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2063 - Zikanders Körper

Titel: 2063 - Zikanders Körper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Schock mehr, aber er fand sich deswegen um nichts weniger hässlich. Eigentlich war das Gegenteil der Fall, denn er sah nun Details, die am Gesamtbild nichts änderten, aber für sich allein noch abstoßender waren. Er starrte sich an und sah... eine völlig haarlose Kreatur von zwei Metern Größe mit zwei Armen und zwei Beinen und einer Art Kopf, aber mit dem Gesamteindruck eines unförmigen Klumpens grau gefärbten, wie geräucherten Zellmaterials mit rosafarbenen Einschüssen. Die grauen Knoten mochten von Narben mit wildem Fleisch stammen, die hellen, rosafarbenen Stellen dagegen konnten von erfolgreichen Heilprozessen zeugen.
    Der schrecklich deformierte Schädel, völlig asymmetrisch und mit einer gewaltigen rechtslastigen Beule über der Schläfe, besaß nichts mehr, was man als Gesicht hätte bezeichnen können. Die Augen waren nur noch zwei in der Höhe versetzte Schlitze, die nur noch eine schwache Ahnung ihrer grünen Iris vermittelten, die einst Frauen betört hatte. Das rechte Auge saß in der Mitte dieses abstoßenden Schädels, das linke war seitlich verrutscht und blinzelte an der Stelle, wo das Schläfenbein hätte sein müssen.
    Der Mund war ein lippenloses Loch, eine klaffende Wunde, in dem keine Zähne mehr zu sehen waren, nur der mechanische Sprachmodulator. Und er bewegte sich ständig, wie nach Atem ringend, schloss sich jedoch nie ganz - er war außerstande, ihn zu schließen, und so vermittelte er ständig einen Ausdruck von Staunen, aber auch den Eindruck von Debilität. Der rechte Arm hing wie ein Fremdkörper herab, wie ein langes, lebloses Stück Fleisch, das drei Einschnürungen aufwies. Er konnte ihn zwar unter Anstrengungen bewegen, aber es war für ihn schwierig, ihn zu kontrollieren. Der linke Arm wirkte dagegen ganz normal proportioniert und war eigentlich fast voll funktionstüchtig, selbst die sechs Finger konnten die gewünschten Greifbewegungen vollführen, er war nur völlig von grauem Schorf überzogen. Brust und Becken wirkten wie verbrannt und waren von Geschwüren übersät, die ihm einen Juckreiz verursachten, sporadisch aber auch Schmerzexplosionen. Die langen Beine schienen die besterhaltenen Körperteile zu sein und wiesen kaum Verformungen auf, sie ließen noch am ehesten den einstigen Schwung, die elegante Linie erahnen ... Aber das Aussehen täuschte, denn die Gelenke waren wie eingerostet, völlig steif, so dass er sie nur staksend gebrauchen konnte, als wären sie geschient. Sie besaßen nur eingeschränkte Funktionalität, waren letztlich so verkrüppelt wie die anderen Körperteile.
    Er hätte heulen mögen vor gedemütigtem Stolz, hätte am liebsten getobt aus Wut und Verzweiflung über dieses grausame Schicksal, das ihm widerfahren war. Aber er stand nur bewegungslos da und stierte sein groteskes Ebenbild an. Und als wolle der Druide Dolmor Sing Me'Karolni Salz in seine Wunden streuen, sagte er: „Wenn du es willst, hast du noch ein langes, langes Leben vor dir."
    Das war nicht er. Nein, das war er ganz gewiss nicht. Er war nur ein Gefangener in diesem monströsen Zellhaufen. Und niemand konnte ihn zwingen, für immer geduldig in diesem Gefängnis auszuharren. Er konnte jederzeit ausbrechen. Sogar schon jetzt, auf der Stelle. Und er versuchte den Ausbruch. Er rannte mit dem Schädel voran gegen den Spiegel. Doch der brach nicht, sondern federte ihn zurück, ohne dass er den geringsten Schmerz verspürte. Daraufhin drehte er sich der Wand zu, nahm einen Anlauf und stieß mit voller Wucht dagegen. Doch auch die Wand war von eigenartiger Konsistenz, wie aus Gummi.
    Und jetzt erst brach es aus ihm heraus. All die angestaute Verzweiflung, Enttäuschung und Wut fand ein Ventil in einem animalischen Schrei. Er schlug auf sich ein, drosch seinen ungeliebten Gastkörper, bis er vor Erschöpfung zusammenbrach. Und während er in so jämmerlichem Zustand dalag, hörte er den Druiden sagen: „Du bist nicht verpflichtet, dieses Leben zu führen. Egal, welche Mühen ich für deine Wiederauferstehung auch aufgewandt habe, ich bin auch jederzeit bereit, dir Sterbehilfe zu geben. Aber nimm dir etwas Bedenkzeit, bevor du eine Entscheidung triffst."
    Der Druide bettete ihn auf sein Lager und behandelte ihn mit seinem Traenii, bis er eingeschlafen war. Als er irgendwann später aufwachte, unternahm er augenblicklich einen weiteren Versuch, aus eigener Kraft aus dem Leben zu scheiden. Doch er versagte auch beim zweitenmal. Danach verbrachte er lange Zeit in Meditation. In

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