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2067 - Angriffsziel Terra

Titel: 2067 - Angriffsziel Terra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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mehr existierte.
    Bully wusste in dem Moment, dass auch er keine andere Entscheidung getroffen hätte als der Resident. Eine Schlacht war so gut wie verloren - aber noch lange nicht der Kampf gegen SEELENQUELL, der würde jetzt erst richtig beginnen. Der eigene Tonfall erschien Reginald Bull fremd, als er Befehl gab, die Antriebsanlage zu aktivieren. Für den Fall eines vollständigen fünfdimensionalen Energieausfalls, der auch den Antigrav betreffen würde, der die Solare Residenz in ihrer stationären Position einen Kilometer hoch über der Stadt verankerte, existierte eine Not-Antriebsanlage. Im unteren Bereich eines der vier nicht der Allgemeinheit zugänglichen Seitenflügel installiert, konnte das Notaggregat die Residenz sicher zu Boden bringen.
    Im Vergleich mit Raumschiffen war das Beschleunigungsvermögen der Stahlorchidee geradezu lächerlich gering; unter Volllast reichte es gerade aus, das Wahrzeichen Terras in langsamem Flug bis in den Orbit aufsteigen zu lassen. Lediglich die Andruck- und Schockabsorber waren schon bei der Planung für einen anzunehmenden Katastrophenfall in raumflugtauglicher Kapazität ausgelegt worden. Einige Senatoren hatten seinerzeit unverhohlen von einer Überkapazität gesprochen, die jeglicher Rechtfertigung entbehrte, und davon, dass die maschinelle Ausstattung Entscheidungsschwäche widerspiegelte. Für ein ausschließlich planetares Symbol waren die Absorber überdimensioniert, für ein Raumschiff hingegen die Triebwerkskapazität geradezu blasphemisch. Irgendwann, wie so oft, hatten vollendete Tatsachen alle Argumente vergessen lassen.
    Die Solare Residenz als Symbol ungebrochenen terranischen Behauptungswillens - das sah der Alternativplan vor. Minutenlang erschien es, als durchlaufe ein unheilvolles Knirschen die schlanke Mittelsäule. 1010 Meter Stahl und Sichtverglasungen, im oberen Drittel von den einwärts gebogenen Flügeln belastet, neigten sich zur Seite wie eine schwere Orchideenblüte im Wind. Der von der Lagestabilisierung ausgelöste Alarm legte die Nerven vieler Besatzungsmitglieder blank. Die hektischen Versuche, die Abdrift zu kompensieren, ließen die Residenz zudem absacken.
    Knapp einhundert Meter Höhenverlust wurden angezeigt, als LAOTSE, der auf Biopositronik-Betrieb umgeschaltete Zentralrechner, die manuelle Steuerung unterbrach. Die Zeit wurde knapp. Aufkommende Hektik war die Folge, die zu ignorieren manchem schwer fiel. Mit knappen Befehlen ließ Reginald Bull die Techniker ablösen, die die Fehlschaltung verursacht hatten. Seit fünf Minuten materialisierten die arkonidischen Kontingente im Sonnensystem. Obwohl die Heimatflotte fast schon verzweifelt Widerstand leistete, war die Niederlage abzusehen. NATRANS Unterstützung brachte zwar Zeitgewinn, aber keinesfalls die Wende. Hinzu kam die stete Bedrohung der Planeten durch Torpedos oder gar eine einzige Arkonbombe, die den gestaffelten Kordon der Verteidiger durchdringen konnten.
    Bis in dreißig Kilometer Höhe war die Solare Residenz schon aufgestiegen, als endlich die ENTDECKER über Terra erschienen. Es gab keine überflüssigen Fragen, keine Abstimmungsprobleme. Die IBN BATTUTA, die DAVID LIVINGSTONE, die JAMES COOK und die VASCO DA GAMA nahmen die Residenz in ihre Mitte. Es war Maßarbeit vom Feinsten. Traktorstrahlen verankerten die gewaltige Masse der Stahlorchidee zwischen den 1800 Meter durchmessenden Raumschiffen, die langsam wieder Fahrt aufnahmen. Terrania City versank in der Nacht. Nur die Raumhäfen der Metropole zeigten sich noch in fahles Licht getaucht, aber auch sie verwischten letztlich zur Bedeutungslosigkeit.
    In diesem Moment fragte sich Reginald Bull, ob er die Erde und ihre Menschen jemals wiedersehen würde. Das Gefühl, Abschied nehmen zu müssen, war anders als in früheren Zeiten. Diesmal waren nicht Laren die Gegner oder kosmische Naturgewalten wie der Mahlstrom der Sterne, sondern eine Wesenheit auf der nächsten Stufe der Evolution. Eine unangenehme Feuchtigkeit in den Augenwinkeln zwang Bully zum Blinzeln. Mit dem Handrücken fuhr er sich über die Lippen. Die Grenze zum freien Weltraum war erreicht. Kalt standen die Sterne in der samtenen Schwärze. Davor Lichtblitze fern noch, aber in ihrer Vielzahl unübersehbar. Manche flammten auf, überstrahlten sekundenlang die Sterne und erloschen ebenso schnell wieder, als hätten sie nie existiert. Andere schienen sich aufzublähen, sich auszudehnen wie kleine Novae, und ihr Flackern wirkte wie ein stummer Hilferuf.

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