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2012 - Folge 8 - Der zeitlose Raum

2012 - Folge 8 - Der zeitlose Raum

Titel: 2012 - Folge 8 - Der zeitlose Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei
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hat, hat er recht«, meinte Tom. Er nahm seine Wanderung vor seinen beiden Zuhörerinnen wieder auf, während ringsum ein paar Vögel im Wald ihren Abendgesang anstimmten und die Sonnenstrahlen zunehmend waagrechter durchs Geäst fielen. »Solange wir hier in England bleiben, wird die Loge unserer Spur folgen und uns aufspüren können«, fuhr er mit seinem Vortrag fort. »Ich bin mir aber sicher, dass es noch weitere Zugänge in diesen Raum geben muss. Neben dem in Stonehenge kennen wir ja bereits einen weiteren – den auf der Pyramidenspitze in Yucatán, von dem Diego de Landa berichtet. Wenn diese Zugänge auch Ausgänge wären und wir einen davon nehmen könnten, um eben nicht wieder in Stonehenge aus dem Raum zu treten, dann würde der Mann in Weiß unsere Fährte erst einmal verlieren.«
    »Dann mach das doch«, murmelte Alejandro.
    Tom blickte irritiert zu ihm hin. »Was soll ich tun?«
    »Eine der anderen Türen nehmen«, sagte der autistische junge Mann, ohne sich weiter zu erklären oder auch nur aufzublicken.
    Tom blinzelte. »Willst du damit sagen, du hast noch andere Ausgänge in der Kammer gesehen?«, fragte er.
    Jandro, der im offenen Heck des Vans saß, schaute nun doch auf. »Du nicht?«
    Tom schüttelte den Kopf, und Jandro grinste übers ganze Gesicht – ein seltener Anblick. »Da waren mehr, als ich zählen konnte.«

    Hinter Stonehenge ging die Sonne unter. Die Megalithen nahmen sich vor dem Abendrot aus wie die schwarze Kulisse eines Schattentheaters. Ein Bild, wie es in aller Welt auf abertausenden Urlaubsfotos zu sehen sein musste.
    In natura war es trotzdem einmalig. Selbst in ihrer Situation.
    »Ich verstehe immer noch nicht ganz, warum es auf einmal doch wieder eine gute Idee ist, den Himmelsstein in diesem Raum zu deponieren«, sagte Abby.
    Tom verkniff sich ein ungeduldiges Seufzen. »Weil wir den Mann in Weiß und diese Logenbrüder abhängen können, wenn wir einen anderen Ausgang aus dem Raum nehmen und eben nicht in Stonehenge wieder auftauchen, wo sie uns zuletzt gesehen haben. Im günstigsten Fall kommen wir auf der anderen Seite der Welt wieder zum Vorschein.«
    »Und im ungünstigsten Fall?«
    »Treten wir in den Raum zurück und nehmen eine andere Tür, bis wir eine finden, die uns genehm ist. Dann müssen wir nur noch untertauchen, bis Gras über die Sache gewachsen ist.«
    Abby verzog das Gesicht. »Ich hatte eigentlich nicht vor, bis an mein Lebensende in Ostsibirien Kartoffeln zu ernten … oder was immer du unter ›untertauchen‹ verstehst. Und glaub bloß nicht, dass über deinen Haftbefehl Gras wachsen wird.«
    »Da gibt es noch eine andere Unsicherheit«, warf Maria Luisa ein, bevor Tom antworten konnte. »Wer sagt uns eigentlich, dass die Loge nicht immer noch in Stonehenge auf der Lauer liegt?«
    »Dieses Risiko ist kalkulierbar; immerhin haben wir ja einen Trumpf im Ärmel«, räumte Tom ein. »Außerdem ist es weit einfacher, noch einmal zu dem Steinkreis vorzustoßen, als zum zweiten Durchgang in Yucatán zu gelangen. Wir müssen eben vorsichtig sein, die Augen offen halten und schnell reagieren. Und warum sollte die Loge vermuten, dass wir nach Stonehenge zurückkehren? Sicher nicht, um den gestohlenen Van zurückzubringen.«
    Allerdings stellte sich in diesem Zusammenhang auch die Frage, die Tom bisher gemieden hatte: Wie waren die Indios überhaupt darauf gekommen, dass Stonehenge ihr Ziel war? Er hatte nur eine einzige Theorie: Abbys Pilotenlizenz, die sie der Leitstelle durchgegeben hatte. Das aber würde bedeuten, dass dieser Mann in Weiß über Mittel und Kanäle verfügte, die weit über die der Polizeibehörden hinausgingen …
    Rasch griff Tom den Faden von eben wieder auf. »Wenn wir erst untergetaucht sind, können wir uns in Ruhe überlegen, wie wir den Armreif von Jandros Handgelenk ablösen und zerstören können.« Er klopfte auf seine Tasche. »Vielleicht ist ja ein Hinweis in Diego de Landas weiteren Aufzeichnungen zu finden. Für deren Übersetzung werde ich dann genug Zeit haben.«
    Für ihn klang dieser Plan annehmbar. Aber das mochte daran liegen, dass er ans Improvisieren gewöhnt war. Abby hatte er das nie beibringen können; dazu war sie dann doch stets zu sehr Wissenschaftlerin geblieben, für die alles hieb- und stichfest sein musste.
    Als sie sich dem Besucherparkplatz näherten, war ihnen das Glück noch einmal hold – es war niemand mehr da, keine Menschenseele, und der Van war offenbar das einzige Fahrzeug weit und

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