2009 - komplett
können. Stattdessen schwieg er.
„Ich habe nichts, das ich in die Ehe mitbringen kann“, sagte Juliana. „Selbst wenn ich heiraten wollte, ich kann es nicht.“
Unfähig, sich ihrer stolzen Ehrlichkeit oder seiner eigenen Enttäuschung zu stellen, räusperte er sich und blickte zur Seite. Seine Stimme klang ihm fremd in den Ohren, ohne jedes Gefühl, obwohl seine Gefühle in seinem Innern sich wanden wie Aale in einem Korb. „Hast du deswegen gelogen? Du wolltest ohne eine Mitgift nicht heiraten?“
„Ja“, gestand sie leise, „das ist der Grund. Aber du konntest mir meine Würde nicht lassen oder dir diese Peinlichkeit ersparen.“ Sie hob den Arm. Es war eine Geste der Hilflosigkeit. „Selbst das ärmste Bauernmädchen besitzt irgendeine Mitgift, oder sie heiratet nicht.
Du weißt, dass das Gesetz ist, Ian, eine der Bedingungen in einem Heiratsvertrag –
die Zustimmung der Kirche und des Vormunds, Einverständnis der Verlobten und eine Mitgift. Nun, ich besitze nichts, noch nicht einmal eine Ziege oder ein Schwein könnte ich in den Vertrag einbringen!“
Ian schwieg. Was gab es da noch zu sagen?
„Mein Vater hinterließ mir nichts, als er starb, und ich weigere mich, die Barmherzigkeit meines Onkels in Anspruch zu nehmen. Und das mit Recht, denke ich, denn ich könnte mich nie der Forderung eines Gatten nach absolutem Gehorsam unterwerfen. Du siehst also, eine Mitgift wäre reine Verschwendung. Die Ehe ist nichts für mich.“
Jetzt, wo Juliana mit ihrem Bekenntnis begonnen hatte, schien sie nicht mehr damit aufhören zu können. „Habe ich mich klar ausgedrückt? So arm bin ich, dass mich noch nicht einmal ein Kloster würde haben wollen. Und was für eine wunderbare Nonne würde ich abgeben!“ Ihr trockenes Lachen klang bitter. „Selbst Mutter Kirche würde mich ohne eine Mitgift niemals willkommen heißen. Umso schlimmer, denn eigentlich sollte ich dort sein, unter den Schwestern, wo ich nicht von einem Mann abhängig sein müsste. In nichts.“
Ian griff nach ihrer schlanken, feingliedrigen Hand. Er drückte sie sanft und suchte Julianas Augen. In ihrem Blick lag Bedauern und Hoffnungslosigkeit, Gefühle, die sie vor ihm und allen anderen hatte verbergen wollen.
„Ich will dich heiraten, Juliana. Eine Mitgift spielt für mich keine Rolle.“ Aber er wusste, dass eine Mitgift wichtig war, genauso wie für sie.
„Es tut mir leid, Ian“, flüsterte sie entschlossen. „Aber ich werde niemals heiraten.
Dich nicht und keinen anderen. Bitte verstehe, dass ich es nicht kann, und frage mich nicht weiter.“
Ihre Augen, deren tiefes Blau hinter einem Tränenschleier schimmerte, flehten ihn an, ihre Entscheidung zu akzeptieren.
Lange hielt er ihren Blick fest, dann sah er widerstrebend zu dem sonnigen Fenster hin und nickte einmal.
Er hätte auf einer Heirat bestehen können. Gott wusste, er hatte Grund genug dazu.
Schließlich hatte er das unbezahlbare Geschenk ihrer Unschuld angenommen. Aber Ian wusste, dass er ohne ihre Mitgift aus Dunniegray kein anständiges Heim für sie machen konnte. Er könnte diesen Ort sogar gänzlich verlieren, und wo sollten sie dann hingehen?
Ian konnte sie nicht mit gutem Gewissen bitten, die grimmige Armut mit ihm zu teilen, die ihm in den kommenden Jahren drohte, wenn er auf Dunniegray blieb. Und trotzdem wusste er jetzt, dass er nie eine andere als Juliana heiraten würde.
Besser, sie bliebe bei Alan und Honoria, wo sie es sicher und bequem hatte.
Wenigstens konnte er sie dann hin und wieder sehen, obwohl das mehr als schmerzlich sein würde, da er ja wusste, dass er sie nie besitzen würde.
Sie war wirklich für ihn verloren. Ihm war, als hätte ein unsichtbares Messer ihm das Herz aus der Brust geschnitten.
Juliana stieg aus dem Bett. Wortlos ging sie aus dem Gemach und aus seinem Leben.
Als Juliana über den Mauergang zurück in ihren Turm eilte, standen die Wachen den Hügeln zugewandt. Kein einziger der Männer sah in ihre Richtung. Ein schwacher Trost , dachte sie, als sie ihre Kammer betrat und begann, ihren Mantel und ihr ruiniertes Kleid auszuziehen.
Eine Stunde später kniete sie in der Kapelle von Byelough neben der Familie und versuchte, sich auf Vater Dennis’ Worte zu konzentrieren. Auch wenn ihre Lateinkenntnisse ausreichend waren, machte nichts von dem, was er sagte, irgendeinen Sinn für sie. Obwohl sie verzweifelt dagegen ankämpfte, konnte sie an nichts anderes als an Ian denken.
Nach dem Segen ging sie in die Halle und
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