2012 - Folge 3 - Tödliches Vermächtnis
gehalten. Sie wissen schon: viel Bewegung, oft an der frischen Luft …«
»Nun, wie auch immer: Ich glaube nicht, dass sich jemand die Mühe gemacht hat, Ihnen eine so hieb- und stichfeste falsche Vita auf den Leib zu schneidern. Also schießen Sie los! Die ganze Geschichte.«
»Alles wird Sie nicht interessieren …«
»Vielleicht doch. Ich sage Ihnen hinterher, was mich daran interessiert und was nicht.«
»Das Objekt stammt aus einem Maya-Grab auf Cozumel.« Tom fühlte sich zunehmend unbehaglich. Er war offensichtlich einmal mehr an den Falschen geraten. Oder nutzte Ybarra nur die Möglichkeit, mehr über die Hintergründe des Artefakts zu erfahren, die ihm bislang unbekannt waren? »Das Grab wurde vor rund einem Vierteljahrhundert geplündert und alles, was sich zu Geld machen ließ, über Hehler veräußert. Darunter dieses Artefakt.«
»Natürlich.« Ybarras Tonfall wurde spöttisch. »Als Archäologe haben Sie das leere Grab ebenfalls entdeckt und wussten sofort, welcher bedeutende Fund Ihnen entgangen ist. – Halten Sie mich für so naiv, dass ich Ihnen diesen Unsinn abnehme?«
»Ich war mit einer anderen Grabung befasst. Dabei stieß ich auf einen Plan, dessen Auswertung mich nach Cozumel führte. Ich machte den Einheimischen ausfindig, der das Grab aufgebrochen und ausgeräumt hatte.«
»Und der hat Ihnen meinen Namen genannt?« Ybarra warf einen kurzen Blick zur Tür und winkte die beiden Leibwächter heran.
»Nein. Er hat den Verstand verloren, lebt in einer Irrenanstalt. Ich weiß von ihm nur, dass das Artefakt nach Spanien verkauft wurde.«
»Da kommen Sie ausgerechnet auf mich? – Was soll das?«, herrschte Ybarra den Archäologen an. Ein knappes aufforderndes Nicken. Einer seiner Leibwächter packte mit beiden Händen zu und hob Ericson aus dem Sessel.
Ybarra tätschelte ihm die Wange. Mit dem Handrücken schlug er leicht zu und seine Stimme klang plötzlich kalt wie Eis. »Wer schickt dich zu mir?«
»Niemand. Ich …« Tom gurgelte schmerzerfüllt, als der Leibwächter fester zudrückte. Aber schon ließ der Schmerz wieder nach.
»Du tust dir selbst weh, mein Freund«, stellte Ybarra fest. »Das wollen wir doch beide nicht. Also noch einmal: Wer …?«
Eine Hand verkrallte sich in Ericsons Haar und zog seinen Kopf nach hinten. Gleichzeitig drückte ein Arm schmerzhaft zwischen seine Schulterblätter. Tom brachte nur ein Röcheln hervor. Erst ein knappes Nicken des Mafioso verschaffte ihm wieder Luft.
»Carcía-Carrión«, ächzte er.
»Weiter!«
»Pedro Carcía-Carrión, in Córdoba. Ich war bei ihm wegen des Artefakts. Er gehört zu den Leuten, die als Käufer in Betracht kamen. Er nannte mir Ihren Namen.«
»Dumm nur, dass ich diesen Pedro überhaupt nicht kenne.«
»Aber er …«
Ybarras Hand zuckte vor und legte sich auf Ericsons Gesicht. »Warte!«, herrschte er den Archäologen an. »Vergiss aber nicht, was du eingestehen wolltest.«
Víctor Alexej Ybarra zog sich ein paar Schrittweit zurück. Für Tom sah es aus, als hätte ihm der zweite Leibwächter einen entsprechenden Wink gegeben. Jedenfalls redeten beide im Flüsterton miteinander. Ybarra bedachte den Archäologen danach mit einem erstaunten Augenaufschlag.
»Pedro Carcía-Carrión ist leider nicht in der Lage, deine Behauptung zu bestätigen«, stellte Ybarra fest. »Ich musste eben hören, dass der Mann bedauerlicherweise durch eine Explosion ums Leben kam. Saubere Arbeit. – Und?«, fuhr er Tom an. »Eine Erklärung dafür?«
»Ich weiß nicht, was dahintersteckt. Vielleicht wegen des Artefakts.«
Ybarras »Vielleicht …« klang wie ein Echo. »Trifft das auch auf diesen alten Mann bei Oviedo zu und – wie hieß der Dritte …?«
»Da Gama«, sagte der Leibwächter.
»Richtig. Anselmo da Gama in Granada. Da bedarf es keiner Nachforschungen mehr, Ericson. Ich bin überzeugt, dass du alle drei aufgesucht und ausgeknipst hast. Die Frage ist nur: Arbeitest du auf eigene Rechnung, oder steckt eine Organisation dahinter?«
»Ich glaube, es sind Indios aus Yucatán«, sagte Tom. »Maya-Nachfahren, die das Artefakt …«
Mit einer heftigen Geste unterbrach ihn der Spanier. »… die das Artefakt im Auftrag der Götter behüten und jeden umbringen, der ihm zu nahe kommt?« Er lachte kurz auf. »Schreibst du nebenbei Drehbücher für schlechte Hollywood-Streifen? Ich will keine Märchen hören! Für wen arbeitest du?«
Ein Klingelton hing plötzlich im Raum. Einer der Leibwächter nahm den Anruf
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