2052 - Verkünder des Imperators
die Stirn auf den kalten Boden. Seine Fingerkuppen lauschten auf Vibrationen, die von Stahlschildquappen stammten. Irgendwo in der Dunkelheit glaubte er die Positionslichter der riesigen Basare zu erkennen, auf dem Weg zum Orkanportal, bereit für den Wechsel auf die nächste Welt des Landes Dommrath.
Das Beben des Untergrunds blieb aus, die Lichter entpuppten sich als Halluzinationen seiner geschwächten Wahrnehmung.
Angst befiel den jungen Seelenquell. Was war, wenn Wrehemo zurückkehrte, um sich von seinem Tod zu überzeugen? Wollte er ihn langsam sterben lassen, allein auf dieser weiten Fläche? Kein einziges Raumschiff bis zum Horizont, nicht einmal ein anderes Fahrzeug. Nur der Palast war da, überragte die Landschaft und zwang sie zu ehrfürchtiger Stille.
Sah ihn dort niemand? Gab es keine Wärmeorter oder Echolote, die seine Anwesenheit erkannten?
Der Gedanke, daß dort drüben bereits Wrehemo herrschte und ihn bewußt ignorierte, raubte dem jungen Seelenquell fast den Verstand. Undeutlich erinnerte er sich an Wahrnehmungen, die er während seiner Bewußtlosigkeit gehabt haben mußte. Er sah die ORDEO MYN in einem gewaltigen Feuerball vergehen. Und er sah eine kleine, funkensprühende Kugel als Ergebnis einer mentalen Explosion. Träume oder Wirklichkeit?
Er fummelte an den Kontrollen des Schutzfeldprojektors und stellte fest, daß er in der Tat mehrere gewaltige Eruptionen abgeblockt und die Energie in die Umgebung geleitet hatte. Schmelzspuren auf dem Bodenbelag zeugten davon.
Morkhero begann zu kriechen. Den Seelenquell war es nicht gegeben, mehr als ein paar Schritte zu Fuß zu gehen. Die Sichelbeine trugen den Körper nicht, sie waren zu schwach. In seinem Fall kam die Erschöpfung des Duells hinzu und die Depression der Erkenntnis, daß ein alter Seelenquell einem jungen eine Lehre erteilt hatte.
Wieso mußte Wrehemo ausgerechnet ihn zum Schüler erwählen? Warum hatte er sich nicht für den Sattelmacher entschieden, den wichtigsten Seelenquell überhaupt?
Dann hätten Berokims Leute Wrehemo vermutlich totgeschlagen und ihn verscharrt, Hüter des Technologischen Speichers hin, Hüter her.
Und dem jungen Morkhero wäre vieles erspart geblieben.
Er sammelte seine Kleidung ein und legte sie nach und nach an. Anschließend machte er sich auf den Weg.
Zwanzig Meter legte der junge Seelenquell auf dem mindestens drei Kilometer weiten Landefeld zurück, dann brach er erschöpft zusammen. Er rollte sich auf den Rücken und starrte zum Himmel empor. Vor dem hellen Licht des Kugelhaufens Thantur-Lok schimmerte der Kristallschirm.
Ich werde hier verhungern, wenn niemand kommt und mich abholt, begriff Morkhero die grausame Wahrheit. Ich werde sterben mit diesem herrlichen Anblick vor Augen.
Wrehemo oder was immer aus meinem Meister geworden ist, braucht sich nicht mehr um mich zu kümmern.
Der Silberträger war tot, das stand für ihn fest, vergangen in der gewaltigen Explosion, die das Schiff zerstört hatte. Und mit ihm war auch all das Fluut vernichtet, das ihm neue Kraft verliehen hätte.
Wie lange er so dalag, vermochte er nicht genau zu sagen. Die Sterne hinter dem Schirm wanderten ein deutliches Stück weiter. Irgendwann biß ihn die Kälte mit schmerzhafter Intensität und trieb ihn vom Boden hoch. Schwankend kam er auf seinen dünnen Beinen zu stehen, die Arme weit ausgestreckt, um das Gleichgewicht zu halten. Er probierte drei, vier Schritte, doch die Schwerkraft von Arkon Iwar zuviel für ihn. Er knickte ein, kauerte sich am Boden zusammen.
Und dann tat Morkhero etwas, das er seit seiner Kindheit nicht mehr gebraucht hatte. Er suchte die angenehmste Körperhaltung und fing an zu kriechen. Wie ein Wurm schob er sich in die Richtung, in der er in der hereinbrechenden Dunkelheit die Lichter eines Gebäudes ausmachte, das am Rand des Landefelds emporragte.
Dorthin mußte er es schaffen, wenn er nicht sterben wollte.
Morkhero mühte sich, gleichmäßig zu atmen und seine Bewegungen so zu gestalten, daß sie ihn nicht allzusehr anstrengten. Er schaffte vielleicht zwanzig Körperlängen, bis er die erste Ruhepause einlegen mußte. Anschließend schob er sich mit eisernem Willen weiter.
Aber er wußte, daß dies nur der Anfang war. Er spürte, daß seine Kräfte nie und nimmer bis ans Ziel reichen würden.
Der Gedanke, einen schmählichen Tod unter dem Prallfeld eines landenden Schiffes zu finden, mobilisierte nur unzureichende Kraftreserven in ihm.
Er war ausgelaugt und fühlte sich
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