieht sich dann nordöstlich zwischen Island und Schottland hindurch. Sein Wasser strömt mit einer Geschwindigkeit bis zu 9 km/h dahin, es ist wärmer, salzhaltiger und tiefblauer als das des umgebenden Ozeans. Der Strom zieht eine ganze Welt von Lebewesen mit sich; da wimmelte es von Argonauten, Rochen und kleinen Haifischen. Am 8. Mai hatte er uns vors Kap Hatteras gebracht. Auf der Nautilus bewegte sich niemand frei außer uns dreien und in solcher Landnähe kam Ned natürlich wieder auf die Flucht zu sprechen.
    Es wäre wohl gegangen, denn das Meer wimmelte von kleinen Schiffen, die im Küstenverkehr fuhren, die Küste selbst lag nur 30 sm entfernt. Aber die Witterung war sehr ungünstig. Man hat den Golfstrom auch den Vater der Stürme, die Heimat der Windhosen genannt und die Orkane sind in diesen Breiten so häufig wie nirgendwo sonst. Dass es gefährlich war, diesen Strom mit dem kleinen Boot bestehen zu wollen, sah auch Ned Land ein. Aber er war mit seiner Geduld fast am Ende.
    »Monsieur«, sagte er zu mir, »es muss endlich Schluss sein! Ich will endlich davon loskommen! Ihr Herr Nemo entfernt sich schon wieder von der Küste und steuert in den hohen Norden. Ich sage Ihnen, ich hab schon vom Südpol die Schnauze voll und werde ihm nicht auch noch zum Nordpol folgen!«
    »Was tun, Meister? Im Augenblick können wir nicht fliehen.«
    »Ich sage, was ich schon immer gesagt habe. Sie müssen mit dem Kapitän reden. Als wir durch die Meere fuhren, an denen Ihre Heimat liegt, haben Sie nichts gesagt. Jetzt fahren wir durch meine Meere, und wenn Sie nicht den Mund aufmachen, rede ich. Wenn ich daran denke, dass wir in ein paar Tagen die Küste von Neuschottland, Neufundland passieren, zwischen denen ein Fluss mündet, der St.-Lorenz-Strom heißt, an dem meine Heimatstadt liegt, mein Fluss, meine Stadt Quebec, Monsieur, dann sträuben sich mir die Haare vor Wut, dann stürz ich mich lieber kopfüber ins Meer, als dass ich noch einen Augenblick länger hierbleibe.«
    Seine vitale Natur konnte die Gefangenschaft offensichtlich nicht mehr lange ertragen. Sein Gesicht

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