2009 - komplett
Vorhaben. Für einen Augenblick oder zwei.
In der Nacht jedoch hieß sie Ian in ihren Träumen willkommen. Träume waren alles, was sie hatte, auch wenn sie nicht genügten.
Der Dezember kam. Juliana war das Herz schwer, und es war nahe daran zu zerbrechen wie die Zweige der Tannen unter ihrer Last des schweren, nassen Schnees.
Fünf Tage vor Weihnachten saß sie neben Honoria im Söller und stickte an einem wollenen Kleid, ein Weihnachtsgeschenk für Kit. Sie strich mit dem Finger über den Halsausschnitt des kleinen Gewandes und lächelte in sich hinein.
Die Sehnsucht nach Ian Gray hatte eine bittersüße Wendung genommen, als Juliana merkte, dass ihre einzige Liebesnacht ihr ein Kind schenken würde.
Was würde ihr Cousin sagen, wenn er von ihrem Zustand erfuhr? Würde er sie fortschicken? Würde er verlangen, dass sie Ian heiratete? Juliana wusste, dass sie das dann ablehnen sollte, aber ihr Widerstand schwand, wenn sie an ihr Kind dachte, das andernfalls als Bastard abgestempelt war und darunter zu leiden hätte.
Und Ian sollte auch seine Meinung dazu äußern können.
„Er wird in vier Tagen hier sein“, sagte Honoria wie nebenbei und schob Juliana einen Strang blauer Seidenfäden hin, damit sie die Blume vollenden konnte, an der sie arbeitete. „Vater Dennis überbrachte heute Mittag die Nachricht.“
„Wer kommt?“, fragte Juliana, als wüsste sie es nicht bereits. Der Priester war der Seelsorger der Bewohner von Dunniegray und auch der von Byelough. Also würde Ian zurückkehren. Sie atmete tief durch, um ihre Aufregung unter Kontrolle zu bekommen.
Honoria schnalzte mit der Zunge, schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen.
„Also, Jules, ich verzweifle noch an dir. Wirklich, das tue ich! Seit fast drei Monaten schleppst du dich herum und machst dieses jammervolle Gesicht. Dabei rackerst du dich ab wie ein Tagelöhner. Warum willst du nicht zugeben, dass du ihn vermisst?
Was immer dich veranlasst hat, ihn fortzuschicken, ist jetzt nicht mehr von Belang.“
Juliana senkte die Lider und mied Honorias Blick, aus Angst, diese könnte die Wahrheit erraten.
„Vergib ihm und lass es gut sein“, forderte Honoria. „Willst du den Mann nicht doch heiraten?“
„Ich habe keine Mitgift“, widersprach Juliana und warf wütend die Nadel beiseite.
Honoria beugte sich in ihrem Stuhl vor und nahm Julianas Hand zwischen ihre eigenen. „Als du zu uns kamst, bot Alan dir eine Mitgift an. Es ist nur dein dickköpfiger Stolz, der dich daran hindert, sie anzunehmen. Du gehörst zur Familie, Jules. Wir lieben dich.“ Sie warf Juliana ein verschmitztes Lächeln zu. „Und unser Ian wird dich auch lieben, wenn er es nicht schon tut.“
„Mich lieben ? Er kennt mich nur einen einzigen Tag, und die meiste Zeit habe ich mich ihm gegenüber schrecklich benommen.“ Aber selbst Ian hatte angedeutet, dass er sie würde lieben können, wenn er die Gelegenheit dazu bekäme. „Glaubst du wirklich, das könnte er?“, fragte Juliana, ehe sie sich versah.
„Wir werden es ja bald erfahren, nicht wahr?“ Mit strahlendem Gesicht schlenderte Alan herein und lehnte sich gegen Honorias Stuhl. Er stützte den Arm auf die Lehne und spielte mit dem Zopf seiner Frau, während er zu Juliana sprach.
„Du wirst Vaters Stute bekommen, auf der du nach Norden geritten bist. Und auch eine kleine Parzelle Land südlich von hier, die ich auf deinen Namen eingetragen habe. Ich werde noch Saatgut für den kommenden Frühling hinzufügen. Als Ausgleich für all die Arbeit, die du geleistet hast, seit du hier bist. Wirst du annehmen?“
Aus reiner Gewohnheit lag ihr schon eine Ablehnung auf den Lippen, aber sie schluckte sie hinunter und dachte über das Angebot nach. Eine Stute und eine Gartenparzelle. Ihr Cousin verdiente es nicht, für ihre Unverschämtheit dem König gegenüber bezahlen zu müssen. Juliana beschloss, dass sie Alan für die großzügig angebotene Mitgift entlohnen musste.
Sie würde sich von den Dingen trennen, die ihr die liebsten waren, den Schätzen, die sie geschworen hatte, niemals zu verkaufen. Und dann würde sie Ian heiraten können. Wenn er sie immer noch wollte. „Sag mir, Cousin, wo ist dein Troubadour?“
„Melior? Mit Vater Dennis in der Kapelle. Ich habe sie gerade dort zurückgelassen“, erwiderte er sichtlich neugierig. „Was willst du denn von diesem dürren Narren?“
„Warte hier“, wies Juliana ihn an und eilte aus dem Söller, bevor sie ihre Meinung ändern würde.
Eine halbe
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