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2012 - Folge 8 - Der zeitlose Raum

2012 - Folge 8 - Der zeitlose Raum

Titel: 2012 - Folge 8 - Der zeitlose Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei
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zu bewegen, flackernd, ganz seltsam. McDevonshire hatte Mühe, sich seine Verwunderung nicht anmerken zu lassen. Und es dauerte auch ungewöhnlich lange, bis Cruchot ihn endlich einließ. Als hätte er zunächst das Für und Wider abwägen müssen.
    Das Büro war schlicht eingerichtet, das Mobiliar bestand aus einem Schreibtisch, einem Stuhl dahinter und zweien davor, sowie einer Reihe von Aktenschränken. Im Hintergrund waren zwei Türen mit vergitterten Sichtöffnungen auf Kopfhöhe zu sehen, die Zellen. Links davon führte eine Treppe nach oben; McDevonshire vermutete, dass der Gendarm dort wohnte.
    Auffallend war der muffige Geruch. Als sei hier seit Tagen weder Tür noch Fenster geöffnet worden. Der Schreibtisch war nachlässig geordnet, auf dem Boden daneben entdeckte McDevonshire etwas wie eine getrocknete Pfütze, von der ein Geruch nach Anis ausging. Und daneben war etwas dunkel Verkrustetes …
    Er stutzte.
    »Wie geht es Ihnen?«, flüchtete er sich erst einmal in eine Floskel.
    »Mir geht es gut«, antwortete Cruchot hinter ihm. Er hörte, wie der Gendarm die Tür abschloss. »Den Umständen entsprechend.«
    »Den Umständen entsprechend? Waren Sie krank?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Der Kellner aus dem Bistro erwähnte, er hätte den Arzt bei Ihnen gesehen.«
    »Saunier?« Cruchot winkte mit einer trägen Bewegung ab, während er zum Schreibtisch ging. »Ein alter Schulfreund. Er war … ist oft hier.«
    »Verstehe.«
    Cruchot ließ sich auf seinen Stuhl hinter dem Schreibtisch fallen und bot seinem Besucher mit einer Geste eine der anderen Sitzgelegenheiten an.
    »Danke, sehr freundlich«, sagte McDevonshire, aber bevor er Platz nahm, hielt er inne und befleißigte sich eines entschuldigenden Lächelns: »Oh, dürfte ich wohl kurz Ihre Toilette benutzen?«
    Wieder maß der Gendarm ihn mit jenem sonderbaren Blick, bevor er, nach zwei, drei Sekunden erst, nickte und wortlos in den rückwärtigen Teil des Raumes wies, wo rechts der Zellen ein schmaler Gang noch weiter nach hinten führte.
    McDevonshire überging Cruchots seltsames Gebaren auch diesmal und nickte ihm nur kurz zu. Er öffnete die Tür am Ende des schmalen Gangs, trat hindurch, drückte sie zu, drehte sich um – und erstarrte.
    Vor ihm auf dem gefliesten Boden lag eine Leiche.

    Schottland
    Der Morgen danach war so harmonisch und idyllisch, wie man sich einen Morgen danach nur wünschen konnte – wenn man verdrängen konnte, unter meterhohen und tonnenschweren Gesteinslagen festzusitzen, weil man sich vor schießwütigen Indios verstecken musste …
    Tom konnte das ganz gut. Er hätte nicht behauptet – schon, um die Idylle nicht zu stören –, schon Schlimmeres erlebt zu haben, obwohl er durchaus schon viel Schlimmeres erlebt hatte . Aber er hatte gelernt, sich über Dinge, die sich momentan nicht ändern ließen, keinen Kopf zu machen. Stattdessen konzentrierte er sich darauf, was im Moment machbar war. Und in diesem Moment war nicht viel mehr machbar als Frühstück. Das aber erstaunlich gut.
    Seine Hoffnung, dass die Vorratskammer des Survival-Levels noch gefüllt sein mochte und die Lebensmittel noch genießbar seien, hatte sich erfüllt, und so hatte er es geschafft, einen relativ opulenten Frühstückstisch zu decken, noch bevor Maria Luisa aufwachte.
    »Oh, wie schön«, sagte sie strahlend. »Und wie das duftet!«
    Es roch in der Tat sehr appetitanregend, fand Tom – die Nase in Maria Luisas dunklem Haar vergraben, als sie sich an seine Brust drückte.
    Seine Hände wollten auf Wanderschaft gehen.
    »Nicht«, sagte sie leise, und es klang ein bisschen bedauernd. »Jandro …«
    »Schläft noch tief und fest.«
    »Trotzdem. Später, hm?«
    »Einverstanden.« Er wies einladend auf den Tisch. »Wir müssen ja sowieso erst mal wieder zu Kräften kommen.«
    »Bin ich so anstrengend?« Sie zwinkerte ihm verschmitzt zu, während sie Platz nahm.
    »Nein, nein, aber ich bin ja nicht mehr der Jüngste.« Er blinzelte zurück, setzte sich ebenfalls und langte zu.
    »Guten Morgen, Jandro«, sagte Maria Luisa kurz darauf, als ihr Bruder im Durchgang zum »Küchen- und Speise-Iglu« auftauchte. »Gut geschlafen?«
    Der junge Mann brummte etwas, das Tom nicht verstand. Alejandros Aufmerksamkeit galt etwas anderem, das er zwischen den Händen drehte, etwas Dunkles, Längliches.
    »Was hast du denn da?«, fragte Tom.
    Jandro trat näher, zeigte es ihm, ohne es herzugeben, besah es sich dann wieder auf seine völlig fixierte Art und

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