2050 - SEELENQUELL
seine Hände ihm besorgt hatten und die ihm völlige Unbedenklichkeit bescheinigten. Sie wiesen ihn als arkonidischen Würdenträger aus, der freie Passage durch das gesamte System hatte.
Die Galaktiker schrieben den 26. Dezember 1303 NGZ. In weiten Teilen der Milchstraße feierte man noch immer den Geburtstag einer historisch nicht gesicherten Person, die offensichtlich vor 4890 Jahren den Übergang von der Immanenz zur Transzendenz bewältigt hatte. Oder auch umgekehrt. So genau hatte Morkhero das nicht verstanden.
In anderen Teilen versammelte man sich andächtig und gedachte Materiequellen, Sporenschiffen, Schwärmen oder der Schöpfung allgemein. In wieder anderen bereitete man sich auf einen Jahreswechsel vor, der eigentlich völlig bedeutungslos war, aß, bis man sich übergeben mußte, und betrank sich dann bis zur Besinnungslosigkeit.
In den meisten jedoch ignorierte man diese für die anderen so bedeutenden Daten vollkommen.
Morkhero fragte sich, ob das alles eine Folge davon war, daß die angestammte Superintelligenz die hiesige Mächtigkeitsballung verlassen hatte, doch so recht glauben wollte und konnte er das nicht.
Hier im Arkon-System hatte der Wahnsinn aber eine ganz andere Dimension angenommen.
Hier rief Imperator Bostich ein neues Imperium aus.
Das seine. Das Göttliche.
Morkhero griff nach Bostichs Gedanken und übernahm ihn ohne die geringste Schwierigkeit.
Dank sei Aktakul da Ertrus, dachte er, dem Ka'Marentis des Imperiums. Meiner Hand, die auf mein Geheiß die KrIso-Netze manipuliert hat.
Was war dieser Imperator Bostich doch für ein Halbgescheiter! Er hatte sämtliche Würdenträger des Imperiums zu seiner protzigen Veranstaltung beordert und ihm, Morkhero, damit in die ...
Morkhero stockte. Das Wortspiel kam ihm zu lächerlich vor.
Aber es war zutreffend. Also dachte er es.
Bostich hatte ihm in die Hände gespielt!
Und das Wortspiel bot noch eine Steigerung.
Im Handstreich machte er die wichtigsten der versammelten Arkoniden zu seinen Händen.
Der Anzug der Phantome frohlockte.
Arkon gehörte nun ebenfalls ihm, auch wenn es noch umfangreicher Organisationsarbeiten bedurfte, bis er seine Macht gefestigt und durchgesetzt hatte. Über seine Hände erteilte er die Anweisung, sämtliche automatischen Verteidigungseinrichtungen des Systems außer Betrieb zu schalten. Er mußte verhindern, daß es zu einem lächerlichen Fehler kam, daß ein Schuß aus einer automatischen Waffe oder einem automatischen Geschütz ihm das Leben nahm, bevor er zu SEELENQUELL werden konnte.
Dieser Vorgang dauerte einige Stunden. Morkheros Ungeduld wurde zunehmend größer. „Genügt diese Maßnahme?" fragte der Anzug. „Willst du nicht ganz sichergehen? Ist die Zeit reif, oder ist sie es nicht?"
„Sie ist reif", antwortete er. „Ich habe lange genug darauf gewartet." Über vier Jahre. „Wenn es dir jetzt nicht gelingt", ließ der Anzug nicht locker, „brauchst du die Transformation gar nicht erst einzuleiten."
Morkhero wußte genau, was er meinte.
Aber er schreckte davor zurück. „Es sind so viele", murmelte er. „Wenn du mich erst vollständig beherrschst, können es unendlich viele sein. Das weißt du doch."
„Das weiß ich", gestand Morkhero ein.
Vorsichtig sondierte er die Lage. Die galaxisweite Ausstrahlung der Feierlichkeiten im Kristallpalast war mittlerweile unterbrochen worden. Die Völker der Milchstraße hatten wohl kein Interesse daran, arkonidische Würdenträger bei der Schlacht am kalten Büffet zu beobachten. Sie würde erst kurz vor dem Wiederauftauchen von Subtor in seiner neuen Umlaufbahn wiederaufgenommen werden. In dieser Hinsicht drohte also keine Gefahr, Aufmerksamkeit zu erregen.
Und Subtor selbst? Bis der Planet wieder aus dem Feuerring auftauchte, ging die Passage praktisch wie von allein vonstatten. Und bis dahin blieb ja noch genug Zeit...
Trotzdem wurde er das Gefühl nicht los, daß der Anzug ihn schon wieder täuschen, in eine Falle locken wollte. „Nein", flüsterte er. „Die Zeit ist reif."
Morkhero rief das Potential des Anzugs der Phantome in einem Ausmaß auf, wie er es noch nie zuvor getan hatte. Mit einem Schlag brachte er praktisch sämtliche Lebewesen im Arkon-System unter seine Kontrolle.
Er spürte sofort, daß er sich übernommen hatte. Milliarden Bewußtseine brodelten im Anzug, ein unbeherrschbares Durcheinander, ein Gewimmel von Emotionen, das ihn nur nicht überwältigte, weil es aus so vielen Splittern bestand. Aus zu vielen. Die
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