2067 - Angriffsziel Terra
Erinnerung wurde von jäher Panik verdrängt. Irgendwo keimte der Gedanke, dass der Sprung in den Hyperraum zwar geglückt war, aber die übergeordnete Dimension die Residenz nicht wieder freigab. Eine Ewigkeit schien dieser Zustand schon zu währen.
Andere Erinnerungen brachen in ihm auf. Rote Augen blickten ihn an. Eisig kalt und arrogant. Thora hieß die Frau, und sie war Arkonidin. Auf dem Mond gestrandet. „Mister Bull, falls Sie und Major Rhodan das Schiff wirklich fliegen wollen, sollten Sie endlich Ihren Platz einnehmen ..."
Die Stimme wich dem Aufheulen des Alarms, der dem Rücksturz aus dem Überlichtflug folgte. Eine Fülle fremder Sterne stand im Zentralholo das Abbild des Sektors Gamma-Cenix daran konnte es keinen Zweifel geben. Tief atmete Reginald Bull ein. Die unmittelbare Gefahr war vorüber, die Emotionauten der Geleitschiffe hatten es geschafft, in exakter Synchronisation die Grigoroff-Schichten ihrer Metagrav-Triebwerke auf die Solare Residenz auszudehnen und gerade noch rechtzeitig in den Hyperraum einzudringen, ehe die entfesselten Energien die Schutzschirme überluden und die Schiffe in expandierende Gaswolken verwandelten. Rings um den Konvoi materialisierten Raumschiffe. Tausende innerhalb weniger Minuten, Einheiten der Heimatflotte ebenso wie die schwarzen Kugelraumer der Haluter.
Auch Stunden später fühlte Perry Rhodan sich innerlich immer noch wie betäubt. Überraschend vielen Schiffen war die Flucht gelungen, aber der Preis dafür war die Erde, das Sonnensystem, war 'die Preisgabe der Menschheit. 5823 Raumer wurden vermisst, davon 1483 Schiffe der Haluter. Ihre Zerstörung durch Pos bis oder Arkoniden galt als sicher. Gut 200.000 Schiffen war die Flucht nahezu unbeschadet gelungen; nach wie vor eine starke Flotte. Rund 25.000 Einheiten hatten den Sektor Gamma-Cenix zwar schwer beschädigt, aber aus eigener Kraft erreicht; etwa zehntausend davon mussten wohl oder übel aufgegeben werden, da eine Reparatur derzeit unmöglich erschien.
In aller Eile wurden ihre Besatzungen auf andere Schiffe verteilt, während Raumer mit weniger schwerwiegenden Schäden von den Tendern aufgenommen wurden. Unter anderem standen fünfzig Tender der Matrix-Klasse zur Verfügung, jeder mit einer Reparaturkapazität für acht ODINund zweiunddreißig 100-Meter-Raumer. Vor dem Weiterzug der terranischen Flotte meldete sich der Haluter Mon Vanta samt seiner verbliebenen Schiffe ab. Die vierarmigen Riesen von Halut sahen ihre Aufgabe inzwischen darin, ihr Heimatsystem für den Fall vorzubereiten, dass SEELENQUELL auch Halut zu annektieren gedachte. Perry Rhodans Angebot, die freigesetzten Blockadegeschwader für die Verteidigung Haluts abzustellen, lehnte Mon Vanta ab. „Sie müssen sich nicht verpflichtet fühlen, den Blutzoll wiedergutzumachen, den wir für die Verteidigung der Erde zahlen mussten. Soll und Haben gegeneinander aufzurechnen, Terraner, ist nicht das, was eine Freundschaft ausmacht. Halut muss seinen eigenen Weg finden. Terranische Blockadegeschwader kommen darin jedenfalls nicht vor. Leben Sie wohl, Rhodanos!" Und als hätten die letzten zehn Stunden nicht schon genug Hiobsbotschaften bereitgehalten, traf zu allem Überfluss von Bord der LOVELY BOSCYK die Meldung ein, dass Major Roi Danton kurz vor dem Rückzugsbefehl sein Raumschiff mit einem Ein-Mann-Jäger der USO verlassen hatte. Sein Flugziel war unbekannt. Es gab keine Lebenszeichen mehr von ihm.
Die Menschen hatten ihre Heimat verloren. Der Schock darüber saß tief, und die volle Tragweite dar Geschehnisse wurde vielen erst allmählich bewusst, nachdem die unmittelbare Bedrohung durch Posbis und Arkoniden einer distanzierteren Betrachtung gewichen war. Vor allem an Bord der Solaren Residenz, deren Besatzung sich nicht nur aus Raumfahrern zusammensetzte, gab es eine Vielzahl psychischer Zusammenbrüche. Über Funk erfuhr Reginald Bull von der Kommandantin der LEIF ERIKSSON, dass Perry Rhodan sich in seine Kabine zurückgezogen hatte und wenigstens für kurze Zeit ungestört sein wollte. Zweifellos war auch für ihn eine Welt zusammengebrochen.
EPILOG
Terrania lag unter einer dichten Wolkendecke, und obwohl die Morgensonne schon eine Handbreit über dem Horizont stand, lastete Düsternis auf den leeren Häuserschluchten. Seit Stunden regnete es in Strömen; die verdunstende Nässe deckte Nebelschwaden wie ein Leichentuch über die Stadt. Nur wenige Menschen sahen die riesenhafte Kugel der AUMOKJON, des Flaggschiffs des
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