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2.01 Donnerschlag

2.01 Donnerschlag

Titel: 2.01 Donnerschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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zeige uns Donnerschlag !“
    Ein Blitzen und Funkeln und Krachen erfüllte den Raum, der das Herzstück von Hadschis Werkstatt ausmachte. Hier stand sein Gehirn, oder besser gesagt: Hier stand die aus Röhren, Rechnern, Bildschirmen, Wünschelruten und elektronischen Traumfängernetzen gebaute monumentale Version von dem, wie sich Hadschi ben Hadschi sein Gehirn vorstellte.
    „Löchert mir nicht den Bauch, wie das alles hier brutzelt und interagiert. Ich hab keinen Blassen und erst recht keinen Schimmer. Aber aus irgendeiner sagenhaft-labyrinthischen Laune weiß es fast immer, wo die zweite Memoryspielkarte liegt.“ 10
    „Es?“, fragte ich.
    „Jap!“, nickte Hadschi. „Es ist ein ‚Es‘. ‚Es‘ wie ‚Biest‘ oder ‚Monster‘. Denn dieses schnucklig-putzige Monster schert sich ’nen feuchten Fußnageldreck um dein hochehrenhaftes Wohlgesudel.“ 11
    Er schaute mich an und bleckte die Zähne. „Noch könntest du Mister-Beanisch hasenfüßen und dem Matrosenanzug huldigen.
    Dem mit den blitzblanken Lacklederschühchen und dem an der Seite gescheitelten Skalp.“ 12
    „Pass auf, was du sagst!“, warnte ich ihn, doch wenn ich ganz ehrlich war, fand ich Lacklederschühchen plötzlich gar nicht so peinlich. Ja, und verflixt, beim heimlichen Schnullersammler! Das machte mich nur noch zorniger. „Lass das Biest frei!“, verlangte ich deshalb. „Und sag deinem Monster: Ich will seine Zähne sehen!“
     „Wah!“, fauchte Hadschi und ich wich erschrocken zurück. „Das steck ich ihm doch mit größter Exquise. Aber spitz deine Lauscher. So ein Monster wie das verschnabuliert Zwerge wie dich noch vor dem Hors d‘œuvre.“ 13 Er schnippte lässig mit dem Finger, drehte sich dreimal und immer schneller im Kreis und sang dabei:
    „Hü-ah und hopp! Monsterzombiegalopp!
    Hier wartet, der nervt,
    mit ’nem Kaffeesatz Kerle 14 ,
    die gern welche wären,
    auf sein ‚Das war’s‘:
    Das ist es gewesen.“
    „Halt!“, rief ich, „Nein!“ Ich lief zu ihm hin. Ich wollte ihn festhalten, doch da flammten die Bildschirme um uns schon auf.

DIE WAHRHEIT UND NICHTS ALS DIE WAHRHEIT
    Die Bildschirme waren überall. Oder besser gesagt, fast alles, was um uns herum auf dem Boden, den Tischen, an Regalen und Wänden – und auch an der Decke – stand oder hing, verwandelte sich plötzlich in einen Computerbildschirm. Da gab es uralte Fernseher, Glasscheiben, Spiegel und glänzende Töpfe, polierte Silbertabletts, Bullaugen und riesige, bauchige Flaschen. In denen tanzten die Bilder wie Hologramme. Lupen warfen die Projektionen wie Beamer auf die wenigen freien Flecken dazwischen. Überall hingen Kabel. Funken sirrten und zischten zwischen Metallkugeln hin und her, und als sich die ersten Bilder aus einem Schneesturm von Flirren und Flackern kristallisierten, fühlten wir uns alle, als flögen wir in einer durchsichtigen Discokugel durch eine Wolkengebirgslandschaft. Das Puzzle aus Bildschirmen um uns herum vereinte sich in unseren Augen zu einem dreidimensionalen, 360-Grad umspannenden Panorama. Und für einen Moment dachte ich wirklich, ich stürzte durch den nicht mehr vorhandenen Boden und die Wolkengebirge in die unendliche Tiefe unter uns hinab. Doch dabei fielen wir alle. Das heißt, wir sausten im Sturzflug auf die Erde hinab, sodass mir der Magen in den Hals springen wollte. Maxi jauchzte vor Freude und Markus, der neben ihm stand, ballte die torwartbehandschuhten Fäuste: „Dampfender Teufeldreck! Das ist ja wie echt!“
    Und tatsächlich flogen wir jetzt über die Wipfel des Wilden Waldes hinweg, als könnten wir diese berühren. Fledermäuse schossen aus Spiegeln und Fensterscheiben heraus. Sie jagten um unsere Köpfe, verfingen sich kurz, wie Motten in einer Straßenlaterne, in einer der bauchigen Flaschen, die zwischen uns standen, sirrten als Hologramme in ihnen herum und flohen dann aus der Discokugel heraus zurück in den Wald.

    „Wie machst du das, Hadschi?“ Ich bekam den Mund nicht mehr zu. „Das passiert doch nicht alles in Wirklichkeit?“
    „Wie bitte, was?“, verschluckte sich Hadschi mehr als erbost: „Was puzzelt sich deine graue Masse zurecht? Bin ich vielleicht ein Talkshowgast? Projiziere ich vielleicht als Playstationspieler? Ich bin Hadschi ben Hadschi ben Hadschi el Hadschi und das hier ist deshalb hundertpro mitnichten fiktiv. Aber es ist auch nicht echt. Ich meine dokumentarisch. Das ist transzendenter, verdingst du das, Nerv?“ 15
    Er schaute mich an und sah, dass

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