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2063 - Zikanders Körper

Titel: 2063 - Zikanders Körper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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zeigte, eine bis zum fernen Horizont reichende Ebene. Diese war übersät mit gleichförmigen, bunkerartigen Gebäuden, die ihn an industrielle Anlagen erinnerten. Diese hässlichen, zweckmäßig ausgerichteten Gebäude reihten sich endlos aneinander, nirgendwo war eine Lücke, die Platz für so etwas wie Natur gelassen hätte. Nirgendwo auch nur eine Pflanze, kein Fleckchen gewachsener Boden, nur Industrie.
    Was war das für ein Ort? Und warum hatte man ihn hierher gebracht? Aus welchem seltsamen Grund hatte man sich überhaupt die Mühe gemacht, ihn mit dem Legionsschiff zu transportieren, egal wohin? Aus welchem Grund war er, ein lebensunfähiger Haufen Genmüll, als den er sich in Erinnerung hatte, denn überhaupt gerettet und über Zigtausende Lichtjahre befördert worden? Wo lag der Sinn einer solchen Aktion, welchen Nutzen brachte sie - und wem? Er war doch überhaupt nichts mehr wert...
    Er begann zu zittern, spürte Übelkeit aufkommen, obwohl er sich gerade noch recht gut gefühlt hatte. Aber sein Fehler war gewesen, über sich selbst nachzudenken und seine Person zu beurteilen. Begriffe wie Genmüll, wertlos und lebensunfähig waren nach seinem Verständnis zwar zutreffend, aber gerade deswegen hätte er sie verdrängen müssen. Da öffnete sich die Tür. Der Druide Dolmor Sing Me'Karolni kam in Beglei tung eines Roboters herein, der aus zwei nebeneinander liegenden schlanken Zylindern bestand. Er hatte den Verdacht, dass der Druide nur den Moment seiner Zerrüttung für seinen Auftritt abgewartet hatte.
    Der Druide ergriff den einzigen Sessel im Raum, der gen au auf seine Körpermaße abgestimmt war, und setzte sich an sein Bett. Er holte wortlos eine Schatulle hervor, entnahm ihr einen Apparat, der aussah wie ein falsches Gebiss, und überreichte es ihm. „Das ist ein Sprachmodulator", sagte er. „Er wird dir eine Stimme verleihen und dir normales Sprechen erlauben. Du wirst diese Sprechhilfe noch schätzen lernen."
    Er betrachtete das Ding angewidert, nahm es aber schließlich und schob es sich in den Mund. Es „schmeckte" nicht so ekelhaft, wie er befürchtet hatte. Obwohl es ein synthetischer Fremdkörper war, passte es sich seinem zerfurchten, gespaltenen Gaumen an. „Du darfst mich Dolmor nennen", sagte der Druide mit seiner tiefen wohltönenden Stimme. „Den Doppelstabroboter kannst du ignorieren, er führt nur das Protokoll. Und wie heißt du?"
    Er zögerte zu antworten, weil er sich der Laute schämte, die er produzieren würde. „Probier es ruhig!" ermunterte ihn der Druide. „Mit dem Modulator kannst du sprechen."
    „Glaubst du ...?" Er verstummte sofort wieder, völlig perplex, dass er auf einmal eine Stimme besaß. Es war eine für ihn fremde Stimme, aber sie klang nicht unangenehm und auch nicht synthetisch. „Wer also bist du?" wiederholte der Druide seine Frage. „Ich weiß es nicht", log er. Nur nicht mit dir selbst beschäftigen! schrie es in ihm. „Sag du es mir, Dolmor!"
    „Wir haben dich sterbend auf Dyffro VII aufgelesen", sagte der Druide. „Du warst eines von wenigen Seuchenopfern mit Überlebenschancen. Du hast volle zwölf Dommjahre im Heilschlaf gelegen. Aber jetzt bist du körperlich wiederhergestellt." Wiederhergestellt! Was für eine Häme. Welch grausame Verhöhnung. „Steh auf und betrachte dich!" forderte ihn der Druide auf. „Das ist für deine weitere Genesung wichtig."
    Auf der der Tür gegenüberliegenden Seite bildete sich auf einem übermannsgroßen Ausschnitt eine Spiegelfläche. Um sie zu erreichen, musste er um das Bett und den Druiden herumgehen. Eigentlich war er auf das Schlimmste gefasst und spekulierte darauf, dass die Wirklichkeit harmloser war als seine ausufernde Phantasie. An diese Hoffnung, aus Zweckoptimismus geboren, klammerte er sich, als er vor dem Spiegel stand und den Blick hob.
    Er prallte vor seinem Anblick zurück, als hätte ihn ein Hammerschlag getroffen. Was er im Spiegel sah, war viel hässlicher und abstoßender als alle seine abwegigsten Vorstellungen. Er heulte auf und wandte sich angewidert ab. Aber Dolmor Sing Me'Karolni sagte mit unerbittlich einfühlsamer Stimme: „Wenn du dich deinem neuen Körper nicht jetzt stellst, wirst du ihn nie akzeptieren."
    Das würde er sowieso nie können ... nach dem ersten Eindruck, den er von sich bekommen hatte. Aber er riss sich zusammen, fasste allen Mut, den er aufbringen konnte, und wandte sich wieder seinem Spiegelbild zu. Nun, da er gefasst war, bekam er bei seinem Anblick keinen

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