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2001 Himmelsfeuer

2001 Himmelsfeuer

Titel: 2001 Himmelsfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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nahm dann seine Arbeit wieder auf, so als sei nichts gewesen. Normal ist das jedenfalls nicht, oder? Nichts dagegen, dass ein Mann trauert, wenn seine Frau stirbt, aber muss man es derart übertreiben?« Sie lachte, dass die Brillanten an ihrem Hals im Mondlicht funkelten. »Ich kann wohl kaum damit rechnen, dass mein Wade sich in einen Indianer verwandelt, nur weil ich gestorben bin!«
    Ericas Hand krampfte sich um das Glas. Am liebsten hätte sie der Frau den Wein ins Gesicht geschüttet. Stattdessen zwang sie sich, zu den Lagerfeuern zu schauen, die jetzt am Strand aufflackerten.
    Der Ährenfisch gehört zu einer auf die kalifornische Küste beschränkten Spezies, ist etwas mehr als zwei Handspannen lang und hat ein kleines Maul. Keine Zähne. Jeweils von März bis August finden an den Stränden Südkaliforniens nächtliche Laichläufe statt – dann lassen sich Tausende von Ährenfischen auf den Wellen ans Ufer tragen, wo die Weibchen den feuchten Sand aufwühlen und dort ihre Eier ablegen, um die sich die Männchen tummeln, um sie zu befruchten. Anschließend reiten sie gemeinsam auf den Wellen zurück aufs Meer, bis zum nächsten Lauf – sofern sie nicht vorher von Fischern gefangen werden, die die Wellenkämme beobachten und dann den ahnungslosen Ährenfisch mit bloßen Händen fangen und in Säcke stopfen.
    Erica hatte schon am Ährenfischfang teilgenommen, hatte die Taschenlampe gehalten oder den Sack, und beim anschließenden mitternächtlichen Barbecue hatte man sich in ausgelassener Stimmung an den Fischen gütlich getan, die das Pech gehabt hatten, sich erwischen zu lassen. Heute allerdings stimmte das Schauspiel sie unerklärlicherweise traurig.
    Er ist total ausgerastet.
Erica stellte sich den Altar vor, den Jared, wie sie vermutete, für seine Frau im Schlafzimmer seines Wohnmobils errichtet hatte. Wahrscheinlich standen dort ein Porträt von Netsuya und frische Blumen, die er täglich erneuerte, vielleicht sogar Kerzen. Und bestimmt sprach Jared jeweils abends vor dem Zubettgehen mit ihr und morgens beim Aufwachen auch.
    Sie griff sich an den Hals, bekam plötzlich keine Luft mehr. In einiger Entfernung brachen sich schaumgekrönte Wellen am Ufer, zwei Kinder rannten schreiend wie Möwen und Taschenlampen schwenkend den Strand entlang. Ein heller Lichtstrahl bohrte sich in Ericas Augen.
    Die gleißende Sonne der wilden, vom Wind umtosten Channel Islands.
    Gleich darauf prallte etwas an ihre Brust, wie eine unsichtbare Schockwelle. Sie keuchte.
    »Sehen Sie sich das an«, lachte Ginny spröde. »Der Ährenfisch hat nicht die Spur einer Chance.« Sie schüttelte den Kopf. »Wo sonst als in Südkalifornien würden sich Fische ans Ufer katapultieren? Nicht mal eine Angel braucht man! Kein Wunder, dass unsere Indianer mit Krieg nichts im Sinn hatten.«
    Erica starrte sie an. Dann stellte sie ihr Glas auf einem kleinen Tisch ab, entschuldigte sich und ging ins Haus.
    Sie bahnte sich den Weg vorbei an gut gekleideten Gästen und Kellnern in roten Westen, die auf Tabletts Champagner und Appetithäppchen anboten, wühlte sich angesichts des zunehmenden Drucks in der Herzgegend blindlings durch die vielen Menschen, bis sie vor Sam stand, dem sie abrupt mitteilte, dass sie sofort aufbrechen müsse. Kaum hatte er ihr die Autoschlüssel ausgehändigt und versichert, er würde schon jemanden finden, der ihn später ins Camp mitnahm, stürzte sie aus dem Haus der Dimarcos und raste den Pacific Coast Highway entlang, schneller als die Flut die zum Tode verurteilten Fische ans Ufer spülte.
     
    Nachdem sie den Motor abgestellt und die Scheinwerfer ausgeschaltet hatte, blieb Erica noch eine geraume Weile im Wagen sitzen, legte die schweißbedeckte Stirn aufs Lenkrad, schloss die Augen und versuchte, dem Grund ihres Unwohlseins nachzuspüren.
    Was war auf dem Pool-Deck der Dimarcos passiert? War das ein Herzanfall? Eine Anwandlung von Panik? Der Schmerz war noch zu spüren, hinter ihrem Brustbein, engte sie ein, hinderte sie durchzuatmen.
»Sie entdeckten ihn auf einer der Channel Islands, splitterfasernackt und mit einem Speer fischend …«
    Erica wäre am liebsten hemmungslos in Tränen ausgebrochen. Aber sie konnte nicht weinen. Als sie vorsichtig durchatmete und versuchte, sich wieder zu fangen, merkte sie, dass der Druck auf ihrer Brust anhielt, so als hätte sich dort etwas eingenistet, etwas Unheimliches und Schwergewichtiges, wie ein Vogel, der sich gegen ihren Willen dort niedergelassen und die vom

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