2012 - Folge 3 - Tödliches Vermächtnis
nach. Dabei stellte er fest, dass die Männer, die ihn zu Ybarra geführt hatten, im Raum geblieben waren und die Tür flankierten.
»Ich muss eine Berichtigung anbringen«, sagte er. »Ich bin Archäologe, das stimmt, aber zudem betreibe ich einen florierenden Kunsthandel. Das eine wäre ohne das andere nur schwer denkbar.«
»Ich höre Ihnen zu«, versicherte der Spanier.
Tom trank einen Schluck. »Sie gelten als ausgesprochen kundiger Kunstsammler, Señor Ybarra. Und nach allem, was ich sehe, schließe ich, dass Ihr Interesse … nun, ich würde sagen, dass es verschiedene Bereiche umfasst.«
Víctor Ybarra nickte knapp, als Ericson schwieg. »Reden Sie ruhig weiter«, forderte er seinen Gast auf. »Ich bin immer interessiert, wenn jemand versucht, meine Vorlieben zu analysieren.«
»Verzeihung. Ich wollte Ihnen damit nicht zu nahe treten.«
Ybarra winkte großzügig ab. »Sie wollen mir etwas verkaufen, das ist mir schon bewusst. Was ist es, Mister Ericson? Ohne Fakten kann ich keine Entscheidung treffen? Haben Sie Fotos, eine Probe …?«
»Ich will Ihnen nichts verkaufen«, erwiderte der Archäologe bestimmt.
Überrascht kniff Ybarra die Brauen zusammen. »Was dann?«
»Ich möchte mit Ihnen über einen Gegenstand reden, der sich schon in Ihrem Besitz befindet.«
Erst jetzt griff der Spanier nach seinem Wodka. Er trank und behielt das Glas in der Hand. »Das ist in der Tat sonderbarer als erwartet«, stellte er fest. »Und was, glauben Sie, befindet sich schon in meinem Besitz?«
»Ein Artefakt, das dem Kulturkreis der Maya zuzuschreiben ist. Es ist nicht besonders groß, hat so gut wie kein Gewicht – und vor allem: Es trinkt das Licht.«
Ybarra zögerte erst, bevor er sich ruckartig in seinem Sessel aufrichtete und Ericson durchdringend anblickte. »Wie soll ich das verstehen?«
»Es erzeugt wohl ein Dunkelfeld, wenn ich die Überlieferungen richtig deute. Vielleicht kann man das Objekt selbst nicht einmal sehen, nur ertasten.«
»Und Sie glauben, Mister Ericson, ich besäße dieses … Artefakt?«
»Ich würde es gern sehen.«
»Das habe ich schon verstanden«, erwiderte Ybarra. »Was, schätzen Sie – als Archäologe und unter uns –, könnte dieses Ding wert sein?«
Tom hob die Schultern und ließ sie langsam wieder sinken. »Ein Wert ist schwer zu beziffern. Allein schon seine Einzigartigkeit macht es zu einer guten Anlage. Eine genauere Schätzung hinge von seinen Verwendungsmöglichkeiten ab ….«
Ybarra lachte lauernd. »Sagen Sie mir, wozu es gut sein soll. Ich denke, Sie sind der geeignete Mann dafür.«
»Dazu müsste ich es, wie gesagt, sehen.«
»Ich habe dieses Artefakt nicht. Und ich höre zum ersten Mal davon. Allerdings interessiert mich eines noch brennender: Wieso fragen Sie ausgerechnet mich?«
»Sie sind Sammler, Señor Ybarra. Jemand hat mir in dem Zusammenhang Ihren Namen genannt.«
»Sie erinnern sich an diesen Jemand?«
Tom reagierte mit einer unschlüssigen Geste. »Ich habe in den letzten beiden Wochen mit sehr vielen Leuten gesprochen …«
»Wer?«, beharrte Ybarra.
»Ein anderer Sammler. Ich glaube, ja, es war hier in Spanien.«
»Der Name wird Ihnen wieder einfallen, da bin ich mir völlig sicher.« Eine Drohung? Tom Ericson fasste den Satz jedenfalls so auf.
»Erzählen Sie mir mehr über dieses Artefakt!«, verlangte Ybarra. »Frei von der Leber weg.«
»Das wären nur Spekulationen. Ich hatte gehofft, wir beide könnten uns unmittelbar damit befassen.«
Ybarra erhob sich. Nachdenklich blickte er auf seinen Besucher hinab. »Handelt es sich um eine Waffe?«
»Nein, das auf keinen Fall.«
»Also doch«, widersprach der Spanier. »So ein Material wäre Milliarden wert. Verstehen Sie etwas vom Rüstungsgeschäft, Mister Ericson? Nein, natürlich nicht. Aber Sie haben mich neugierig gemacht. Was wollen Sie wirklich von mir?«
»Ich sagte es bereits …«
Ybarra schüttelte den Kopf. »Das ist zu einfach. Wer steht hinter Ihnen, Ericson? Wenn Sie mein Interesse testen sollten, dann ist Ihnen das gelungen.«
Tom wollte sich ebenfalls aus dem Sessel erheben, aber der Spanier baute sich neben ihm auf und drückte ihn mit Nachdruck zurück.
»Ich würde gern einiges wissen. Tom Ericson ist ihr richtiger Name und sie sind tatsächlich Archäologe, das wurde von meinen Leuten schon nachgeprüft. Nur das Geburtsjahr gibt mir Rätsel auf – Sie sind doch keine vierundfünfzig, höchstens Ende dreißig.«
Tom grinste schief. »Ich habe mich gut
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