2020 - Die Lichtgestalt
schien.
Er glaubte, ein leises Raunen zu hören, das sich durch den halbdunklen Gang fortpflanzte. Seine Mitspieler waren genauso nervös wie er. Sie alle hatten auch guten Grund dazu. Denn heute war der große Tag.
Heute ist es soweit! dachte er. Heute betrete ich zum erstenmal den Rasen des Magellan-Stadions!
Er kannte dessen Geschichte in- und auswendig. Er wußte, daß es zur Monos-Zeit Schauplatz unrühmlicher, blutiger Szenen gewesen war. Aber hier hatte auch nach Monos das erste öffentliche Fußballspiel zwischen den aus der Simusense befreiten Terranern stattgefunden, damals ein Ereignis von einzigartiger Symbolkraft.
Allein schon, was das Stadion für ihn persönlich bedeutete! Hier hatte er die großen Matches von Nordstern Terrania gegen Siedler Plophos und Universo Olymp miterlebt, das Lokalderby gegen Solar London und das Endspiel der System-Meisterschaft gegen die unbesiegbar scheinenden Ballkünstler von Port Venus, die nur durch schiere terranische Kampfkraft in die Knie gezwungen werden konnten. Das alles waren Spiele gewesen, nach deren Abpfiff die Zuschauer weiße Tücher geschwungen hatte.
Und auch er hatte mit einem weißen Taschentuch gewunken, denn nach jenem ersten Besuch mit seinem Vater hatte er das Stadion nie mehr ohne ein solches Tuch betreten.
Aber er hatte auch die berühmten Mannschaften von Nosmo gesehen, wo Fußball das ganz große Ding war, und legendäre Teams von Hoch-G-Planeten, deren Spieler durch Mikro-Gravitatoren gehandicapt waren, um Chancengleichheit herzustellen. Es waren nur Freundschaftsspiele gewesen, kaum mehr als Showkämpfe, doch sie hatten viel zu seinem Verständnis dessen beigetragen, was Fußball wirklich war. Auf der Erde wie in der ganzen Milchstraße. .
Die Zeit verrann quälend langsam und doch unendlich schnell. Die Tür am Ende des Ganges schien einfach nicht größer werden zu wollen, und dann mußte er auf einmal nur noch einen einzigen Schritt tun, um sie zu erreichen.
Er zögerte. Wie lange hatte er auf diesen Augenblick gewartet? Wann hatte er sich vorgenommen, einmal auf diesem Rasen zu stehen?
Acht Jahre war es jetzt her. Mehr als sein halbes Leben. Und jetzt war es soweit. Ein Schritt noch ...
Er spürte, wie sein Magen immer tiefer zu sacken schien, bis er ihn schließlich irgendwo zwischen seinen Knien vermutete, die plötzlich so weich waren, daß sie das Gewicht seines Körpers einfach nicht mehr tragen konnten.
Nur ein Schritt noch ...
Er tat den Schritt, und die Helligkeit des Tages brannte nach dem gedämpften Licht in den Katakomben in seinen Augen. Das Gras des Rasens vor ihm stand so dicht, daß er künstlichen Ursprungs sein mußte; keine natürliche Pflanze konnte so perfekt wachsen.
Wie oft war er mittlerweile in diesem Stadion gewesen? Wie oft hatte er auf der Tribüne gesessen?
Er konnte es gar nicht mehr zählen. Praktisch zu jedem Heimspiel der Nordsterne, wenn er nicht gerade das Krankenbett hüten mußte, zu jedem Pokalspiel, zu jedem Freundschaftsspiel mit Mannschaften, die von Planeten mit wesentlich höherer oder niedriger Gravitation kamen.
Doch noch nie hatte er die Ränge aus dieser Perspektive gesehen. Er hatte immer nur auf den Platz hinab geschaut, nie zu den Tribünen hinauf.
Das Magellan-Stadion lag im Südosten von Atlan Village, etwa sechseinhalb Kilometer östlich des TOSOMA-Place. Die gesamte Anlage wies einen Durchmesser von fünfhundert Metern auf, und das eigentliche Stadion war zur Hälfte im Boden versenkt.
Die Tribünen und die Nebengebäude wiesen immerhin noch einen Durchmesser von zweihundert Metern auf. Oberirdisch ragten die Tribünen zylinderförmig knapp zwanzig Meter in die Höhe; zum Spielfeld betrug der Höhenunterschied weitere zwanzig Meter. Der Rand des Zylinders war von auf den ersten Blick wirr anmutenden Säulen und Pylonen flankiert, die wie Stabantennen bis in eine Höhe von fünfzig Metern emporragten. Ihre Kugelspitzen bargen Projektoren für Prallfelder, die der zeltdachähnlichen Überspannung des Gesamtarreals dienten und die Beleuchtungskörper des Flutlichts enthielten.
Das Stadion war 245 NGZ erbaut worden, doch schon damals war keineswegs das Nonplusultra der verfügbaren Technik eingesetzt worden. Die Verantwortlichen hatten größeren Wert auf die Atmosphäre einer reinen Fußballarena gelegt, in der der Zuschauer so nah wie möglich am Geschehen war. Eine weise Entscheidung, wie Falo bei seinem ersten Besuch im Magellan-Stadion auf unvergeßliche Weise erlebt
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