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Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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    In jenem Sommer hörte Daddy auf, Fische mit dem Telefon oder mit Dynamit zu fangen, stattdessen vergiftete er sie mit grünen Walnüssen. Das Dynamit richtete jedes Mal eine ziemliche Schweinerei an, außerdem hatte er sich dabei vor ein paar Jahren zwei Finger weggesprengt. Deshalb prangte auf seiner Wange auch ein Brandfleck, der auf den ersten Blick wie Lippenstift von einem Kuss aussah und auf den zweiten wie ein Ausschlag.
    Fische mit dem Telefon zu fangen funktionierte recht gut, wenn auch nicht ganz so gut wie mit Dynamit, aber Daddy hatte keine Lust, so lange am Telefon zu kurbeln, bis der Draht, der ins Wasser führte, heiß genug war, um die Fische mit einem Stromschlag zu massakrieren. Er meinte, er hätte immer Angst, einer von den kleinen farbigen Jungs, die stromaufwärts von uns wohnten, könnte da draußen rumschwimmen und eine Ladung abkriegen, und der wäre dann toter als ein Baumstumpf oder hätte bestenfalls einen Gehirnschaden wie Daddys Vetter Ronnie, der nicht mal genügend Grips besaß, um sich bei Regen irgendwo unterzustellen, sondern manchmal sogar bei einem Hagelschauer im Freien rumrannte.
    Meine Oma, die fiese alte Schachtel, ist ja inzwischen zum Glück tot, aber sie hat immer behauptet, Daddy hätte das zweite Gesicht, was so viel heißt, wie dass er die Zukunft sehen kann. Na ja, wenn das stimmt, hätte er doch vorher wissen müssen, dasses keine gute Idee war, betrunken mit Sprengstoff rumzumachen, und dann hätte er auch noch alle seine Finger.
    Außerdem hatte ich noch nie mitgekriegt, dass ihn groß interessierte, wie es den Farbigen geht, also dachte ich mir schon, dass das nur eine Ausrede war, um nicht mehr am Telefon rumkurbeln zu müssen. Meine Freundin Jinx Smith, die schwarz ist, konnte er nicht leiden, und er tat immer so, als wären wir was Bessres als sie und ihre Familie, obwohl sie ein kleines, aber sauberes Haus hatten und wir ein großes schmutziges mit einer durchhängenden Veranda und einem Kamin, der auf der einen Seite mit einem dicken Balken abgestützt werden musste, und in unserem Hof wälzten sich ein paar Schweine in tiefen Kuhlen. Für seinen Vetter Ronnie hatte Daddy wohl genauso wenig übrig, und er machte sich oft lustig über ihn und tat so, als würde er gegen Wände laufen und rumsabbern. Wenn er ordentlich betrunken war, musste er natürlich gar nicht erst so tun.
    Andererseits konnte Daddy vielleicht doch in die Zukunft schauen, war aber einfach zu dumm, um damit was anzufangen.
    Jedenfalls hatte er sich irgendwelche Jutesäcke besorgt, und er und Onkel Gene stopften da haufenweise grüne Walnüsse rein und noch ein paar Steine, wegen dem Gewicht, und sie knoteten Seile dran fest und warfen sie ins Wasser. Die Seile banden sie am Ufer an Wurzeln oder Bäume.
    Ich und mein Freund Terry Thomas waren mit runtergegangen, um zuzuschauen und ihnen zu helfen, weil wir sonst nichts Besseres vorhatten. Terry wollte erst nicht mitkommen, als ich ihm davon erzählte, aber schließlich gab er nach und half mir, Säcke ins Wasser zu werfen und Fische rauszuziehen. Bei der ganzen Sache war ihm überhaupt nicht wohl, denn er konnte weder meinen Vater noch meinen Onkel leiden. Ich mochte sie auch nicht besonders, aber ich war gerne draußen, und mit Männern Männerarbeit zu machen gefiel mir. Allerdings wäre ich mit einer Schnur undeinem Haken glücklicher gewesen als mit Säcken voller Walnüsse. Trotzdem, ich war lieber am Fluss und im Freien als mit einem Mopp in der Hand im Haus.
    Meine Oma väterlicherseits hat immer behauptet, ich würde mich überhaupt nicht wie ein Mädchen benehmen, und ich sollte doch daheim bleiben, einen Garten anlegen, Erbsen schälen und Frauenarbeit machen. Oma beugte sich dann immer in ihrem Schaukelstuhl vor, betrachtete mich mit verklebten Augen und sagte ohne jede Zuneigung: »Sue Ellen, wie willst du einen Mann kriegen, wenn du ums Verrecken nicht kochen und putzen kannst und auch deine Haare nie hochsteckst?«
    Das war natürlich total ungerecht. Ich machte schon Frauenarbeit, so weit ich zurückdenken konnte. Nur einfach nicht besonders gut. Und wer so was schon mal getan hat, weiß, dass es echt keinen Spaß macht. Ich fand viel toller, was Jungs und Männer so machten. Was mein Daddy machte. Was ehrlich gesagt nicht besonders viel war – er fischte nur und stellte Fallen, um die Pelze zu verkaufen, schoss Eichhörnchen von den Bäumen und gab damit an, als hätte er Tiger erlegt. Die Aufschneiderei wurde besonders

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